Editorial / Wieso die Durchführung von Olympia erstrebenswert ist
Die angekündigten Lockerungen der Corona-Maßnahmen in Luxemburg sorgen zum Teil für Unverständnis, jedenfalls wenn man einen Blick in die sozialen Medien wirft. Dabei ist es wohl eher das ständige Hin und Her, was einige verunsichert, als die Maßnahmen an sich. Dass die Regierung aber für die Bereiche Kultur und Sport eine Öffnung vorsieht, ist definitiv begrüßenswert.
Es darf eben nicht nur das Infektionsgeschehen in einer monatelang andauernden Pandemie berücksichtigt werden. Kultur und Sport sind für sehr viele Menschen existenzielle Bereiche, die große Auswirkungen auf die physische wie mentale Gesundheit haben. Wohlgemerkt nicht für jeden, aber eben doch für sehr viele. War die radikale Schließung von Sport und Kultur im Frühjahr noch nachvollziehbar, so stellte sich im Laufe der Pandemie heraus, dass sowohl der Sport als auch die Kulturveranstaltungen mit einigen Vorkehrungen und ohne zu großes Infektionsrisiko möglich sind. Ebenso hat sich gezeigt, dass der Stellenwert dieser beiden Bereiche durchaus noch ausbaufähig ist.
International sieht es etwas anders aus, zumindest was den Profisport betrifft, was aber nicht zuletzt am finanziellen Umsatz liegt. Wenn der Profisport zuallererst ein Geschäft ist, so erfüllt er, genau wie Konzerte, Theateraufführungen oder andere kulturelle Ereignisse, noch andere wichtige Funktionen. Er ist Ablenkung und Motivationsquelle, sorgt für Glücksmomente und stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Aus diesem Grund ist es gerade jetzt erstrebenswert, die größte Sportveranstaltung der Welt, die Olympischen Sommerspiele, durchzuführen. Den Veranstaltern, dem Internationalen Olympischen Komitee und der japanischen Hauptstadt Tokio, geht es beim Festhalten an dem Mega-Event vorrangig um wirtschaftliche Interessen, der Einfluss der Spiele könnte aber noch ein ganz anderer sein. Sportsoziologe Gunter Gebauer formulierte es in einem dpa-Interview folgendermaßen: „Das sind enorm wichtige Manifestationen des Menschseins in einem Kontext großer Gefährdung.“
Natürlich dürfen die Spiele nicht zum „Superspreader“ werden und können nur mit strikten sanitären Regeln ablaufen. Dass der Sport das hinbekommen kann, hat er in den vergangenen Monaten unter Beweis gestellt. Ganz gleich, ob bei Fußball- oder Handballspielen, bei Radrennen oder Leichtathletik-Meetings: Der Sport hat gezeigt, dass er auch in Pandemie-Zeiten ausgetragen werden kann. Wenn sich tausende Athleten und Athletinnen aus aller Herren Länder friedlich miteinander messen können, hätte das im Jahr 2021 eine ganz besondere Bedeutung. Die Olympischen Spiele könnten zum Symbol der Hoffnung auf die Rückkehr der Normalität werden und, um es mit den Worten Gebauers zu sagen: Olympia wäre eine dieser Manifestationen, die zeigen, dass die Menschen nicht nur Opfer von Corona sind, sondern auch von sich aus Großes leisten können.
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Ist doch bloß Business, das kann weg.
In Zeiten von Corona, weltweit, gibt es absolute keine Rechtfertigung für Olympia. Übrigens tragen sich die Japaner bereits mit dem Gedanken ab, Olympia nicht stattfinden zu lassen. Die Durchführung der olympischen Spiele ist demnach alles andere als erstrebenswert. Covid kann tödlich sein, nicht nur für die Wirtschaft, auch und vor allem für die Menschen.