François Bausch / Wie Luxemburg seinen NATO-Beitrag erweitern will
Es gibt regelmäßig Kritik: Luxemburg drücke sich vor seiner finanziellen Beteiligung an der NATO. Jetzt will das Großherzogtum seinen Beitrag erweitern – das plant Verteidigungsminister François Bausch.
„Wir arbeiten seit Jahren effizient zusammen und werden diese Zusammenarbeit in den nächsten Jahren gerne fortsetzen, insbesondere bei Zukunftsprojekten im Bereich Cyber und Weltraum“, sagte Luxemburgs Verteidigungsminister François Bausch („déi gréng“) nach dem Besuch einer lettischen Delegation am 18. Mai. Lettlands Vizepremier- und Verteidigungsminister Artis Pabriks hat dem Großherzogtum infolge einer Einladung von Bausch einen Besuch abgestattet, um in Vorbereitung auf den NATO-Gipfel in Madrid eine Bilanz der bilateralen Beziehungen im Verteidigungsbereich zu ziehen. So heißt es in einer Pressemitteilung der „Défense“ vom Mittwoch.
Zu dieser Gelegenheit hat Luxemburg der lettischen Delegation seine beiden Vorzeigeprojekte in Sachen Cyberverteidigung und Weltraum präsentiert: die „Luxembourg Cyber Range“ und „Luxembourg Cyber Defence Cloud“. Zudem bot Bausch an, Bilder des künftigen Beobachtungssatelliten LUXEOSys, der im nächsten Jahr gestartet werden soll, zur Verfügung zu stellen.
Der Aufenthalt der lettischen Delegation endete mit einer Besichtigung der SES in Betzdorf und diente dazu, „einen operativen Einblick in mögliche bilaterale Kooperationen im Bereich der Raumfahrt“ zu erhalten, heißt es in dem Presseschreiben. Der hohe Besuch aus Lettland habe sich am Ende des Treffens „sehr interessiert an einer verstärkten Zusammenarbeit in diesen Bereichen“ gezeigt. Doch worum ging es eigentlich? Womit befassen sich die zwei Luxemburger Vorzeigeprojekte genau? Ein Erklärungsversuch.
Zwei Luxemburger Vorzeigeprojekte
Das „Luxembourg Cyber Range“-Projekt wurde im Oktober 2021 ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um eine Simulationsplattform, anhand derer Benutzer die Gewährleistung der Sicherheit von Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) trainieren können. So könnten sie Erfahrung in der Identifikation und im Umgang mit Cyberattacken sammeln, antwortete das Luxemburger Außenministerium auf Nachfrage des Tageblatt.
Begriffserklärung: Cloud
Der Begriff „Cloud“ (engl. Wolke) steht als Kurzform für Cloud Computing und bezeichnet ein globales Netzwerk von Servern. Die Server können zum Abspeichern oder der Verwaltung von Daten oder zur Ausführung von Anwendungen genutzt werden. Zudem können Inhalte und Dienste wie das Streamen von Videos, Web-Mail, Software oder soziale Medien über eine Cloud geliefert werden. Clouds ermöglichen es, auf Dateien und Daten zuzugreifen, ohne dafür auf einen lokalen oder persönlichen Computer zurückgreifen zu müssen. Sie können von jedem internetfähigen Gerät online erreicht werden. Je nach Art der Cloud, ob öffentlich, privat, hybrid oder „Community“, ist der Zugriff auf bestimmte Personen- bzw. Arbeitsgruppen beschränkt.
Oft würden die Kapazitäten einzelner Cyber-Range-Plattformen nicht ausreichen, um großangelegte Cyber-Trainingseinheiten durchzuführen. Da Lettland allerdings über eine ähnliche Plattform verfüge, könne man beide miteinander verbinden, um so die verfügbaren Kapazitäten zu erhöhen, schreibt das Außenministerium. Sowohl Luxemburg als auch Lettland sind bereits Mitglied eines internationalen Projekts, der „Cyber Ranges Federations“ (CRF). Ziel des Verbands ist laut einer Webseite der EU „die gemeinsame Nutzung und Bündelung der Fähigkeiten und die Verbesserung der Qualität von Cyber-Schulungen und -Übungen sowie die Nutzung des Verbands für cyberbezogene Forschungs- und Entwicklungszwecke“.
