Editorial / Wieso es beim Thema Schulsport seit Jahren so wenig Bewegung gibt
Die Öffnung der Schulen nach dem Corona-bedingten Lockdown war eine logistische Herausforderung. Dass ein Fach wie Sport dabei nicht berücksichtigt wurde, mag auf den ersten Blick nicht verwunderlich sein. Wenn man sich allerdings mal über die Grenzen hinaus umschaut, sieht man, dass es durchaus auch Alternativen für einen Sportunterricht unter Berücksichtigung der Hygienemaßnahmen gab. Der Ausfall des Sportunterrichts ist sicherlich bedauerlich, doch vor allem das Zustandekommen dieses Ausfalls verrät so einiges über den Stellenwert des Schulsports in Luxemburg. Die Entscheidung gegen den Sportunterricht hat das Gesundheitsministerium getroffen. Mit Sportlehrern wurde sich nicht beraten. Die werden nun in den meisten Schulen dafür eingesetzt, „Surveillance“ zu halten. Immerhin wurde so dem Personalmangel entgegengewirkt.
Sport wird immer noch nicht als vollwertiges Schulfach wahrgenommen. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen sportliche Aktivität zum Schulalltag gehört, müssen sich Schüler in Luxemburg mit teilweise einer Stunde pro Woche begnügen. Die Diskussionen über zusätzliche Sportstunden kontert Bildungsminister Claude Meisch seit Jahren mit dem Konzept der „Bewegten Schule“, was nichts weiter ist als der berühmte Vergleich zwischen Äpfel und Birnen. So begrüßenswert die „Bewegte Schule“ auch ist, sie ist in keiner Weise ein Ersatz für Sportunterricht. Bei jenem Konzept geht es darum, ein paar Bewegungsübungen in den Unterricht einzubauen, die sowohl die Konzentration als auch das Lernvermögen steigern sollen. Beim Sportunterricht geht es darum, einen gesunden Lebensstil mit ausreichend körperlicher Betätigung kennen und schätzen zu lernen.
Dass sich Sport positiv auf Körper und Geist auswirkt, ist hinreichend belegt, ebenso wie die Tatsache, dass Sport gegen Zivilisationskrankheiten schützt. Sogar während der aktuellen Pandemie raten Ärzte zu regelmäßigem Sport. Durch den Ausfall des Sportunterrichts in der Schule werden einige Kinder nun aber für rund ein halbes Jahr quasi ohne körperliche Aktivität auskommen müssen. Denn noch lange nicht jeder bekommt zu Hause die Lust an der Bewegung vermittelt.
So bewegungslos die momentane Zeit für einige Schüler ist, so bewegungslos zeigt sich die Politik bereits seit Jahren beim Thema Schulsport. Rein politisch gesehen ist es auch alles andere als ein attraktives Thema. Wer wählt einen schon dafür, dass man den Sportunterricht reformiert hat? Zum einen interessiert es nur die wenigsten und zum anderen wären die Konsequenzen einer Förderung des Schulsports erst Jahrzehnte später zu erkennen. Und wer würde den Rückgang von Zivilisationskrankheiten oder der Ausgaben der Gesundheitskasse dann noch mit dem verbesserten Sportunterricht in den Schulen in Zusammenhang bringen?
- Wie der Ochse vorm Weinberg: Die Tageblatt-Redaktion versucht sich als Winzer - 20. November 2024.
- Auf der Suche nach besseren Zeiten - 9. November 2024.
- Wie die Lokaljournalisten Kayla und Micah gegen die Polarisierung ankämpfen - 3. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos