Porträt / Wie Michèle Mannes von der „Häremillen“ ihren Traumberuf gefunden hat
Vor genau einem Jahr hat Michèle Mannes die Nachfolge ihres Vaters Max an der Spitze der „Häremillen“ übernommen. Heute fühlt sie sich dort angekommen. Das hat sie Claude Wolf bei einem Besuch in der Kellerei erzählt.
„Es bestand nie ein Zwang. Meine Schwester und ich hatten eine völlig freie Berufswahl“, stellt die 31-jährige Unternehmerin gleich zu Beginn unseres Gespräches fest. So wählte die eine ein Kunststudium und die zweite wurde Landschaftsarchitektin. Das verhinderte nicht, dass die „Häremillen“, die der Wirtschaftsprofessor Max Mannes 1988 erstanden und zu einem Winzerbetrieb gemacht hatte, stets ein Gesprächs- und Interessenthema in der Familie war. Dies umso mehr, als die Familie in Ehnen ansässig wurde und die beiden Mädchen ihre Schul- und Jugendzeit dort erlebten.
Als die angehende Landschaftspflegerin ihre Masterarbeit schrieb, stieg sie zusätzlich zum Studium in den Winzerbetrieb ein. „Ich hatte nach einigen Volontariaten in der Landschaftspflege doch das Gefühl, nicht am richtigen Ort zu sein.“
Anfangs überlegte Michèle Mannes noch, ob sie, genau wie ihr Vater, auch zweigleisig fahren und im erlernten Beruf bleiben sollte. Doch dann kam die Entscheidung: Sie stieg in den Winzerbetrieb ein und widmet sich heute voll und ganz der „Häremillen“.
Beim Rundgang durch den Weinkeller und im Gespräch mit den Angestellten beweist sie, dass sie weiß, wo es langgeht. Dabei hat sie den Beruf nicht direkt gelernt. Sie geht deshalb vom „learning by doing“ aus. Dies umso mehr, als sie nach wie vor auf die Anwesenheit und Ratschläge des Vaters zählen kann und eine Reihe Mitarbeiter um sich hat, die schon lange dabei sind. Eine doppelte Führungsspitze mit einer Juniorchefin war offenbar nicht gewünscht. Der Chef ist jetzt Michèle Mannes.
Sie ist sich durchaus bewusst, dass sie noch manches lernen und erfahren muss. Ein zweijähriges zusätzliches Masterstudium wollte sie sich aber nicht zumuten, um den Betrieb nicht alleine lassen zu müssen. Sie will jedoch Schnellkurse belegen, die sie monatsweise oder übers Wochenende absolvieren kann, verlässt sich aber auch auf den Erfahrungsaustausch mit den Berufskollegen. Diese freuen sich, wenn junge Leute einsteigen. Sie seien durchaus dialog- und hilfsbereit, sagt Michèle Mannes. Allerdings müsse man sich auch beweisen.
Wechselhafte Geschichte
15 Hektar Weinberge bewirtschaftet Michèle Mannes mit ihren fünf Mitarbeitern. Weil das Domaine kein zusammenhängender Familienbetrieb mit langer Vergangenheit ist, sind die meisten Weinberge gepachtet und verstreut. Michèle Mannes bewirtschaftet Lagen in Ehnen, Wormeldingen, Ahn, Machtum, Grevenmacher und Mertert. „Wenn sich etwas anbietet, kaufen wir zu“, stellt sie klar.
Die „Häremillen“, die 1988 dem Mannes-Wein den Namen gab, war ursprünglich kein Winzerbetrieb, sondern, wie es der Name sagt, eine Wassermühle, die bis 1960 bewirtschaftet wurde. Sie gehörte ursprünglich zum Trierer Domkapitel, der Name wäre eine Ableitung von „Domherrenmühle“. Nach der Französischen Revolution kam sie in Privathand. Als Max Mannes sie erwarb, war es ihm wichtig, an das kulturelle Erbe zu erinnern.
