Logement / „Will einfach nur eine bezahlbare Wohnung“: Frau aus Grevenmacher erklärt Beweggründe für ihren Hungerstreik
Mit einer Protestaktion macht Astgik Manukyan aus Grevenmacher seit zwei Tagen auf ihre Wohnverhältnisse aufmerksam. Der Besuch bei der Mieterin zu Hause zeigt die desolaten Umstände, in denen die Frau und zwei ihrer Kinder seit sieben Jahren tagtäglich leben – und gibt einen Einblick, was in Luxemburg für viele Menschen auf dem Wohnungsmarkt schief läuft.
Ein Wochentag in Grevenmacher. Neun Grad sind es in der Stadt an der Mosel, als die Kirchturmuhr 13 Uhr schlägt. Viel wärmer ist es in dem im Ortskern gelegenen Mietshaus von Astgik Manukyan nicht. Das Thermometer auf der Fensterbank im Inneren des alten Gebäudes steigt nicht über elf Grad hinaus. „Den Ofen habe ich heute nicht angeheizt, da wir nicht zu Hause sind“, erklärt Astgik Manukyan. Heizkörper gibt es in ihren vier Wänden nicht. Die in dunkle Kleidung eingemummelte Frau wird den Großteil dieses Tages vor dem Rathaus in Grevenmacher verbringen – für einen Hungerstreik, wie die 54-Jährige ihren stillen Protest nennt.
Sie will laut eigener Aussage gesehen und gehört werden, um so auf die katastrophalen Verhältnisse aufmerksam zu machen, in denen sie seit sieben Jahren lebt. Warum sie das macht, erscheint nachvollziehbar, wenn man nur kurze Zeit in ihrem Heim verbringt, das sie mit ihrem 14-jährigen Sohn und der 25-jährigen Tochter teilt: In dem ganzen Haus ist es feucht, Schimmel kann man überall sehen und riechen. Sogar in den Stuhlkissen am Küchentisch hat sich die Kälte festgebissen. Weil Astgik Manukyan nicht von anderen als „asoziale Person“ abgestempelt werden will, empfängt sie kaum Gäste – obwohl sie sich offensichtlich Mühe gibt, alles in bester Ordnung zu halten.
Selbst in einem dem Tageblatt vorliegenden Schreiben von der Gesundheitsbehörde von 2018 steht geschrieben, dass das ehemalige Bauernhaus sich in einem von den Mietern sauber und gepflegt gehaltenen Zustand befindet, es sich jedoch aus mehreren Gründen – fehlende Heizungen, undichte Haustür, hohe Feuchtigkeit – nicht zum Wohnen eignet. Hinzu kommen die prekären elektrischen Installationen. Als ein Mitarbeiter eines Strombetreibers in Luxemburg sich darum kümmern sollte, war er angesichts der freiliegenden Kabel entsetzt.
Lebensgefährliche Elektrik
„Das fasse ich nicht an“, soll der Mann laut Astgik Manukyan gesagt haben. Eine lebensgefährliche Situation, wie die Frau erzählt, während sie auf einen schwarzen Rußfleck an der Wand zeigt: „Einmal gab es einen kleinen Kabelbrand. Mein Sohn hat es rechtzeitig gemerkt und konnte die Flammen löschen.“ Es ist vor allem die Sorge um den von Allergien geplagten Jungen, die die liebevoll wirkende Mutter nun zu der Protestaktion vor dem Rathaus bewegt hat. Sie erklärt: „Wir leben doch in einem sozialen Land, wie steht es da um die Kinderrechte? Ich will doch nur ein gemütliches Zuhause für meinen Sohn.“
Ihrer Vermieterin – einer ältere Dame mit gesundheitlichen Problemen – macht Astgik Manukyan keine Vorwürfe. Denn als die Familie für eine Miete von etwa 500 bis 600 Euro einschließlich Nebenkosten das Haus vor sieben Jahren bezog, war sich Manukyan des schlechten Zustands bewusst. Nach einer Trennung sollte der Einzug nur eine vorübergehende Lösung sein, bis sie eine Sozialwohnung finden würde – was bis heute nicht passiert ist. Im Januar 2016 hat die 54-Jährige sich laut eigener Information bei der „Société nationale des habitations à bon marché“ (SNHBM) in die Liste für eine solche Wohnung eingetragen.
Andere seien vor ihr dran, lautete immer wieder die Erklärung, wenn die hartnäckige Frau nachfragte. Eine Anfrage vom Tageblatt bei der Gesellschaft für bezahlbaren Wohnraum zu den aktuellen Wartezeiten blieb zwischen den Jahren unbeantwortet. Enttäuscht ist Astgik Manukyan darüber, dass für ihre Familie kein Platz in den kürzlich entstandenen Einheiten von SNHBM in Grevenmacher war. Die wären ideal gewesen. „Die Kinder wollen ja auch hier bei ihren Freunden bleiben“, stellt die von der Situation gestresste Frau fest. Alleine gelassen fühle sie sich: „An meine Not wird nicht wirklich geglaubt. Dabei will ich einfach nur eine bezahlbare Wohnung.“
Erfolglose Suche
Auch die Suche auf dem Privatmarkt war bisher erfolglos. Als Alleinerziehende konnte sie bei Besichtigungen nur ein Einkommen vorzeigen – Vermieter würden sich dann lieber für andere entscheiden. Dabei sei sie zuverlässig und würde stets pünktlich zahlen, sagt Astgik Manukyan. Obwohl sie rund 1.300 Euro für eine Monatsmiete hätte ausgeben können, hat sie keine Wohnung gefunden. Und die Situation hat sich verschlechtert, denn: Die 54-Jährige ist aktuell arbeitslos, hat ihre Stelle als Haushaltshilfe gekündigt. Aus gesundheitlichen Gründen, wie sie erzählt. „Drei oder vier Monate lang lag ich im Bett und habe nur geschlafen.“ Damit sie sich besser fühlt, nimmt sie jetzt Medikamente.
