Neuer Leitfaden / Wie man mit Kindern über Sex reden sollte
Mit Kindern über Sex zu reden, ist keine einfache Aufgabe. Weder für Lehr- und Betreuungspersonal noch für die Eltern. Deshalb haben vier Ministerien und zahlreiche Organisationen nun einen neuen Leitfaden mit dem Titel „Let’s talk about sex“ vorgestellt. Dieser soll in sämtlichen Bereichen des Bildungswesens eingesetzt werden.
Wer den Satz „Let’s talk about sex“ hört, denkt vermutlich – je nach Alter – zuerst an einen Song der US-amerikanischen Hip-Hop-Band Salt ’n’ Pepa und nicht unbedingt an den neuen Leitfaden zur gesunden Sexualerziehung im Bildungswesen. In den frühen 1990er Jahren war „Let’s talk about sex“ ein Nummer-eins-Hit in den Charts. Im Lied geht es um Safer Sex sowie um die positiven und negativen Eigenschaften von Geschlechtsverkehr. Insbesondere richtet sich der Song aber gegen die Zensur, die damals von US-amerikanischen Medien zum Thema betrieben wurde. Darin wird die Frage thematisiert, wieso man eigentlich nicht über Sex reden sollte.
Im Jahre 2020 taucht der Titel „Let’s talk about sex“ in der luxemburgischen Aktualität wieder auf. So heißt der neue Leitfaden zum Thema „Erziehung der affektiven Sexualität“, der in Zusammenarbeit von gleich vier Ministerien und verschiedenen Organisationen wie Cigale (LGTBIQ+-Zentrum), Apemh („Association des parents d’enfants mentalement handicapés“), „Planning familial“, Cesas („Centre national de référence pour la promotion de la santé affective et sexuelle“) oder der „HIV-Berodung“ des Roten Kreuzes erstellt wurde. Auch wenn der Titel ziemlich altbacken und klischeehaft daherkommt, bringt er dennoch das Wesen dieses neuen Leitfadens auf den Punkt.
Mit jungen Menschen über Sexualität und insbesondere über die affektive und sexuelle Gesundheit zu reden, soll mit diesem Leitfaden vereinfacht werden, so die Idee, die dahintersteckt. Lehrer, Erzieher, Eltern und andere Akteure des Bildungswesens sollen durch den Leitfaden die richtigen Worte finden. Der Führer gehört zu den Zielen des nationalen Aktionsplans von 2019. Dieser sieht vor, Kinder und Jugendliche in Bezug auf die affektive und sexuelle Gesundheit zu informieren und zu sensibilisieren. Dies soll alters- und kulturabhängig erfolgen. Die Inhalte sollten nicht nur in theoretischer Form vermittelt werden – so soll auch das Verhalten der jungen Menschen gestärkt werden.
Dr. Bechara Ziade, Chef der Abteilung Schulmedizin und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen beim Gesundheitsministerium, war einer der Redner auf der Pressekonferenz am Montag, auf der der neue Leitfaden vorgestellt wurde. Er vertrat das interministerielle Komitee und somit auch die abwesenden vier Minister, die sich entschuldigen ließen: Gesundheitsministerin Paulette Lenert, Bildungsminister Claude Meisch, Familienministerin Corinne Cahen und Chancengleichheits-Ministerin Taina Bofferding. „Mit Covid-19 befinden wir uns in einer permanenten Notfallphase und manchmal vergessen wir, dass das Essenzielle außen vor bleibt und zu einem weiteren Notfall zu werden droht“, sagt Ziade. Die sexuelle Gesundheit bleibe immer von Aktualität.
