Künstliche Intelligenz / Wie Nvidia und Luxemburg zusammenarbeiten
Als Luxemburg 2019 und der Technologie-Gigant Nvidia 2019 die Schaffung eines gemeinsamen Forschungslabors für künstliche Intelligenz ankündigten, lobten Politik und Wissenschaftsakteure die Kooperation überschwänglich. Zwei Jahre danach hat das Tageblatt nachgefragt, wie es um das Projekt steht.
Das Unternehmen Nvidia dürfte längst nicht jedem ein Begriff sein. In der Welt der Computerexperten und der Gamer ist es allerdings ein vertrauter Name. Das amerikanische Unternehmen entwickelt Grafikprozessoren, die vor allem Computerspielen Leben einhauchen sollen. In den letzten Jahren hat sich allerdings gezeigt, dass gerade diese Grafikprozessoren sich sehr gut dafür eignen, um sogenannte künstliche Intelligenzen (KI) laufen zu lassen. Nvidia hat diesen Trend erkannt und sich dieses Marktsegment erschlossen. Heute bietet das Unternehmen eigens dafür konzipierte Hardware sowie Software und Schulungen an.
Als die Luxemburger Regierung vor zwei Jahren angekündigte, Luxemburg sei das erste europäische Land, das mit Nvidia eine Partnerschaft in Sachen KI eingeht, klang das durchaus vielversprechend. Die Partnerschaft war die Fortsetzung eines Protokolls, das die Regierung und Nvidia ein halbes Jahr zuvor unterschrieben hatten. Sie sollte die Form eines gemeinsamen Forschungslabors für künstliche Intelligenz annehmen – im französischen Original „laboratoire commun de recherche en IA“. Das Kommuniqué, das die Regierung an die Presse verschickte, kleckerte nicht. Unter anderem kamen darin Premierminister Xavier Bettel, der Rektor der Uni, Stéphane Pallage, und LIST-Direktor Fernand Reinig zu Wort und lobten die Kooperation. „Es wird eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Mitgliedern der luxemburgischen Wissenschaftsgemeinde und Nvidia ermöglichen, einem Unternehmen, das einige der weltbesten Computerwissenschaftler beschäftigt“, hieß es in dem Schreiben von damals.
Nvidia äußerte sich genauso überschwänglich zu der Kooperation. In einem Blogeintrag des Unternehmens heißt es: „Vom Gesundheitswesen über Finanzen und Sicherheit bis hin zur Erforschung des Weltraums – Luxemburgs neues KI-Labor hat ein breites und ehrgeiziges Aufgabengebiet.“ Darin heißt es weiter, die Regierung habe ein „nationales KI-Labor zur Lösung der größten Herausforderungen der Welt“ angekündigt. Seitdem ist es still geworden um die Zusammenarbeit. Wir haben deshalb nachgefragt, wie es um die hochkarätige Zusammenarbeit steht.
Ein Labor im Sinn eines Ortes, an dem Forschende gemeinsam arbeiten, gibt es nicht. Dafür gibt es einen Beirat (Advisory Board), der sich regelmäßig – jeden zweiten Monat, also sechsmal im Jahr, laut Nvidia – trifft. Mit am (virtuellen) Tisch sitzen neben Nvidia eine ganze Reihe von Akteuren aus Luxemburg (siehe Kasten). Zuletzt ist der Betreiber des zukünftigen luxemburgischen Hochleistungsrechners MeluXina – LuxProvide – der Gruppe beigetreten. MeluXina ist Teil eines europäischen Programms, bei dem einige Länder der Union einen Supercomputer erhalten und betreiben. Die Maschine soll voraussichtlich diesen Frühling eingeweiht werden.