Bei Luxemburgs zweitem Vorzeigeprojekt aus dem Bereich „Cyber Defence“ handelt es sich um ein Projekt, das sich zurzeit noch in der Konzeptphase befindet. Die „Luxembourg Cyber Defence Cloud“ (LCDC) ist – wie ihr Name es eigentlich schon größtenteils vorwegnimmt – eine „nach höchsten Standards gesicherte Cloud“. Diese „Private Cloud“ soll ihren Nutzern hohe Rechen- und Speicherkapazitäten anbieten, schreibt das Außenministerium.
Die Luxemburger „Défense“ suche aktuell nach potenziellen Partnern für die LCDC, heißt es in dem Antwortschreiben des Außenministeriums. Darum sei der lettischen Delegation auch gerade dieses Projekt vorgestellt worden. Sollte die Partnerschaft gelingen, könnte dieser Zusammenschluss gleich beim Aufbau der „Private Cloud“ berücksichtigt werden. Luxemburg wolle die LCDC künftig als Teil seines NATO-Beitrags zur Verfügung stellen und Lettland dürfe als EU-Mitglied davon Gebrauch machen.
Teilnahme an „Winter-Frost“-Übung
Sowohl „Luxembourg Cyber Range“ als auch „Luxembourg Cyber Defence Cloud“ würden laut Außenministerium über das Budget der „Défense“ finanziert werden. Eine konkrete Anwendung im Kontext des Ukrainekrieges habe es bisher noch nicht gegeben. Dennoch: „Eine verstärkte Kooperation im Bereich Cyber ist kruzial, um in einem derartig schnelllebigen Bereich ‚up to date‘ zu bleiben“, so das Außenministerium.
Luxemburg hat bereits in der Vergangenheit, am 25. Februar 2022, an einer von Lettland organisierten Cyber-Übung teilgenommen. Insgesamt acht Teams beteiligten sich an der „Winter Frost“-Übung, um so „Fähigkeiten zu entwickeln, bewährte Praktiken und Know-how im Bereich Cyberangriffe auszutauschen“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom Hochkommissariat für nationale Sicherheit (HCPN) und Govcert.lu. Ziel sei es gewesen, Schwachstellen und Fehlkonfigurationen zu finden, um auf die bei der Übung zur Verfügung gestellten Computer und Server sowie die Netzwerke der Infrastruktur zuzugreifen. Das Luxemburger Team von Govcert.lu, ergänzt durch einen „internen Experten“, habe von allen teilnehmenden Gruppen die meisten Schwachstellen ausfindig gemacht und habe somit die Übung Tabellenführer abgeschlossen.
In- und ausländische Partnerschaften
„Luxembourg Cyber Range“ besitzt bereits mehrere Partner innerhalb von Luxemburg, aber auch im Ausland – und weitere sind in Aussicht. So gebe es eine bestehende Partnerschaft mit der Cyber-Security-Agentur securitymadein.lu und ihrem „Cybersecurity Competence Center Luxembourg“. Darüber hinaus gebe es eine Vereinbarung mit dem Lycée Guillaume Kroll zur Ausbildung der Schüler des Cybersecurity-BTS. Und es würden derzeit weitere Gespräche mit anderen Akteuren aus dem Bereich der Bildung geführt werden. Laut Außenministerium sind zudem „erste kritische Infrastrukturen, daran interessiert, ihre Cyber-Sicherheitsexperten auf der ‚Cyber Range‘ trainieren zu lassen“. Erste Übungen und Trainingseinheiten seien bereits in Planung.
Neben der bereits zuvor genannten Mitgliedschaft in den „Cyber Ranges Federations“ besteht auf internationaler Ebene ein weiteres Kooperationsabkommen mit der NSPA (NATO Support and Procurement Agency) für die Weiterbildung und das Training ihrer Cyber-Experten. Die „European Defence Agency“ nutze Luxemburgs „Cyber Range“ bei einer EU-weiten zweitägigen Cyber-Übung, die die Kooperation unter den Mitgliedstaaten verbessern soll. Sie kam auch bei der Vorbereitung des BeneluX-Teams auf die internationale Übung „Locked Shields“ zum Einsatz.
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