Aufruf zu einem offenen und respektvollen Dialog
Der Titel „Let’s talk about sex“ ist für ihn ein Aufruf zum Dialog, zu einer offenen und respektvollen Kommunikation. „Es ist ein Satz, der uns klar erscheint, es aber nicht ist, wenn wir die ganze Dimension des Themas ‚affektive und sexuelle Gesundheit‘ nicht verstehen, die sich hinter dem Titel verbirgt.“ Laut Ziade geht es nicht nur um Geschlechtsverkehr. Es ist eine Information, die uns alle in unserem Alltag betrifft, damit wir ein vollkommenes Leben haben, sagt er. Die Kreation des Leitfadens hat zwei Jahre gedauert. Davor gab es den alten Leitfaden mit braunem Einband, der von den Akteuren als „de bronge Guide“ bezeichnet wird. Der neue Leitfaden ist eine Weiterentwicklung des braunen und somit verstärkt ein Werkzeug, das sowohl für die jungen Menschen als auch für die Akteure im sozio-erzieherischen Bereich und im Gesundheitswesen verständlich ist. Ziade zitiert aus einer Vorlage der Weltgesundheitsorganisation (WHO): „Die sexuelle Gesundheit ist ein Zustand des physischen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens, das an die Sexualität gebunden ist.“
Aktuell haben Kinder und Jugendliche nicht den gleichen Zugang zur ’sexualité affective de qualité‘Präsidentin des „Planning familial“
Ainhoa Achutegui, Präsidentin des „Planning familial“, sieht die Mitarbeit ihrer Organisation am Leitfaden als Teil ihres Kampfes für die sexuellen Rechte. Damit will sich das „Planning familial“ für eine qualitativ hochwertige affektive und sexuelle Erziehung für alle einsetzen. Achutegui nannte diesbezüglich die adäquate Empfängnisverhütung, die gegenseitige Einwilligung, die Egalität zwischen Frauen und Männern, die Gewaltprävention sowie neue Technologien, die zur Lust sowohl bei Frauen als auch bei Männern beitragen können.
„Aktuell haben Kinder und Jugendliche nicht den gleichen Zugang zur ’sexualité affective de qualité’“, moniert die Präsidentin. Dies müsse sich ändern. Auch betonte Achutegui die Wichtigkeit, sowohl gegen die Desinformation als auch gegen Vorurteile zu kämpfen, die die affektive und sexuelle Bildung umgebe. Für sie bleibt dies eine essenzielle Voraussetzung für die Emanzipation der jungen und weniger jungen Menschen sowie eine Stärkung ihrer Kompetenzen. Die affektive und sexuelle Erziehung ist für die Präsidentin des „Planning familial“ ein wesentliches Bindungsglied dafür, dass sich die Jugendlichen kennenlernen, sich aufbauen und ihre eigene Wahl im Respekt der anderen treffen. „Es ist auch ein unverzichtbares Werkzeug für die Prävention vor Gewalt und Diskriminierung.“ Zudem informiere der Leitfaden die jungen Menschen über ihre Rechte, sensibilisiere sie in Bezug auf ihre Einwilligung und vereinfache den Zugang zu Verhütungsmitteln, um unerwünschten Schwangerschaften und Infektionskrankheiten vorzubeugen.
Gerade in Corona-Zeiten ist es wichtig, über Emotionen reden zu können. Da gibt der Leitfaden viele wertvolle Impulse, Informationen, die für das Personal ‚um Terrain‘ von großem Wert sind.Direktorin des CePAS
Mit der Vorstellung des 120-seitigen Leitfadens, der in drei Sprachen (Deutsch, Französisch und Englisch) verfügbar ist, startet die zweite „semaine affective et sexuelle“ in Luxemburg. Diese Woche (vom gestrigen Montag bis Freitag) werden insgesamt 22 Events rund um das Thema abgehalten. Wegen der Corona-Pandemie findet fast das ganze Programm online statt. Einige Aktivitäten mussten auf 2021 verlegt werden.
Jugendliche sollen lernen, Risiken besser einzuschätzen
Für Nathalie Keipes, Direktorin des CePAS („Centre psycho-social et d’accompagnement scolaire“), soll der Leitfaden es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, ein gesundes Selbstbild aufzubauen sowie Zufriedenheit mit dem eigenen Körper zu erlangen. Dadurch erlernte kommunikative Kompetenzen sollen den Umgang zwischen den Jugendlichen beim Entdecken der Liebe insbesondere während der Pubertät erleichtern. Laut Keipes werden die jungen Menschen hiermit fähig, Risiken besser einzuschätzen, sich freier spüren und lernen, Nein zu sagen. „Gerade in Corona-Zeiten ist es wichtig, über Emotionen reden zu können. Da gibt der Leitfaden viele wertvolle Impulse, Informationen, die für das Personal ‚um Terrain‘ von großem Wert sind“, sagt Keipes.
Ein wichtiges Element ist das Zentrum Cesas. Es wurde im Rahmen des nationalen Aktionsplans ins Leben gerufen und hat als Aufgabe, die vier beteiligten Ministerien bei der Ausarbeitung und Umsetzung zu unterstützen. Für die verschiedenen Zielgruppen hat das Cesas Werkzeuge ausgearbeitet, Akteure vernetzt und das transversale Thema in die verschiedenen Sektoren gebracht, die das Zentrum abdeckt. Christa Brömmel, Koordinatorin des Cesas, wird die „semaine affective et sexuelle“ nutzen, um die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der einzelnen Organisationen zu stärken und somit das Netzwerk auszubauen.
Camille Soudeyns ist Beauftragte für die Projekte der öffentlichen Gesundheit und Sexologie beim Cesas. Sie hebt die Rolle der Illustrationen im Leitfaden hervor. Sie seien nach dem Prinzip einer „Bande dessinée“ im Stil von Mangas gezeichnet. Die Herausforderung bei den Bildern war laut Soudeyns, diese ausgeglichen zu gestalten. Die Illustrationen sollten alle attraktiv, witzig und positiv sein, ohne aber stereotypisch oder ausfällig zu sein.
Wir wollen keine TabusVizedirektorin der „HIV-Berodung“ des Roten Kreuzes
Laurence Mortier, Vizedirektorin der „HIV-Berodung“ des Roten Kreuzes, spricht von einer Premiere. Zum ersten Mal wurde in solch einem Leitfaden eine Vagina in ihrer Anatomie abgebildet. „Wir wollen keine Tabus.“ Die jungen Menschen sollen die Möglichkeit haben, etwas zu lernen, sagt sie. Das Gleiche gilt für die Gender-Frage. Eine Abbildung (siehe Bild unten) im Leitfaden zeigt die neutralen Umrisse eines Menschen. Oben ist das Gehirn mit einem grünen Punkt versehen und wird als „identité de genre“ bezeichnet. Das kann weiblich, transgender oder männlich sein. Die Umrisse des Körpers sind mit einer Kette von kleinen blauen Punkten nachgezogen. Es ist die „expression de genre“. Das geht von weiblich über androgyn bis hin zu männlich. Ein rosa Punkt bildet das Herz des Menschen ab. Es ist die sexuelle Orientierung, die von heterosexuell über bisexuell bis zu hin homosexuell reicht. Weiter unten auf der Abbildung sind Geschlechtsorgane in einem gelben Punkt zu sehen. Dies bildet das biologische Geschlecht ab, das weiblich, intersex oder männlich sein kann.
- Was Jugendliche im Internet treiben: Bericht zeigt Nutzungsverhalten auf digitalen Geräten - 8. Februar 2023.
- Kritik am FDC: Die „schmutzigen“ Investments des „Pensiounsfong“ - 7. Februar 2023.
- Ein Plan für mehr Naturschutz in Luxemburg - 3. Februar 2023.
Der Leitfaden unserer 4 tapferen Ministerien samt Organisationen sollte besser : »LASSET UNSERE KINDER ÜBER SEX MIT UNS SPRECHEN « heissen , oder ?
@B.G.
genau.Stehen die meisten von uns doch noch unter der falschen Moral des Bistums,resp. des Mutterhauses in Rom. Nach dem Motto „mach ewéi d’Leit,da geet et dir wéi de Leit“ fällt dieses Thema heute noch unter das Gebot “ Unkeusche Gedanken“. Die Geschichte mit der Biene und der Blume ist unschlagbar,hat aber mit der Lust und der Freude am Sex nichts zu tun. Das bittere Resultat sexueller Verklemmung und deren Folgen(das geht vom Kindesmissbrauch bis zum Flug 9/11 oder „köpfender“-Märtyrer bis zum gar nicht so heiligenStuhl) können wir täglich beobachten.
Eng gutt Saach, dëst Thema unzegoen. Ech hunn 2 Jongen, laang erwuessen, mä wéi se an d’Pubertéit koumen frot ech màin eelzte Jong,: Wat géings de da maachen, wann dëng Fröndin ongewollt géing schwanger ginn. „Ma dann géing ech diir d’Kand brëngen, du bass jo esou frou mat de Kanner“.
Mëng Äntwert, ma da géi ëmool bei däi Papp an dann freets de op hien domatter d’Accord wier???
Dat wor eng léif kleng Geschicht, awer d’Wourecht. Mëng 2 Bouwen hunn d’Pubertéit gutt iwwerstaanen möttels dem „Sport“ .
@Nicole. Do hutt dir schon villäicht eppes verpasst a Saachen Opklärung. Äre Jong därf Sex hunn OUNI datt seng Frendin schwanger gett oder de Studium muss opginn etc Dat ass jo d’Thema
Es gibt Kommentatoren, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die, am Boden liegende Kirche, eindreschen müssen. Die Mähr vom Storch oder von den Bienen ist hausgemacht, nicht von der Kanzel herab gepredigt. Allerdings spielte das 6. Gebot im Beichtstuhl eine recht wichtige Rolle. “ Allein oder mit andern? “ Was wusste und konnte schon ein Siebenjähriger darauf antworten? Bin deshalb aber nicht zu einem ausgeprägten Pfaffenfresser geworden.