Wie Nvidia auf Nachfrage hin mitteilte, hat das Unternehmen sich bislang mit 50 akademischen Forschungsgruppen getroffen. Dabei seien 16 Forschungsprojekte vereinbart wurden, was bislang zu acht wissenschaftlichen Publikationen geführt habe. Daneben informiert das Unternehmen, dass bislang mehr als hundert Forschende in Webinaren und Kursen des „Nvidia Deep Learning Institute“ geschult worden sind. Über diese Plattform bietet Nvidia sehr fortgeschrittene Kurse zum Thema künstliche Intelligenz an. Im Gegenzug habe Nvidia wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Forscher die Hardware und die Software des Unternehmens nutzen. Dies helfe dem Unternehmen dabei, seine Produkte zu verbessern, schreibt Nvidia. Laut einer zuständigen Person aus dem Staatsministerium versuchen die teilnehmenden Organisationen, gemeinsame Probleme auszumachen und dann Forschende zu finden, die an einer Lösung für diese arbeiten können. Als Beispiel nennt er die effizientere Nutzung eines Rechenzentrums.
Danach gefragt, warum Nvidia sich ausgerechnet das Großherzogtum für seine erste Zusammenarbeit dieser Art ausgesucht hat, antwortet das Unternehmen erst generell: „Die Technologie von Nvidia ist zu einem unverzichtbaren Werkzeug für Wissenschaftler und Forscher geworden, die die Leistung von KI und High Performance Computing beschleunigen und einsetzen wollen. Durch die Zusammenarbeit mit Luxemburg können wir die KI-Forschung im Land ankurbeln und die lokalen Wissenschaftler besser unterstützen.“ Dann geht Nvidia spezifisch auf Luxemburg ein: „Das Großherzogtum ist ein außergewöhnlich gut vernetztes Land, sowohl in Bezug auf die IT- und Rechenzentrums-Infrastruktur als auch durch seine einzigartige geografische Lage im Herzen von Europa. Mit dem neuen Supercomputing-Standort MeluXina in Bissen wird Luxemburg eine wichtige Rolle im Bereich KI und Supercomputing spielen. Das System wird mit grüner Energie aus Holzabfällen betrieben werden und fast 500 Petaflops an KI-Leistung bieten.“
Mittlerweile beteiligt sich Nvidia auch an der KI-Forschung in anderen europäischen Ländern: „In Europa haben wir zwei weitere Kooperationen gegründet. Wir haben ein Nvidia AI Technology Center Italy als gemeinsame Anstrengung von Nvidia und dem italienischen nationalen Konsortium für Informatik (CINI) eröffnet. In Finnland wurde ein ähnliches Zentrum in Partnerschaft mit dem Finnischen Zentrum für Künstliche Intelligenz (FCAI) und dem finnischen IT-Zentrum für Wissenschaft (CSC) eingerichtet.“
Laut der Pressemitteilung aus dem Januar 2019 sollten auch Unternehmen und Start-ups von der Kooperation profitieren. Danach gefragt, ob dies derzeit der Fall ist, antwortet Nvidia: „Start-ups in Luxemburg können sich für die Teilnahme an Nvidias Inception-AI-Start-up-Inkubator bewerben. Das Kompetenzzentrum der Universität Luxemburg organisiert auch Deep-Learning-Workshops für ein Industriepublikum.“ Bei Nvidias Inception-AI-Start-up-Inkubator handelt es sich um ein Förderprogramm für junge Unternehmen.
Unter künstlicher Intelligenz versteht man im weitesten Sinne Computerprogramme, die relativ selbstständig Probleme, für die sie geschaffen worden sind, lösen können. Ein typisches Anwendungsfeld im Alltag ist die Übersetzung von Texten. Geforscht wird u.a. auch an KIs, die helfen können, bestimmte Krankheiten zu erkennen und so ärztliche Diagnosen unterstützen. Die Theorie dahinter ist nicht neu, allerdings haben erst die Fortschritte in der Computertechnologe in den letzten Jahren die notwendige Rechenleistung hervorgebracht.
Mitglieder des Advisory Board
Nvidia (Hightech-Unternehmen)
Digital Luxembourg (staatliche Initiative zur Förderung digitaler Technologie)
LIST (öffentliches naturwissenschaftliches Forschungsinstitut)
SnT (naturwissenschaftliche Forschungseinrichtung der Universität)
Uni.lu/HPC Team (Abteilung um die Hochleistungsrechner der Universität)
C2DH (Zentrum für zeitgenössische und digitale Geschichte an der Universität)
LuxProvide (Betreiber des zukünftigen luxemburgischen Superrechners MeluXina)
LCSB (Zentrum für Systembiomedizin an der Universität)
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos