Colmar-Berg / „Wie Hund und Katze in einem“ – Familie Pellé fordert neue Rechte für Hausschweine
In Luxemburg regt sich Widerstand gegen veraltete Tiergesetze: Yann Pellé, Vater einer fünfköpfigen Familie und stolzer Besitzer des Minischweins „Babe“, hat eine Petition eingereicht. Sein Anliegen: Minischweine sollen als Haustiere anerkannt werden – samt rechtlichem Rahmen für den Einsatz in der tiergestützten Therapie.
„Wir sind Tierfreunde durch und durch“, erzählt Yann Pellé. Nach dem Verlust ihres Hundes fanden er und seine Familie durch Zufall zu „Babe“, einem Minischwein aus Kaiserslautern, das schon bald zu einem fest integrierten Familienmitglied werden sollte. Doch mit der Haltung eines Schweins im Haushalt kamen auch unerwartete Herausforderungen: „Wir mussten uns plötzlich als Schweinehalter registrieren, eine Herdennummer beantragen und dürfen mit Babe nicht einmal einfach so zum Tierarzt fahren.“ Der Initiator der Petition N°3389 erklärt jedoch, dass Schweine, ähnlich wie Hunde und Katzen, zu treuen Begleitern werden können und sogar therapeutisch eingesetzt werden sollten.
„Die Leute fragen oft, wie das ist, ein Schwein zu haben“, erzählt Yann Pellé. „Ich sage immer, es ist ein bisschen wie ein Hund und eine Katze zusammen.“ „Babe“, ein Minischwein, lebt mit der Familie wie ein herkömmliches Haustier. Es spielt im Haus und im Garten, kuschelt mit Familie und Hund Cooper und folgt sogar Kommandos wie „Sitz“ und „Dreh dich“, für die es mit kleinen Leckerbissen belohnt wird. „Schweine sind hochintelligent und sehr sozial“, schwärmt Pellé. „Es ist so schlau wie ein Hund, hat aber die Ruhe und Unabhängigkeit einer Katze.“
Obwohl die meisten Menschen positiv auf das ungewöhnliche Haustier reagieren, gibt es laut Pellé auch Vorurteile. Kritiker stellen infrage, ob die Haltung eines Schweins als Haustier überhaupt artgerecht sei. „Für mich bedeutet artgerecht, dass das Schwein ein erfülltes und schönes Leben führt, bei uns spielen und frei herumlaufen kann“, erwidert Pellé. „Babe hat es weitaus besser als viele Schweine in der Massentierhaltung.“ Andere werfen der Familie gar „Qualzucht“ vor. Doch Yann Pellé fragt zurück: „Warum sollte ein Minischwein Qualzucht sein, wenn Hunderassen wie der Chihuahua oder die französische Bulldogge akzeptiert sind?“
Das Problem mit dem Gesetz
Doch ein Schwein als Haustier zu halten, stellte sich als größere Herausforderung heraus als zunächst angenommen. In Luxemburg wird ein Schwein auch in privater Haltung als „Nutztier“ angesehen und darf nur auf einem gemeldeten Grundstück gehalten werden, was Einschränkungen in der tierärztlichen Versorgung mit sich bringt.
Auch die gemeinnützige Tierschutzorganisation FRIDA asbl unterstützt die Petition: „Wir erleben oft, dass Nutztiere, sobald sie erkranken, schnell euthanasiert werden, weil sich eine umfassende Behandlung nicht lohnt.“ Es brauche neue Regelungen, die Hausschweinen ein Leben in Privathaushalten ermöglichen und tierärztliche Behandlungen gewährleisten.
Doch wie die Luxemburger Veterinär- und Lebensmittelverwaltung (ALVA) erklärt, steht einem Transport zu einem Tierarzt grundsätzlich nichts im Wege, wenn die Halter sicherstellen, dass dadurch keine sanitären Risiken entstehen.
Sie ergänzt, dass es für die Haltung von Schweinen im Freien eine Genehmigungspflicht gibt. Diese Regelung sei notwendig, um gesundheitliche Risiken für Schweinehalter und die Umgebung zu minimieren. Trotzdem sei es für private Halter möglich, Tierärzte aufzusuchen, wobei die ALVA darauf hinweist, dass Großtierpraktiker oft eher die Expertise besitzen, um sich um Schweine zu kümmern und im Bedarfsfall sogar Hausbesuche durchführen können.
Die ALVA stellt ebenfalls klar, dass europäische und nationale Regelungen eindeutig definieren, welche Tiere als Haustiere gelten. Schweine, unabhängig von der Haltung oder Anzahl, seien als Nutztiere klassifiziert, weshalb keine Ausnahme für Minischweine gemacht werden kann.
Die Tierschutzorganisation FRIDA asbl betont jedoch, dass es an der Zeit sei, das gesellschaftliche Bild und den Stellenwert von Schweinen zu überdenken. Neben gesetzlichen Rahmenbedingungen für artgerechte Haltung fordert FRIDA auch eine bessere Kontrolle der Haltung und den Ausbau von Unterstützungsnetzwerken für Tierhalter.
Adela Fuentes Lakowska erklärt auch, warum sie trotz unterstützender Worte für die Petition auch auf mögliche Herausforderungen und ethische Fragen hinweist. Sie sieht das Risiko, dass Schweine als Haustiere zu einem Trend werden könnten, ohne dass Halter sich der spezifischen Bedürfnisse dieser Tiere bewusst sind. In der Praxis bedeutet dies auch, dass Halter über die Ernährung, den Bewegungsdrang und die medizinischen Anforderungen ihrer Schweine informiert sein sollten. „Schweine sind soziale Wesen und brauchen Platz sowie mindestens einen zweiten tierischen Gefährten, wenn sie artgerecht gehalten werden sollen. Wir unterstützen die Petition, aber wir müssen sicherstellen, dass Tiere in einer artgerechten Umgebung leben, die ihre physischen und emotionalen Bedürfnisse berücksichtigt.“
Ein tierischer Therapeut?
Mit ihrer Petition kämpft die Familie Pellé außerdem dafür, dass Schweine in Luxemburg als offizielle Therapie-Begleittiere anerkannt werden. Die Inspiration für eine solche Therapiearbeit stammt unter anderem von Erfahrungen im Ausland.
Ein Schlüsselerlebnis hatte die Familie mit ihrer Großmutter, die an Demenz leidet. „Als meine Großmutter ‚Babe‘ traf, begann sie plötzlich Geschichten aus ihrer Kindheit auf dem Bauernhof zu erzählen, die sie sonst nie geteilt hatte. Das war unglaublich“, berichtet Yann Pellé. „Ich dachte sofort, wie wunderbar es wäre, wenn auch andere Menschen von dieser Verbindung profitieren könnten.“
In Luxemburg ist dieser Ansatz neu, und Pellé weiß, dass er Pionierarbeit leistet. Die Unterstützung der Petition hält sich trotz medialen Interesses noch in Grenzen, auch wenn sie mit über 353 (Stand Freitag) Unterschriften bereits Aufmerksamkeit erregt.
„Babe“ ist inzwischen sogar ein kleines Maskottchen geworden. Auf ihrem Instagram-Account @minipig_babe_lxb teilen die Pellés die Abenteuer ihres Minischweins und sammeln dabei immer mehr Unterstützer. „Wir wollen einfach zeigen, dass ein Schwein ein großartiges Haustier sein kann“, sagt Pellé. „Es bringt nicht nur uns, sondern auch anderen Menschen Freude und Glück.“
Alle Petitionen finden Sie online unter dieser Adresse: www.petitiounen.lu. Dort können Sie auch digital unterschreiben.
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