19 oder 21? / Wie eine Zahlenspielerei die politische Farbe des nächsten Staatsratsmitglieds entscheiden könnte
Georges Wivenes verlässt Ende Juni den Luxemburger Staatsrat. Eine Zahlenspielerei könnte dabei entscheiden, ob „déi gréng“ oder die Christlich-Sozialen den Posten als Nächstes besetzen können.
19 oder 21? Die Antwort auf diese Frage entscheidet streng genommen, wer den Posten von Georges Wivenes im Staatsrat erhält, denn der CSV-Mann tritt am 30. Juni aus. Damit könnte die CSV ihr achtes Staatsratsmitglied an „déi gréng“ verlieren, die bis jetzt nur zwei Mitglieder haben. Wer den Posten besetzen darf, entscheidet sich dadurch, wie man die Regeln interpretiert. CSV-Fraktionschefin Martine Hansen sagte am Dienstag dem Tageblatt gegenüber, dass ihre Partei den Sitz verloren habe. „Wir haben bei den nationalen und europäischen Wahlen Sitze verloren und deswegen mussten wir den Posten jetzt definitiv abgeben“, so Hansen.
Doch dies ist nicht unbedingt der Fall. Um zu verstehen, warum das so ist, muss man allerdings zuerst die Mathematik hinter der Besetzung kennen. Am Mittwoch hatte das Tageblatt schon einmal grob nachgerechnet, doch nun geht es um eine genaue Rechnung – und welche Rolle die Details spielen.
Ziel bei der Zusammensetzung des Staatsrats ist es, mehr oder weniger die politischen Kräfte widerzuspiegeln, die in der Abgeordnetenkammer vertreten sind. So steht es im Kommentar zum Artikel 8 des Gesetzentwurfs zur Reform des Staatsrats von 2017 (doc. parl. 6875). Dort steht auch, wie die Rechnung genau funktioniert. Das Tageblatt hat diese Gleichung auf die momentanen Machtverhältnisse in der Chamber angewandt.
Warum 19 oder 21?
Zuerst wird die Gesamtzahl der Sitze in der Abgeordnetenkammer über zwei Wahlgänge (120) durch die Anzahl der zu besetzenden Sitze im Staatsrat geteilt – je nach Interpretation sind das 19 oder 21 Posten. Der Grund: Zwei Mitglieder des Staatsrates gehören keiner Partei an. Die Frage stellt sich also, ob nicht ohne die beiden Personen gerechnet werden sollte. „Ich will mich nicht darauf festlegen, aber so könnte man es sehen“, heißt es aus Kreisen, die mit der Thematik vertraut sind. Warum spielt das eine Rolle?
Auf die zwei vergangenen Legislaturperioden gesehen gehören „déi gréng“ 15 Sitze in der Chamber und der CSV 44. Rechnet man ohne die zwei unparteiischen Mitglieder, stehen „déi gréng“ 2,37 und der CSV 6,97 Posten zu. Durchläuft man dasselbe Szenario mit den beiden, gehen 2,63 Plätze an „déi gréng“ und 7,71 an die christlich-soziale Partei.
Welche Partei setzt sich für welche Zahl ein?
„Die Anzahl der Sitze im Staatsrat für jede Gruppe wird nach dem Verhältniswahlsystem berechnet, das heißt nach der Methode des höchsten Restes“, steht es im Kommentar, der die Rechenweise festlegt. „déi gréng“ haben momentan zwei Posten im Staatsrat – die CSV acht. 7,71 ist näher an acht als 2,63 an drei. Oder klarer: „déi gréng“ kriegen den Posten, wenn die Mitglieder ohne Partei nicht Teil der Gleichung sind. Für die CSV würde es sich hingegen lohnen, wenn diese Personen auch mit eingerechnet werden.
Wie genau nachher gerechnet wird, konnte dem Tageblatt weder Staatsministerium noch Staatsrat mitteilen. Schlussendlich sei es an den Parteien, eine Lösung zu finden, heißt es aus mit der Thematik vertrauten Kreisen. Die Grünen haben sich allerdings noch nicht mit dem Thema befasst, sagte Josée Lorsché, grüne Fraktionsvorsitzende, dem Tageblatt am Donnerstagabend gegenüber. „Der Staatsrat soll eigentlich ein unabhängiges Medium sein – wenn wir von Anfang an politisieren, wer den Posten bekommt, dann ist das ein Problem“, so Lorsché. Ihre Partei wolle mit der Position keine Parteipolitik betreiben. „Trotzdem wollen wir uns auf unsere neun Sitze in der Chamber berufen, immerhin ist die Proportionalität im Gesetz verankert“, meint die grüne Politikerin.
Was ist der Staatsrat?
Der Luxemburger Staatsrat wurde 1857 gegründet und setzt sich aus 21 Mitgliedern sowie dem Erbgroßherzog zusammen. Der Staatsrat gilt als konsultatives Organ im Gesetzgebungsprozess. Die Mitglieder verfassen zu sämtlichen Gesetzesvorschlägen – aber auch zu großherzoglichen Verordnungen – Gutachten. Der Staatsrat soll dabei lediglich die Schlüssigkeit der Gesetze sowie die Vereinbarkeit mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und den europäischen Regeln kontrollieren – nicht den politischen Charakter eines Textes. Das Parlament kann sich jedoch theoretisch über die Einwände des Staatsrats hinwegsetzen, was in der Praxis nur selten vorkommt.
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