Alle Augen auf Europa / Wie wir uns aus den Corona-Maßnahmen herausschälen – Beispiele aus zehn Ländern
In den meisten Staaten Europas herrscht seit rund vier Wochen Stillstand. Die Menschen müssen zu Hause bleiben, die Wirtschaft ist abgewürgt. Nun gibt es die ersten Versuche, die in der Corona-Krise getroffenen Maßnahmen zur besseren Kontrolle der Pandemie zu lockern. Zehn Beispiele aus EU-Europa.
Frankreich musste bislang fast 15.000 Covid-19-Todesfälle verzeichnen. Am Montagabend kündigte Präsident Emmanuel Macron die Verlängerung der Maßnahmen, einschließlich der strengen Ausgehregeln, bis zum 11. Mai an. Anschließend sollen Krippen, Kindergärten und Schulen nach und nach öffnen. Universitäten müssen weiterhin auf Onlinekurse zurückgreifen. Cafés, Restaurants und Kinos bleiben geschlossen. Der genaue Plan, wie Frankreich aus dem Lockdown geführt wird, soll in zwei Wochen vorliegen.
Deutschland geht in der Corona-Krise einen ersten vorsichtigen Lockerungsschritt. Bund und Länder verständigten sich am Mittwoch darauf, dass etwa Einzelhandelsgeschäfte bis zu 800 Quadratmeter Verkaufsfläche unter strengen Hygieneauflagen wieder ab kommender Woche öffnen können. Die Schulen sollen ab dem 4. Mai für die jeweiligen Abschlussklassen geöffnet werden können. Die Kontakt- und Reisebeschränkungen sollen aber bis zum 3. Mai aufrecht erhalten werden, wird in dem gemeinsamen Beschluss betont.
In Belgien hat das für die Corona-Krise zusammengestellte Expertengremium am Dienstag sein Strategiepapier für eine Lockerung der Maßnahmen der Regierung um Premierministerin Sophie Wilmès vorgelegt. Nach der Zusammenkunft des Nationalen Sicherheitsrats am Mittwoch wurde eine Verlängerung der allermeisten Maßnahmen bis zum 3. Mai verkündet. Die Belgier dürfen ab kommendem Wochenende allerdings wieder in die Recyclingcenter oder in den Baumarkt. Belgien ist schwer von der Pandemie getroffen und verzeichnete zuletzt um die 300 Todesopfer pro Tag.
Die Niederlande haben sich für einen Mittelweg entschieden zwischen europäischen Lockdown-Vorbildern und dem schwedischen Streben nach einer schnellen Herdenimmunität. So sind Schulen geschlossen, Bars und Coffeeshops ebenso. Auch Friseure und Schönheitsinstitute mussten wegen des direkten Körperkontakts zusperren. Die meisten anderen Geschäfte aber blieben offen. Den Menschen wurde geraten, daheim zu bleiben, es wurde ihnen aber nicht aufgezwungen. Die aktuell geltenden Maßnahmen sind vorerst bis zum 28. April in Kraft.
Die Republik Irland will frühestens am 5. Mai erste Lockerungen einführen. Seit Mitte März sind Schulen geschlossen und es gelten strenge Ausgangsregeln. Sogar die Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag Saint Patrick’s Day am 17. März mussten abgesagt werden. Über 70-Jährige sollen, sofern es möglich ist, ihr Daheim gar nicht mehr verlassen. Die allermeisten Geschäfte bleiben geschlossen und man darf sich (bis auf wenige Ausnahmen) nicht mehr als zwei Kilometer von seinem Wohnort entfernen. Die irische Regierung hat angekündigt, sich die Lockerungen in anderen EU-Staaten genau anzuschauen und gegebenenfalls deren Beispielen zu folgen.
In Österreich haben seit Montag Baumärkte wieder geöffnet. Ebenso alle anderen Geschäfte mit einer Gesamtfläche von unter 400 Quadratmetern. Aber es gelten strenge Regeln. Alle müssen einen Mund-und-Nasen-Schutz tragen und es darf nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter das Geschäft betreten. Der Ansturm auf die Baumärkte am Dienstag war riesig. Österreichs Regierung betont jedoch, der Ausstieg aus den Maßnahmen werde der Bevölkerung noch viel Geduld abverlangen. Viel Gewicht wird in der Alpenrepublik auf Tests sowie auf eine App gelegt, die Kontakte zurückverfolgen und die Infektionsketten so unterbrechen soll. Aus Regierungskreisen ging bereits eine Empfehlung heraus, diesen Sommer Urlaub im eigenen Land zu machen.
In Dänemark sind seit diesem Mittwoch sowohl Tagesstätten wie Grundschulen wieder offen. Es ist das erste Land Europas, das diesen Schritt geht. Zusammenkünfte von mehr als zehn Personen bleiben in Dänemark weiterhin untersagt, Cafés, Restaurants und die allermeisten Geschäfte bleiben geschlossen.
In Spanien sind die strikten Ausgehbeschränkungen am Montag etwas gelockert worden. Seit zwei Wochen durften nur jene in unverzichtbaren Bereichen zur Arbeit, seit Montag aber sollen vor allem Fabrik- und Bauarbeiter wieder antreten. Wer aber von daheim arbeiten kann, soll das weiterhin tun. Die strenge Ausgehsperre, die seit Mitte März gilt, bleibt von dieser Lockerung abgesehen mindestens bis zum 25. April bestehen.
In Italien dürfen seit Dienstag verschiedene Geschäfte wieder öffnen. Dazu gehören Waschsalons und -automaten, Geschäfte für Kinderkleidung, Schreibwaren- und Buchläden. Doch jede Region kann selber verfügen, wann auch diese Geschäfte wieder aufsperren dürfen. Auch verschiedene Industriezweige haben seit Dienstag wieder den Betrieb aufgenommen. Die strengen Maßnahmen dürften ansonsten mindestens bis zum 4. Mai bestehen bleiben.
Obwohl Schweden nicht weniger Probleme mit Covid-19 hat, blieb bislang fast alles geöffnet: Geschäfte aller Art sowie Einkaufszentren, Cafés, Bars, Fitnessstudios, kleinere Clubs, Büros, Kindergärten, Schulen bis zur neunten Klasse und sogar einige Kinos. Selbst Ansammlungen von 500 und dann 50 Leuten blieben erlaubt. Die kritischen Stimmen aus dem Ausland und auch aus Schweden selber bleiben derweil zahlreich.
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