Kopftuch, Kreuz und Kippa / Wie Luxemburgs Arbeitswelt mit dem EuGH-Urteil zu religiösen Symbolen am Arbeitsplatz umgeht
Der Europäische Gerichtshof hat vor rund vier Monaten entschieden, dass ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz grundsätzlich möglich ist – unter bestimmten Bedingungen. Das Urteil bezieht sich jedoch auch auf das Tragen anderer religiöser Symbole. Doch wie wird derzeit in der Luxemburger Arbeitswelt mit dem Thema umgegangen? Ein Überblick.
Darf einer Muslimin untersagt werden, mit Kopftuch an einer Drogeriemarktkasse zu sitzen oder in einer „Crèche“ zu arbeiten? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat vor rund vier Monaten zu dieser Frage ein Urteil gesprochen. Das Ergebnis: unter bestimmten Umständen schon. Das Urteil bezieht sich dabei allerdings nicht nur auf Kopftücher, sondern auch auf andere religiöse Symbole, die man am Arbeitsplatz tragen könnte, wie zum Beispiel ein christliches Kreuz an einer Kette oder die jüdische Kopfbedeckung namens Kippa.
Dass der Arbeitgeber so ein Verbot für das Tragen religiöser Symbole bei der Arbeit nur in bestimmten Fällen aussprechen kann, bezieht sich darauf, dass es dafür eine genauere Begründung braucht. Das sei beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber gegenüber Kunden ein Bild der Neutralität vermitteln oder soziale Konflikte vermeiden wolle. Betont wurde dabei, dass Arbeitgeber klarmachen müssen, dass ein Kopftuchverbot für sie wirklich relevant ist. So muss es zum Beispiel in der „Crèche“ den Wunsch von Eltern geben, dass ihre Kinder von Personen beaufsichtigt werden, die nicht ihre Religion oder Weltanschauung zum Ausdruck bringen.
Nicht jeder will sich äußern
Das Tageblatt wollte herausfinden, wie Arbeitgeber in Luxemburg derzeit mit solchen Regelungen am Arbeitsplatz umgehen. Doch bei der Recherche wird schnell klar: Nicht jeder möchte sich zu dem Thema äußern. So schreibt zum Beispiel die luxemburgische Supermarktkette Cactus: „Es steht uns nicht zu, uns dazu zu äußern oder eine Debatte anzuregen.“ Auf die Nachfrage, ob man auch die zweite Frage nicht beantworten könne, in der es darum geht, ob das Unternehmen überhaupt eine Regelung zum Tragen religiöser Symbole hat oder nicht, heißt es: „Wir können Ihre zweite Frage nicht beantworten.“ Luxair kündigt zwar mehrfach eine Antwort an, diese bleibt jedoch über mehrere Wochen aus. Ein weiteres Beispiel: „Becolux (Eigentümer von Copal) möchte sich zu diesem Thema nicht positionieren“, heißt es vom Becolux-Pressekontakt.
Andere Unternehmen äußern sich wiederum bereitwillig zu deren Regelungen. Darunter zum Beispiel die „Société nationale des chemins de fer luxembourgeois“ (CFL): „Bei der CFL gibt es keine Richtlinie für das Tragen religiöser Symbole. Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Uniform tragen und im direkten Kundenkontakt stehen, sind wir jedoch darauf bedacht, ein kohärentes Bild nach außen zu projizieren. Das Tragen von auffälligem Schmuck auf der Uniform oder von Piercings ist zum Beispiel nicht gestattet. Gegen das Tragen eines Kopftuchs spricht natürlich nichts.“
Der Altenheimbetreiber Servior verfügt über eine „Arbeitsregelung des Dienstes“, die sich auf den jeweiligen Arbeitsbereich des Mitarbeiters bezieht. Das Unternehmen erklärt gegenüber dem Tageblatt: „Das Tragen von Gegenständen und Kleidungsstücken, die eine Religion symbolisieren (Tragen eines Schmuckstücks mit religiösem Zeichen) ist grundsätzlich nicht verboten, außer bei Tätowierungen im Gesicht und Piercings aus hygienischen Gründen oder aus Sicherheitsgründen. Das Tragen einer Kopfbedeckung muss unseren Hygienevorschriften entsprechen.“ Zusätzlich sei die Einhaltung der vorgegebenen Kleiderordnung für alle Beschäftigten der Abteilung Pflege und Betreuung und in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften vorgeschrieben.
