Deutschland / Wie geht es nun weiter in Berlin?
Wie geht es weiter im Land? Über das Datum der Vertrauensfrage wird weiter heiß diskutiert, eine Entscheidung gibt es bis zum Nachmittag nicht. Im Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten, geben sich die Besucher derweil die Klinke in die Hand.
Im Schloss Bellevue herrscht ein reges Kommen und Gehen in diesen Tagen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier setzt angesichts der Regierungskrise seine vertraulichen Gespräche mit Spitzenpolitikern am Montag mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) fort. Steinmeier hatte am Freitag bereits SPD-Chef Lars Klingbeil zu Besuch, wird sich am Dienstag mit SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und am Donnerstag mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt treffen.
Letzte Woche gab es Kontakte sowohl mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) als auch mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Ein Treffen der drei hat bislang noch nicht stattgefunden. Steinmeier pflege aber derzeit „kurze Leitungen“ zu Scholz und Merz. Eine einvernehmliche Lösung zur Frage des Zeitplans von Vertrauensfrage und Neuwahl gibt es noch nicht.
Der Bundespräsident kann auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Dies ist vorgesehen für den Fall, dass ein Bundeskanzler mit der Vertrauensfrage im Parlament scheitert. Diesen Weg will Bundeskanzler Scholz gehen.
Wir erwarten, dass er noch in dieser Woche Klarheit schafftGrünen-Co-Parteichefin
Der Bundespräsident muss dem Vorschlag nicht zwangsläufig nachkommen. Wenn er sich aber dazu entschließt, muss er das laut Artikel 68 des Grundgesetzes innerhalb von 21 Tagen tun. Der Bundespräsident legt zudem den Termin für eine Bundestagswahl fest. Bei einer Neuwahl müsste dieser spätestens 60 Tage nach der Auflösung des Parlaments liegen.
Am Montag gab Kanzler Scholz der Union einen Korb. Er werde, anders als von der Union gefordert, nicht schon an diesem Mittwoch eine Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Sein Regierungssprecher Steffen Hebestreit stellte auch klar, dass der Kanzler notfalls im Alleingang über den Termin entscheiden werde, wenn es mit CDU und CSU nicht zu einer Einigung kommt. Wenn der stärksten Oppositionskraft an keiner Vereinbarung gelegen sei, „dann muss der Bundeskanzler entscheiden und dann die Vertrauensfrage stellen“, sagte Hebestreit. Die Unionsfraktion jedoch will mit der SPD bislang nicht sprechen, hier scheinen die Fronten ebenfalls verhärtet.
Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl des Bundestags Ende März herbeizuführen. Nach massivem öffentlichen Druck hatte er sich am Sonntag bereit erklärt, die Vertrauensfrage schon vor Weihnachten zu stellen. Er forderte die Fraktionen im Bundestag dazu auf, über einen Termin und mögliche gemeinsame Projekte vor der Wahl Gespräche zu führen. Die Union lehnt das bislang ab und dringt auf eine möglichst schnelle Vertrauensfrage.
Vieles liegt derzeit im Dunkeln
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) würde gerne im Amt bleiben. Dies sei auch in einer Unions-geführten Regierung für sie vorstellbar, wie vieles andere auch. „Ja, ich würde meinen Job sehr, sehr gerne weitermachen – in welcher Kombination, das entscheiden die Wählerinnen und Wähler“, sagt die Grünen-Politikerin. Ihre Partei fordert von Scholz dann auch eine Entscheidung, wann er die Vertrauensfrage im Bundestag stellen und damit den Weg für Neuwahlen frei machen will. „Wir erwarten, dass er noch in dieser Woche Klarheit schafft“, sagt Grünen-Co-Parteichefin Ricarda Lang. Die Grünen könnten sich „durchaus auch einen früheren Termin vorstellen“ als den von Scholz bisher genannten 15. Januar.
In der Partei des geschassten Finanzministers Christian Lindner macht man sich mit Neueintritten Mut. Die FDP erfährt seit dem Koalitionsbruch am vergangenen Mittwoch nach Angaben von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zahlreiche Parteieintritte. Es habe seit Mittwoch eine „enorme Entwicklung“ gegeben. Bislang habe es ungefähr 1.300 Eintritte gegeben. Stand Samstag hätten 81 Personen die Partei verlassen.
Wie ist nun der weitere Ablauf? Die Fraktionen von SPD und Grünen haben für Dienstag eine öffentliche Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags beantragt. Es sei dort „mit der Bundeswahlleiterin zu diskutieren, wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann“, heißt es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Am Dienstag kommen auch die Bundestagsfraktionen zu Beratungen zusammen. Ob es Gespräche zwischen SPD-Fraktionschef Mützenich und Oppositionsführer Friedrich Merz gibt, war am Montagnachmittag noch offen.
Am Mittwoch gibt Scholz dann im Bundestag eine Regierungserklärung zur aktuellen Lage ab. Möglicherweise gibt es bis dann eine Einigung, vielleicht aber auch nicht. Es liegt gerade sehr vieles im Dunkeln in der Hauptstadt.
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