Gerichtsprozess / Wie RTL Télé Lëtzebuerg ein Interview mit Enrico Lunghi verarbeitet und gesendet hat
Zweiter Prozesstag, am 17. Oktober, rund um ein RTL-Interview aus dem Jahr 2016. Der ehemalige Mudam-Direktor Enrico Lunghi wurde damals von einer RTL-Mitarbeiterin zu einer Luxemburger Künstlerin, die sich vom Mudam benachteiligt fühlte, befragt. Im gesendeten Zusammenschnitt wirkt Lunghi gereizt, besonders als er das RTL-Mikrofon zur Seite drückt, weil ihm eine Frage offensichtlich nicht behagt.
Enrico Lunghi, ehemaliger Mudam-Direktor, zeigt in dem RTL-Interview ein etwas gereiztes Verhalten. Dieses Benehmen bringt ihm ein Disziplinarverfahren ein. Er wird verwarnt. Doch der Museumsdirektor nimmt’s persönlich und kündigt seinen Job. Kurz darauf reicht er Klage gegen Unbekannt ein. Er möchte seinen guten Ruf wiederherstellen.
Seit Montag wird am Bezirksgericht Luxemburg versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Denn in der Tat ist der gesendete Beitrag nur die eine Seite der Medaille. Die viel längere Rohfassung des Interviews zeigt ein anderes Bild. Wohl bleibt die Szene mit dem unwirsch scheinenden Mikrofon-Wegdrücken. Doch sie erscheint in einem ganz anderen Kontext. Lunghi und die Freelance-Journalistin streiten nach dem Zwischenfall nicht, gehen auch nicht ihrer Wege, sondern führen während sechs Minuten das Interview in aller Ruhe fort. Am Ende bemüht Lunghi sich sogar, sein Benehmen zu entschuldigen.
Handgreiflichkeit im Fokus
Beim Prozess geht es vor allem um die Frage, wer entschieden hat, die Handgreiflichkeit Lunghis in einer Fernsehreportage in den Fokus zu rücken. Sowohl Alain Rousseau, damals RTL-Télé-Chefredakteur, und Caroline Mart, immer noch beigeordnete Chefredakteurin, sind in ihren Zeugenaussagen deutlich. Dass die aus dem Kontext gerissene Szene mit Enrico Lunghi gezeigt wurde, sei nicht von ihnen entschieden worden. Auch nicht vom Programmchef Steve Schmit. Als Drahtzieher hinter dem Ganzen nennen sie den damaligen RTL-Chef Alain Berwick. Mart und Rousseau erwähnen in ihren Aussagen auch ein Treffen mit Berwick, bei dem dieser sehr wütend wegen der Nichtausstrahlung der betreffenden Szene in einer ersten Reportage war und gar gedroht habe, sie beide zu entlassen. Letzteres nennt der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine merkwürdige Reaktion eines Chefs im Rahmen einer Meinungsverschiedenheit.
Am zweiten Prozesstag schildert Marc Thoma, damals zuständig für die Sendung „Den Nol op de Kapp“, in der die Reportagen gesendet wurden, seine Sicht der Dinge. Philosophie der Sendung sei es gewesen, den Schwachen eine Stimme gegenüber den Mächtigen zu geben. So kann man seine Aussage deuten. In diesem Fall sei es eben eine Künstlerin gewesen, die sich vom Museum für moderne Kunst (Mudam) und dessen Direktor Lunghi gemobbt gefühlt habe. Das habe man zeigen wollen. Natürlich in einer fernsehtauglichen Form, kurz und, ja, so kann man das verstehen, knackig. Der Zusammenschnitt sei deshalb keine Verzerrung der Realität, so Thoma. Auf die Frage des Richters, warum die letzten sechs Minuten des Interviews fehlen und damit ein sehr wesentlicher Teil des Kontextes, weiß Thoma nicht recht was sagen. Eine Absicht, dem Mudam-Direktor willentlich zu schaden, habe jedenfalls nicht bestanden.
Unmut über Entscheidungen
Ja, er sei gegen die Ausstrahlung der betreffenden Szene gewesen, sie habe nicht den deontologischen Prinzipien des Senders entsprochen, sagt RTL-Programmchef Steve Schmit am Dienstag im Zeugenstand. Thoma habe die Entscheidung auch irgendwie akzeptiert, nicht so die Freelance-Journalistin Schram. Sie habe das sehr persönlich genommen und sich furchtbar aufgeregt. Dass eine Reportage mit Lunghis Tätlichkeit vorbereitet und gesendet wurde, davon sei er nicht in Kenntnis gesetzt worden. Er wie einige andere hätten sich durch diese Entscheidung übergangen gefühlt. Auch Schmits Aussagen lassen eigentlich nur auf den obersten Chef des Senders, Alain Berwick, schließen. Als das Rohmaterial dann für jeden sichtbar war, habe es bei vielen ein Unbehagen gegeben darüber, wie die Entscheidungen im Kontext Lunghi-Interview getroffen wurden.
Der Prozess wird am 18. Oktober fortgesetzt.
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