Schülerinnen berichten / Wie Jugendliche die Corona-Pandemie durchleben
Wie geht es den Jugendlichen nach einem Jahr Pandemie? Drei Schülerinnen erzählen dem Tageblatt, wie sie diese schwierige Zeit durchleben. Statt die Welt zu entdecken, sitzen sie meistens alleine zu Hause. Die Schule wirkt dabei wie ein Rettungsanker, auch wenn es dort nicht immer einfach ist. Ein Bericht aus dem Leben von drei jungen Menschen.
Deborah Heinz ist 15, Corinne Rodrigues 16 und Laura Ludovicy 17. Alle drei besuchen eine 5e im „Lycée Bel-Val“ und wiederholen dieses Jahr die Klasse. „Corona ist nicht alleine Schuld daran, dass ich durchgefallen bin, aber Corona hat einen Teil an dieser Schuld“, sagt Deborah. „Es war auch meine Schuld.“ Zu Hause hat sie weniger Motivation, etwas zu lernen. Sie wird oft abgelenkt. Das gilt auch für das Homeschooling, sagt sie. Aber auch in der Schule sei es anstrengend und schwierig. Es ist das erste Mal, dass sie eine Klasse wiederholt. Dennoch geht sie gerne ins „Lycée“. Neben dem Schulischen freut sie sich insbesondere darauf, dort ihre Freunde zu sehen.
Laura glaubt, dass die Corona-Pandemie viele Schüler ausgebremst hat. 5e ist die Klassenstufe, wo sich die Schüler am Ende für eine bestimmte Sektion entscheiden müssen. Dennoch freut sich Laura auf die Schule. Dort könne man wenigstens beim Lehrer direkt und persönlich etwas nachfragen. Im Homeschooling haben ihrer Meinung nach manche Schüler Probleme, die Aufgaben individuell zu lösen oder überhaupt autonom zu arbeiten. „Homeschooling bedeutete mehr Stress, weil man sich selber bewusst wurde, dass man für dies und jenes dann doch mehr Zeit brauchte“, sagt sie.
Auch Corinne führt das Sitzenbleiben zum Teil auf die Pandemie zurück. „Letztes Jahr konnten wir viele Prüfungen nicht mehr schreiben“, sagt sie. Deshalb sei es bei der Note geblieben, die sie im ersten Trimester hatte. Und die war nicht gut. Die Angst vor dem Virus hat bei Corinne damit zu tun, dass sie befürchtet, dadurch auszufallen, in Quarantäne versetzt zu werden und am Ende ihre Prüfungen nicht schreiben zu können. „Ich habe eine permanente Angst, krank zu werden“, sagt sie. Auch für sie war das Homeschooling eine „mega stressige Zeit“. Oft habe sie noch abends um 23 Uhr Nachrichten zu den Aufgaben bekommen, die für den nächsten Tag vorgesehen waren. „Für mich war das viel schwieriger als normal in die Schule zu gehen“, sagt sie. Die Lehrer können sich laut Corinne im Homeschooling nicht auf den einzelnen Schüler konzentrieren.
Am Anfang war es schön, zu Hause zu sein. Doch ein ganzes Jahr ist schon eine sehr lange Zeit.Schülerin
Bei aller Freude, in die Schule gehen zu dürfen, engen manche sanitären Maßnahmen die Jugendlichen ein. Deborah erzählt von der Mittagspause in der Schulkantine. Dort stehen die Schüler in der Schlange und warten vor der Essensausgabe. Die meisten Schüler halten sich an die Maskenpflicht, dennoch sehe sie immer wieder welche, die ihren Mund-Nasen-Schutz nicht richtig aufhaben. Vor Corona konnte man sich sein Essen nehmen, im Stehen essen, damit herumlaufen und sich irgendwo hinhocken, wo auch immer man wollte, sagt sie. „Das vermisse ich sehr.“ Nun müsse man sich einen Sitzplatz in der Kantine ergattern. An den Tischen dürfen nur noch maximal vier Leute Platz nehmen.
Eingeengt, weil ständig zu Hause
Auch Corinne tut sich mit einigen Maßnahmen schwer. Sie findet, dass nicht genug Wert auf die Psyche der Jugendlichen gelegt wird. Sie erinnert sich daran, dass am Anfang der Pandemie die Schüler während des Unterrichts die Klasse nicht verlassen durften. Befand sich eine Klasse in Isolation, mussten die Schüler auch während der Pausen stets drinnen bleiben. Corinne nennt das Vernachlässigung. Nicht wenige Jugendliche haben mentale Probleme, sagt sie. Durch diese Regelungen hätten sie nicht mal die Möglichkeit, einmal kurz auf Toilette zu gehen, um einen Moment alleine zu sein und um sich zu beruhigen. Sie müssten sieben Stunden lang in einem Klassenzimmer ausharren.
Deborah sagt, dass man sich mit der Zeit an die Einschränkungen der Pandemie gewöhnt. Dennoch setzt es ihr zu, dass sie nicht einfach so mit ihren Freunden raus kann wie früher. Sie fühlt sich eingeengt, weil sie ständig zu Hause hockt. „Am Anfang war es schön, zu Hause zu sein. Doch ein ganzes Jahr ist schon eine sehr lange Zeit“, sagt sie. Vor allem sei es langweilig, immer wieder das Gleiche zu tun. Am meisten vermisst Deborah, unter Leuten zu sein, ohne Maske.
Ich war vor Corona noch zu jung, um feiern zu gehen, und jetzt bin ich etwas im Hintertreffen, was das angehtSchülerin
„Ganz am Anfang hatte ich große Angst, da es eine ganz neue Situation war für uns alle“, gesteht Laura. „Niemand hatte so was bislang miterlebt.“ Jetzt sei es irgendwie Normalität geworden, was sie traurig stimmt. „Wir sind nur einmal jung, und die Älteren leben auch nur einmal.“ Es könnte schon sein, dass sie durch Corona etwas in ihrem Leben verpasst hat. „Ich war vor Corona noch zu jung, um feiern zu gehen, und jetzt bin ich etwas im Hintertreffen, was das angeht.“ Laura sieht das Problem der Einschränkungen aber allgemeiner. Jeder bekomme etwas weggenommen. Den Kindern mache man die Spielplätze zu, die jungen Leute dürften nicht feiern gehen und die Erwachsenen müssten zu Hause arbeiten und ihre Kontakte einschränken. „Jeder verpasst auf seine Art etwas im Leben.“
Durch die anhaltende Pandemie sind viele Freundschaften kaputtgegangen, weil man es vermeidet, viel rauszugehenSchülerin
Wie ihre Mitschülerin Deborah vermisst auch Laura am meisten ihre Freunde. „Ich wohne an der Mosel und bin weit weg von ihnen.“ Sie treffe zwar ihre Freunde immer mal wieder in ihrer Freizeit, doch nach einer gewissen Zeit wisse man nicht mehr, was man überhaupt tun soll. „Die Langweile stresst mich im Moment besonders viel“, sagt sie. Ihr Kampfsporttraining im Verein findet seit einem guten Jahr nicht mehr statt. „Das muss ich nun mit Joggen überbrücken“, sagt sie enttäuscht. Es sei schwierig, die Disziplin beizubehalten. „Das macht mir am meisten zu schaffen.“
Permanente Angst, andere anzustecken
„Durch die anhaltende Pandemie sind viele Freundschaften kaputtgegangen, weil man es vermeidet, viel rauszugehen“, sagt Corinne. Seit einem Jahr geht sie nur noch mit ihrem Freund und dessen besten Kumpel raus. Letzterer sei allerdings nicht immer dabei, sagt sie. „Wir gehen spazieren oder in den Park, vermeiden aber den Kontakt zu anderen Leuten.“ Manchmal gehen sie ins Jugendhaus, aber dort sei in letzter Zeit sehr wenig los. Corinne möchte gerne wieder einfach mit Freunden etwas unternehmen, ohne Angst haben zu müssen.
Angst vor dem Coronavirus hat Corinne für sich selber eher weniger. Dennoch begleitet sie ständig die Angst, dass sie andere Menschen anstecken könnte. Ein großes Infektionsrisiko verbindet sie mit dem Busfahren. Covid-19 ist auch Thema bei den Gesprächen zwischen den Schülerinnen. „Wir sprechen schon darüber“, sagt Deborah. Auch sie hat mehr Angst davor, andere in ihrem Umfeld anzustecken wie beispielsweise ihre Eltern oder Großeltern. Dennoch wäre Deborah nicht froh, wenn sie sich selber anstecken würde. Laura hatte insbesondere am Anfang der Pandemie teils panische Angst vor dem Virus. „Jetzt geht es. Man gewöhnt sich dran“, sagt sie.
Wie lange wird uns das Virus noch begleiten und ist die Impfung die Lösung allen Übels? Für Deborah wird das bestimmt noch ein Jahr andauern. „Wenn sich die meisten Menschen impfen lassen, glaube ich schon, dass wir da wieder rauskommen“, sagt sie. Sie selber würde sich auch impfen lassen, dennoch ist sie sich noch nicht hundertprozentig sicher. Auch Laura und Corinne würden sich impfen lassen. „Aber auch nur, weil wir ganz am Schluss drankommen werden“, sagt Laura. Ihr bereiten eventuelle Nebenwirkungen Sorgen. Sie ist der Meinung, dass das Virus dennoch nicht einfach so verschwindet. „Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben“, sagt sie. Für Corinne ist die Impfung ein Anfang, damit alles aufhört. „Wenn jeder sagt, ich lasse mich nicht impfen, dann wird das nie ein Ende nehmen.“
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