EU-Kommission / Wie unabhängig sind die Gerichte? Justizbarometer soll Aufschluss geben
Die EU-Kommission hat gestern ihren sogenannten Justizbarometer veröffentlich, der sich mit der Unabhängigkeit der Justiz in den EU-Mitgliedstaaten befasst. Demnach bezeichnet im EU-Durchschnitt eine Mehrheit der Befragten ihr Justizsystem als unabhängig.
Sie ist einer der drei Pfeiler einer rechtsstaatlich verfassten Demokratie: die Justiz. Eine Demokratie kann daher auch am guten Funktionieren des Justizsystems bewertet werden. Ein Faktor dabei wiederum ist die Unabhängigkeit der rechtsprechenden Organe von äußeren Einflüssen. In autoritär oder gar diktatorisch geführten Staaten, wie etwa Russland oder Belarus, ist die Justiz nichts weiter als der verlängerte Arm des Regimes. Das Justizwesen dient in solchen Ländern mehr als weiteres Instrument der Repression und nicht als ein unparteiisches Organ zur Rechtsprechung, das ein möglichst gerechtes und geordnetes Zusammenleben in der Gesellschaft unterstützen soll.
Die Unabhängigkeit der Gerichte und Richter wird im EU-weiten Durchschnitt mehrheitlich als gut bewertet: 11 Prozent der Befragten gaben an, sie sei sehr gut, 41 Prozent meinten, sie sei ziemlich gut. 24 Prozent hingegen bewerteten ihr Justizsystem ziemlich schlecht, 13 Prozent sehr schlecht. 11 Prozent gaben dazu keine Antwort. Deutlich besser sieht es in Luxemburg aus: 16 Prozent bewerten die Unabhängigkeit der hiesigen Justiz als sehr gut, 61 Prozent als ziemlich gut. Lediglich acht Prozent der meinten, sie sei ziemlich schlecht, zwei Prozent finden sie sehr schlecht und 14 Prozent gaben keine Antwort. Für das Justizbarometer wurden Befragungen der Öffentlichkeit sowie von Unternehmen in der EU ausgewertet.
Woran aber machen die Befragten die Unabhängigkeit ihres Justizwesens fest? Im EU-weiten Durchschnitt geben 59 Prozent der Befragten an, dass es keine Einmischung ihrer Regierung oder aus der Politik auf die Arbeit der Justiz gibt. 36 Prozent hingegen meinen, dass es dennoch eine derartige Beeinflussung gibt. In Luxemburg gehen nur 54 Prozent der Teilnehmer an den Umfragen davon aus, dass die Politik sich nicht in das Gerichtswesen einmischt, Immerhin 42 Prozent der Befragten in Luxemburg jedoch behaupten, dass es eine solche Einmischung gibt.
60 Prozent der Befragten sind im EU-Durchschnitt der Ansicht, dass es auch keine Beeinflussung aus der Wirtschaft oder von anderen Interessengruppen auf die Unabhängigkeit ihrer Gerichte gibt. In Luxemburg liegt dieser Wert bei 61 Prozent. Im EU-Durchschnitt sind 34 Prozent jedoch vom Gegenteil überzeugt. In Luxemburg meinen dies 28 Prozent.
Stand der Richter ausschlaggebend
Die Unabhängigkeit ihrer Gerichte führen die EU-Bürger im Durchschnitt zu 77 Prozent auf die Position und den Status ihrer Richter zurück; 18 Prozent sehen das nicht so. In Luxemburg sind 75 Prozent der Befragten der Ansicht, dass der Stand der Richterschaft zu deren Unabhängigkeit beiträgt, während 18 Prozent das nicht so sehen.
Die meisten der Befragten, die der Meinung sind, dass die Unabhängigkeit der Justiz in ihrem Land nicht garantiert ist, führen das auf die Einmischung von Regierungen und Politikern zurück. Sowohl in Luxemburg als auch im EU-Durchschnitt liegt der entsprechende Wert ziemlich hoch, zwischen 68 und 75 Prozent. Etwas weniger wird der Einfluss der Wirtschaft und anderer Interessensgruppen dafür verantwortlich gemacht, dass die heimische Justiz nicht unabhängig ist.
Einschränkend muss allerdings gesagt sein, dass die allermeisten Befragten in der EU – und damit wohl auch der weitaus größte Teil der EU-Bevölkerung – in den beiden vergangenen Jahren in keine Gerichtsverfahren verwickelt waren. Sowohl im EU-Durchschnitt als auch in Luxemburg gaben die Befragten zu 93 Prozent an, während des genannten Zeitraums keine Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen zu haben, für jeweils nur sieben Prozent traf das nicht zu.
Übrigens wollen die allermeisten Menschen persönlich vor Gericht erscheinen, wenn sie eine Vorladung dazu erhalten oder in einen Justizstreit geraten sollten. Nur die wenigsten können sich vorstellen, per Videokonferenz an einer Gerichtsverhandlung teilzunehmen, von der sie betroffen sind. (gk)
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