1996 hat er den Betrieb modernisiert und „am Schank“ eine moderne Kellerei gebaut. Im gewölbten Keller der Mühle blieben die Eichenfässer, in denen der Pinot noir heranreift. 2003 wurde die Mühle renoviert und für Verkostungen ausgerichtet, 2005 das Wasserrad neu gemacht.
„Die Verbindung von Respekt der Tradition und den natürlichen Elementen mit fortschrittlichen Verfahren ist charakteristisch für unsere Arbeit“, heißt es auf der Webseite der Kellerei.
Mit einer neuen Chefin kommen auch neue Elemente. So hat sie gleich bei ihrer Amtsübernahme Schafe in ihre Weinberge gesetzt, die in den Steillagen auf natürliche Weise das Unkraut bekämpfen.
„Wir arbeiten ohnehin ohne Unkrautvernichtungsmittel, es war den Versuch wert“, so Michèle Mannes rückblickend. Ihre Schafe sind allerdings relativ groß und knabbern deshalb auch gerne an den Reben. Deshalb werden sie erst eingesetzt, wenn die Trauben etwas größer sind. Allerdings braucht der lebende Unkrautvertilger selbst auch Pflege. An der seine Herrin selbst viel Spaß hat. Sie habe bei ihrem „Stage“ in der Naturverwaltung erstmals Einblick in diesen Aspekt der Nachhaltigkeit bekommen und ihn für sich beansprucht. Rat und Beispiele dafür gibt es in Frankreich, Deutschland und der Schweiz, genau wie in Neuseeland.
Zukunftspläne
Stichwort Reisen und Urlaub: Sie sind für die junge Winzerin aktuell kein Thema. „Ich bin nicht sehr anspruchsvoll“, sagt sie von sich selbst und lenkt wieder auf die Punkte zurück, die sie zurzeit beschäftigen. Sie will bei allen anstehenden Rendezvous des Weinbaus präsent sein: Das reicht von den Weinmessen bis hin zu den punktuellen Weinmärkten, welche den ganzen Sommer über wieder veranstaltet werden können – Ehnen lädt am 17. Juli ein – und beträgt auch die Verkostungen, die in der geschichtsträchtigen Wassermühle auf Wunsch veranstaltet werden.
Zu Mannes’ Plänen gehört eine neuerliche Umstrukturierung der Mühle, um sie für private Veranstaltungen vermieten zu können. Eine erste Ausstellung empfängt sie zum Ehner Winzertag.
Und dann will die junge Frau, stärker als bisher, Verschnittweine anbieten, sogenannte „Cuvées“. An der „Cuvée Rosé“ von 2018 war sie erstmals beteiligt, jetzt will sie die Nachfrage nach leichteren Weinen zusätzlich bereichern. „Der Klimawandel hat dazu geführt, dass die traditionellen Edelweine alkoholreicher und nicht mehr so leicht zu trinken sind. Wir wollen leichtere Weine anbieten und setzen deshalb auf den lange verpönten Rivaner“, sagt sie.
Die Kundschaft scheint mitzumachen: Eine junge Chefin zieht möglicherweise auch eine neue, junge, experimentierfreudige Kundschaft an. „Wir haben Kunden jeden Alters, von jedem Einkommen und aus vielen verschiedenen Nationen“, berichtigt Michèle Mannes. Der Luxemburger Weinhandel habe die vielen hierzulande lebenden „Expats“ überzeugen und als Kunden gewinnen können. Eine weitere Herausforderung für die Einsteigerin, die sich auch vorstellen kann, sich stärker mit den anderen Jungwinzerinnen zu vernetzen. Die Pläne gehen ihr demnach nicht aus, Zeit für Urlaub bleibt kaum.
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Respekt für diese mutige Entscheidung, nachahmenswert
für manche Jugendliche.