Luxemburg-Stadt / „Wie ein Horrorfilm, der zur Realität wird“ – Menschen protestieren gemeinsam gegen Krieg
Eine Woche ist es her, dass Russland mit dem militärischen Angriff auf die Ukraine begonnen hat. Unter anderem in Berlin, London, aber auch in Russland gehen seitdem Menschen auf die Straße, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Nach zwei größeren Protesten auf dem hauptstädtischen place Clairefontaine, wurde am Mittwochmittag auf dem place de l’Europe auf Kirchberg ein Zeichen gesetzt.
Mittagszeit auf dem Vorplatz der Philharmonie in der Luxemburger Hauptstadt. An einem Geländer lehnt ein Plakat: „Stoppt den Krieg in der Ukraine“, ist auf Englisch auf einem blaugelben Hintergrund zu lesen. Vor dem Schild steht eine Frau. Nur kurze Zeit später wird sie an diesem Mittwochmittag das Plakat in die Hand nehmen, um es dem sich etwas aufklärenden Himmel entgegenzustrecken. Die Frau ist eine von geschätzt rund 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – auch die Polizei spricht von 150 bis 170 Menschen –, die ihre Mittagspause nutzen, um auf dem place de l’Europe gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren.
Auch die Ukrainerin Emma ist gekommen. Die 27-Jährige kommt aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, und ist erst seit Sonntag in Luxemburg. Mit dem Bus ist sie nach Polen gefahren und musste an der Grenze erst mal 30 Stunden ausharren. Im Großherzogtum kommt sie nun bei Freunden unter. „Meine Mutter ist noch dort, meine Großeltern auch. Sie konnten nicht mitkommen, sie sind zu alt und bei schlechter Gesundheit. Aber sie wollten, dass ich gehe. Heute habe ich mit meiner Mutter telefoniert“, erzählt Emma in einem sehr ruhigen Englisch. Jeder soll wissen, dass ein „sehr aggressiver Krieg“ in ihrem Heimatland ausgebrochen ist. „Solange es in Russland ein solches Regime gibt, werden wir keinen Frieden in der Ukraine haben. Und auch nicht in Europa“, sagt Emma klar und deutlich.
Keine Rückkehr nach Hause
Die 35-jährige Inna steht am Mittwochmittag ebenfalls auf dem Platz vor der Philharmonie und hätte damit vor einigen Wochen wohl nicht gerechnet. Denn sie ist in einem kleinen Dorf in der Ukraine aufgewachsen und lebt nun in Kiew. Am 18. Februar hat sie die ukrainische Hauptstadt verlassen, um in der Schweiz Urlaub zu machen. Und wusste nicht, dass sie so schnell nicht mehr zurückkehren wird – wie Inna auf Englisch schildert: „Ich habe mich dann dazu entschieden, erst einmal hier zu bleiben. Ich denke, dass ich von hier aus mehr helfen kann.“ Von der Schweiz aus kam Inna am Dienstagabend zu Freunden nach Luxemburg.
Vom Großherzogtum aus hilft sie nun geflüchteten Menschen aus der Ukraine, geht bei Übersetzungen zur Hand und sorgt dafür, dass Kleidung sowie Nahrung ihr Heimatland erreichen. „Es muss alles schnell gehen, denn es werden immer mehr Brücken zerstört“, erklärt Inna. Ihrer Familie ist noch im Westen der Ukraine, viele der Freunde in Kiew. Sie haben sich bei der Armee gemeldet. Als das Gespräch auf ihre Lieben fällt, wird die Stimme der ansonsten so taff wirkenden Frau zum ersten Mal brüchig. „Deine ganze Welt bricht in so einem Moment zusammen – alles, an das du geglaubt hast. Es ist wie ein Horrorfilm, der zur Realität wird.“
Und deshalb darf man nicht schweigen. Das findet zumindest Ritsaert und ist deshalb während seiner Mittagspause von der Arbeit als Salesmanager in Münsbach nach Kirchberg gekommen. Der 37-jährige Däne lebt seit zwölf Jahren im Großherzogtum und ist zum ersten Mal in seinem Leben bei einem Protest dabei: „Es funktioniert nicht, wenn wir jetzt alle still bleiben. Passivität öffnet Russland noch weitere Türen.“ Schnell befestigt der etwas aufgeregt wirkende Mann mit Klebeband eine Stange an dem mitgebrachten Schild aus Pappe, auf das er die ukrainische Flagge geklebt hat, und gesellt sich zu den anderen Protestlern.
Zusammen gegen den Krieg
Viele haben solche Plakate zu der genehmigten Demonstration mitgebracht. „Weine nicht für die Ukraine, sondern kämpfe für die Ukraine“ oder „Stoppt Putins Krieg“ ist auf Englisch zu lesen. Die etwas gedrückte Stimmung erhellt sich immer wieder für einen kurzen Moment, wenn der Insasse eines vorbeifahrenden Autos oder Lasters hupend Zustimmung ausdrückt. Unter die friedlichen Protestler hat sich auch die 24-jährige Catarina gemischt. „Ich habe aktiv nach einer Möglichkeit gesucht, meine Unterstützung auszudrücken. Mit meiner Stimme will ich zeigen, dass wir bei den Menschen sind. Sie sind geblieben, um zu kämpfen, und das würde nicht jeder tun“, beschreibt die 24-Jährige die Situation.
Sie schlussfolgert: „Es ist nicht gerecht, überhaupt nicht gerecht, was dieser Herr Putin da macht.“ Und deshalb findet Catarina es umso wichtiger, dass die Menschen zusammenhalten. Laut Veranstaltungstext in den sozialen Medien, ist es auch das Ziel der Demonstration, sich gemeinsam dem russischen Aggressor entgegenzustellen. „Heute haben wir uns inmitten des politischen und finanziellen Herzens von Luxemburg getroffen, um darauf aufmerksam zu machen, dass sich die Situation verschlimmert“, erklärt Viktor, der eng mit der gemeinnützigen Vereinigung LUkraine zusammenarbeitet, die bereits am vergangenen Donnerstag und Samstag auf dem hauptstädtischen Clairefontaine-Platz ein friedliches Zusammenkommen organisiert hat.
Der 35-Jährige wurde in der Ukraine geboren, kam 2014 ins Großherzogtum und ist jetzt auch Luxemburger. Da in der Ukraine unter anderem auch Privathäuser, Krankenhäuser sowie Schulen bombardiert werden, muss laut Viktor gehandelt werden: „Alle zusammen können wir was erreichen. Wer uns beispielsweise finanziell nicht unterstützen kann, kann auch einfach vorbeikommen und beim Packen der Transporter helfen, die in die Ukraine geschickt werden.“ Wer helfen will, kann sich mit dem Verein LUkraine in Verbindung setzen. Mehr Informationen dazu findet man auf der Webseite help.ukrainians.lu und unter der Telefonnummer 00352 2 880 5595. Auch am Samstag soll in der Hauptstadt wieder eine Demonstration stattfinden. Denn trotz – oder eben gerade wegen – der schrecklichen Situation wollen die Menschen eines nicht sein: still.
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Die Corona Hysterie schwindet, macht Platz für den anti Russen Wahn.Der Präsident der Ukraine wäre gut beraten zu kapitulieren anstatt sein Volk zu verheizen.Der Russe wird nicht zurück rücken.