Der Kleidungsstil unserer Bürger ist eine reine PrivatsacheRat der muslimischen Glaubensgemeinschaften in Luxemburg
Der Rat der muslimischen Glaubensgemeinschaften in Luxemburg, Shoura, erklärt zum Thema Kopftücher und andere religiöse Symbole bei der Arbeit: „Der Kleidungsstil unserer Bürger ist eine reine Privatsache, insbesondere die der muslimischen Frauen.“ Generell genieße jede Frau im Großherzogtum die Freiheit, ihre eigene Kleidung selbst wählen zu können. „Wir finden es bedauerlich, dass muslimische Frauen immer wieder Zielscheibe polemischer Fragen und Reden sind, ohne dass es dafür einen triftigen Grund gibt.“ Der Rat wolle zudem gegen jegliche Verunglimpfung oder Diskriminierung von Religionsgemeinschaften im Großherzogtum vorgehen.
Mehreren Gewerkschaften ist nach eigenen Angaben derzeit kein luxemburgischer Fall wie der aus dem EuGH-Urteil bekannt. So auch der Staatsbeamtengewerkschaft CGFP, wie sie auf Tageblatt-Anfrage mitteilt. „Die CGFP ist dabei, das betreffende Urteil des Europäischen Gerichtshofs gründlich zu analysieren und wird diesbezüglich erst zu einem späteren Zeitpunkt Stellung beziehen.“ Wann dieser Zeitpunkt erreicht sei, könne man jedoch nicht sagen, heißt es auf Nachfrage. Der OGBL antwortet ähnlich: „Was Ihre Anfrage betrifft, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten können. Da wir uns noch nicht mit diesem Urteil befasst haben, haben wir auch noch keine Position dazu.“
Dem LCGB ist ebenfalls „kein ähnlich gelagerter Fall in Luxemburg bekannt“ wie der aus dem Urteil. Der Gewerkschaftssprecher ergänzt zudem, dass das EuGH-Urteil deren Ansicht nach „nicht pauschale Verbote erlaubt, sondern dass diese allgemeingültig für alle religiösen Symbole am Arbeitsplatz gelten und ein wirkliches Bedürfnis nachgewiesen werden muss. Andernfalls gelten weiterhin die Antidiskriminierungsgesetze. Ein mögliches Verbot von religiösen Symbolen in Luxemburger Unternehmen erscheint uns deswegen höchst unwahrscheinlich.“
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Hintergrund des EuGH-Urteils im Juli waren zwei Fälle aus Deutschland. Zum einen war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kindertagesstätte mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch zur Arbeit gekommen war. Vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde daraufhin verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht werden müssen. Das Gericht bat den EuGH daraufhin um die Auslegung von EU-Recht.
Ähnlich ging das Bundesarbeitsgericht 2019 mit dem Fall einer Muslimin aus dem Raum Nürnberg vor, die gegen ein Kopftuchverbot bei der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte. In beiden Fällen fühlten sich die Frauen durch das Kopftuchverbot diskriminiert und verwiesen auf das Gleichbehandlungsgesetz sowie das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Die andere Seite argumentierte unter anderem mit der durch die EU-Grundrechtecharta geschützten unternehmerischen Freiheit.
Das neue Urteil des EuGH präzisiert eine Entscheidung aus dem Jahr 2017. Damals hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden, dass ein allgemeines internes Verbot von politischen oder religiösen Symbolen am Arbeitsplatz keine unmittelbare Diskriminierung darstellt.
Der Wunsch von Arbeitgebern, ihren Kunden ein Bild der Neutralität zu vermitteln, sei legitim und gehöre zur unternehmerischen Freiheit, so die Richter. Ob gleichzeitig auch das Tragen anderer religiöser Symbole verboten werden muss, blieb damals allerdings noch unklar. (dpa)
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Einerseits darf niemand wegen seines Glaubens diskriminiert werden, andrerseits gibt es die Kopftuch-Diskussion – ein Widerspruch! Übrigens war Königin Elisabeth des Öfteren mit Kopftuch zu sehen…
Im Iran gehen die Frauen auf die Strasse und riskieren ihr Leben damit sie das Kopftuch wegtun können… hierzulande ziehen sie den Lappen freiwillig an. Verstehe wer will !!
Wenn man „Glauben“ eingeflößt kriegt,von Kindesbeinen an,dann ist das eine Diskrimination. Die Methode der Indoktrinierung ist sehr wirksam,denn „behandelte“ Gehirne sind schwer davon zu trennen. Das gelingt sogar bei intelligenten Menschen.So sind die Kader der Gottesvertretung meist sehr intelligente Menschen,aber viele glauben an die Märchen ihrer Bücher.Einige aus Profitgier,andere aus Überzeugung.Das Elend welches fast alle Religionen über die Menschheit brachten und bringen ist beachtlich und wird still hingenommen.
Das Prinzip der Religionsfreiheit beruht auf ein Konzept aus dem 19. Jahrhundert und ist schon lange überholt. Eigentlich müsste man heutzutage eher über einen Verbot von jeglichen Religionen nachdenken.
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