Editorial / Wie ein AAA für die Forschung
Erst eine Woche ist vergangen, seit der Luxemburger Forschungssektor und die Regierung sich selbst feierten. Dank ihrer Strategie des Large Scale Testing hatten sie es eigenen Aussagen zufolge gemeinsam geschafft, die sogenannte zweite Corona-Welle im Juli zu brechen. Luxemburg hatte sich innerhalb kürzester Zeit von dem ihm von Deutschland auferlegten Schmuddelimage eines Risikogebiets befreit und war wieder zum gewohnten Musterschüler geworden. Die lobende Erwähnung des Large Scale Testing (LST) durch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) wurde als eine Art AAA für die Wissensgesellschaft verkauft und im Zeichen des Nation Branding als weltweites Luxemburger Vorzeigemodell gepriesen, das andere Regionen bislang ohne Erfolg kopieren wollen. Als Beleg für das Gelingen führte der Direktor des „Luxembourg Institute of Health“ (LIH), Ulf Nehrbass, an, Luxemburg könne sich mit der weltweit niedrigsten Covid-19-Sterberate brüsten. Ob diese Aussage ganz korrekt ist, darf zumindest bezweifelt werden. Einen vollständigen Bericht über die erste Phase des LST haben weder das LIH noch das Gesundheitsministerium bislang veröffentlicht.
Augenscheinlich fiel das Abklingen der zweiten Welle mit den Sommerferien zusammen. Selbst wenn vielleicht weniger Menschen als in den Vorjahren ihren Urlaub im Ausland verbrachten, waren die sozialen Interaktionen – in der Schule, am Arbeitsplatz und selbst in der Freizeit – doch stark eingeschränkt.
Seit die Schule vergangene Woche ihren Betrieb wieder aufgenommen hat, steigen die Infektionszahlen erneut rasant an. Inzwischen sieht sich Luxemburg bereits einer dritten Welle gegenüber. Laut ECDC lag das Großherzogtum am gestrigen Dienstag bei den auf 14 Tage gerechneten Infektionszahlen pro 100.000 Einwohner hinter Spanien, Frankreich und Tschechien europaweit an vierter Stelle. Luxemburg droht demnach wieder von Deutschland zum Risikogebiet degradiert zu werden. Ganz überraschend ist diese Entwicklung nicht. Bereits Ende August hatte die Covid-19-Taskforce Berechnungen über den möglichen weiteren Verlauf der Infektionen angestellt und herausgefunden, dass die Zahlen ab Mitte September wieder auf das Niveau von März ansteigen könnten.
Trotz dieses auf den ersten Blick besorgniserregenden Szenarios bleibt die Regierung zu Recht gelassen. Während Länder wie Spanien und Großbritannien oder Großstädte wie München und Wien drakonische Strafen einführen oder die Maskenpflicht ausweiten, will Luxemburg erst einmal abwarten, erklärte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Dienstag im Parlament. Denn obwohl die Infektionszahlen steigen, ist die Belegung der Intensivbetten noch verschwindend gering. Ein Todesfall infolge von Covid-19 wurde zuletzt am 14. August registriert.
Darüber hinaus will das Gesundheitsministerium nach einer fast zweimonatigen Sommerpause in Kürze die zweite Phase des Large Scale Testing einläuten. Mit den Daten und Erfahrungen, die das LIH während der ersten Phase gesammelt hat, soll künftig noch gezielter getestet werden können. Auf diese Weise soll der Ausbruch der dritten Welle verhindert werden. Wie so oft ist Luxemburg in seiner Selbstdarstellung den anderen europäischen Staaten wieder einen großen Schritt voraus. Den Beweis, dass dieser Vorsprung mit dem Large Scale Testing anstatt mit einem leistungsfähigen öffentlichen Gesundheitssystem zusammenhängt, konnte die Covid-19-Taskforce bislang jedoch nicht erbringen.
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Bewonnert iech nemmen gudd geigenseiteg,dir leiw Politiker.An emmer schein grinsen.Och wann een d’Gesiicht net ganz geseit.
@winston An der DP konnten se nach emmer schein grinsen.
@jung luc
Dat ass klor.Mais 99% vun de Politiker sin Meeschter am grinsen.Och wann d’Situatioun katastrophal ass.