Justizreform / Wieder ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen
Die Europäische Kommission hat gestern ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen im Rahmen der von der PiS-Regierung durchgeführten Justizreformen eingeleitet. Brüssel sieht durch ein bereits in Kraft getretenes neues Gesetz die Unabhängigkeit polnischer Richter beeinträchtigt.
Trotz vorher bekundeter Bedenken durch die EU-Kommission hat das polnische Parlament am 20. Dezember vergangenen Jahres ein neues umstrittenes Gesetz verabschiedet, das umgehend vom Präsidenten Andrzej Duda unterschrieben wurde und am 14. Februar in Kraft trat. Die EU-Kommission hat gleich mehrere Punkte ausgemacht, die offenbar die Einleitung eines neuerlichen Verfahrens rechtfertigen. Mit dem neuen Gesetz, das auch schon als „Maulkorb-Gesetz“ bezeichnet wird, riskieren Richter offensichtlich bestraft zu werden, wenn sie Kritik an den bisherigen Justizreformen üben. Die Kommission beanstandet unter anderem auch, dass polnische Gerichte mit dem neuen Gesetz zum Teil daran gehindert werden, EU-Recht anzuwenden und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabentscheidungen zu ersuchen, wie die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, gestern in Brüssel erklärte. Über Vorabentscheidungen können nationale Gerichte beim EuGH die Auslegung von Rechtsfällen im Lichte des EU-Rechts klären lassen, bevor sie selbst ein Urteil fällen. „Das neue Justizgesetz unterminiert die Unabhängigkeit der polnischen Richter und ist inkompatibel mit dem Vorrang des EU-Rechts“, fasste Vera Jourova zusammen. Die der polnischen Regierung zudem vorwirft, mit ihrer jüngsten Reform „eine politische Kontrolle über den Inhalt von Gerichtsentscheidungen“ einführen zu wollen. Die Vizepräsidentin meinte, die Kommission verfüge über „starke juristische Gründe“, um ein neues Verfahren einzuleiten.
Es ist mittlerweile das vierte Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission gegen die im Dezember 2015 an die Macht gekommene rechtsnationale PiS-Regierung und ihre Justizreformen einleitet. Zwei Verfahren wurden 2017 und 2018 eingeleitet, da Richter verschiedener Gerichte in Polen per Gesetz frühzeitig in Pension geschickt werden sollten. Die Kommission sah dadurch die Unabhängigkeit der Richter gefährdet und reichte Klage beim EuGH ein. In beiden Fällen bestätigten die Richter in Luxemburg den Standpunkt Brüssels. In einem dritten Verfahren, in dem es ebenfalls um die Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der polnischen Richter geht, musste Warschau bereits auf Anordnung des EuGH die Anwendung eines Gesetzes aussetzen. Das noch zu fällende Urteil der EuGH-Richter dürfte aber auch hier wieder zugunsten der klagenden EU-Kommission ausfallen.
Bei Reformen EU-Verträge einhalten
Die PiS-Regierung hat von Beginn an versucht, sich über Reformen die Justiz des Landes hörig zu machen. Ihrer Darstellung zufolge geht es hingegen darum, alte Hinterlassenschaften aus der Zeit des Kommunismus im Justizsystem beseitigen zu wollen. „Die Mitgliedstaaten können ihr Justizwesen reformieren. Doch sie müssen die EU-Verträge einhalten“, stellte Vera Jourova gestern klar und meinte, es dürfte für niemanden eine Überraschung sein, dass die Kommission ein weiteres Verfahren gegen die Regierung in Warschau einleitet. Immerhin habe sie in einem Schreiben an die polnische Regierung im Dezember sowie bei einem Treffen mit dem polnischen Justizminister im Januar auf die Bedenken Brüssels aufmerksam gemacht. Jourova zeigte sich dennoch bereit, weiterhin mit den polnischen Behörden „im Geiste einer guten Kooperation, einen fairen und offenen Dialog zu führen“.
Die polnische Regierung hat nun zwei Monate Zeit, auf die Einleitung des Verfahrens zu reagieren, das die Kommission mit einer neuerlichen Klage vor dem EuGH weiterführen kann. Dort zog die PiS-Regierung allerdings bislang immer den Kürzeren.
- 25. Treffen der Ramstein-Gruppe – doch die Ukraine bleibt militärisch unterversorgt - 10. Januar 2025.
- Kotau vor Trump: Meta-Chef Zuckerberg entfesselt seine sozialen Medien - 9. Januar 2025.
- Nach dem Geschacher um neue EU-Kommissare herrscht Unzufriedenheit - 21. November 2024.
Wir haben schöne Probleme mit Verheugens beschleunigter „Osterweiterung“. Ungarn,Rumänien,Polen…. Alles übers Knie gebrochen. Aber fragt man sich: Qui bono? ,dann kommt man schnell zum Schluß….Niedriglöhne für Unternehmen.Oder anders herum: Lohndumping für westliche Eu-Gehaltsempfänger.Beispiel LKW-Fahrer. Ein Rumäne fährt für einen Hungerlohn und zwar doppel solange.Das gilt für alle Berufsbranchen,billige Zahnkronen inklusive. Nach 70 Jahren Sowjetunion kann man nicht verlangen,dass Politiker aufrecht und ehrlich sind.Oder doch?