Ihre Schilderungen zeigen, wie sehr anhaltende Feuchtigkeit und Kälte der Familie zusetzen. Die Mutter hat keine Lust mehr auf alltägliche Arbeiten wie Bügeln, der Sohn kann sich nicht auf seine Hausaufgaben konzentrieren. Abends liegen alle lange unter ihren elektrischen Heizdecken wach. „Ich brauche zwei Stunden, um im Bett erstmal warmzuwerden. Man kann doch nicht einschlafen, wenn einem so kalt ist“, erzählt die verzweifelte Mutter. Sie kann sich so auch nicht vorstellen, wieder eine Stelle als Busfahrerin anzunehmen – sie hat in ihrem Leben mehrere Berufe ausgeübt und eine Lehramtsausbildung absolviert – und um vier Uhr in der Nacht aufzustehen.
Reaktion der Gemeinde
Die Gemeinde hat die Besitzerin des Mietshauses bereits mehrmals schriftlich dazu aufgefordert, das Gebäude instand zu setzen – wie der Schöffenrat von Grevenmacher am Donnerstag in einer Mitteilung an die Presse schrieb. Mieterin Astgik Manukyan bestätigte dies im Gespräch mit dem Tageblatt, unterstrich aber, dass die Besitzerin der Immobilie keine Schuld treffe, da diese ihr in einer schwierigen Situation mit einer Möglichkeit zum Wohnen unter die Arme gegriffen habe. Die Gemeinde erklärt weiter, dass sie Astgik Manukyan 2020 ein Dach über dem Kopf in Grevenmacher angeboten habe. Auch das wurde im Interview mit der Mieterin thematisiert. „Diese Unterkunft hatte zwar eine Heizung, war ansonsten aber schlimmer als meine. Außerdem wäre auch das wieder nur eine vorübergehende Lösung gewesen“, so ihre Antwort. Wie Bürgermeister Léon Gloden (CSV) mitteilt, war die Gemeinde zudem mehrmals mit einem öffentlichen Bauträger in Kontakt, bei dem die Dame einen Antrag auf eine Wohnung gestellt hatte. „Der Gemeinde wurde mitgeteilt, dass der Antrag geprüft würde, dies aufgrund der geltenden Kriterien und des Zeitpunkts der Antragstellung“, heißt es in der Pressemitteilung. In dieser wird auch ein Wohnungsangebot thematisiert, das die Frau kürzlich nach dem Erscheinen eines Presseartikels erreichte. Da sie in dem Fall aus Platzgründen ohne ihr Hab und Gut zu einer fremden Person hätte ziehen müssen, hat Astgik Manukyan dieses laut eigener Aussage abgelehnt. Abschließend heißt es noch vom Schöffenrat, dass in Grevenmacher zurzeit kein sozialer Wohnraum für Vermietungen zur Verfügung steht.
Ohne Einkommen allerdings schwinden ihre Chancen auf eine Wohnung auf dem Privatmarkt weiter und so bleibt Astgik Manukyan aktuell nur die Hoffnung auf eine Sozialwohnung. Nach zwei Tagen des stillen Protestes vor dem Rathaus in Grevenmacher plant sie auch am Freitag wieder dort aufzutauchen. „Wenn ich es schaffe“, sagt die Frau mit Prinzipien. Denn auch wenn sie zum Schlafen nach Hause gegangen ist, habe sie wegen ihres Hungerstreiks dort nichts gegessen. Sicher ist: Aufwärmen konnte sie sich nach den Stunden in der Kälte in ihrem feuchten und kalten Zuhause nicht.
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Was bitte arbeitet denn die 25 jährige Tochter, die mit ihm Haus wohnt ?
Bitte nicht schreiben, Sie braucht erst eine neue Wohnung und kann dann erst wieder arbeiten gehen. Wo bitte sind wir denn ?
Mutter und Tochter müssen beide arbeiten, wenn auch zum Mindestlohn, und kommen dann in Luxemburg auf mind. ca. € 4500- 4800.
Und dann findet man für weniger als die Hälfte des Einkommens auch eine schöne, warme Wohnung.
Viel Glück.
Vieilleicht hat Asselborn und Cahen noch eine komfortabele
Flüchtlingswohnung frei,weil in dem Bereich gibts keine
Probleme.
1. Ass een och net beschen selwer Schold un senger Situatio’un ?
2. An aalen Haiser huet frei’er d’Kachmaschinn den ganzen Daag gebrannt, wann och Zeiten manner oder mei‘, fir dat ganz Haus ze hetzen.
3. Et kann een bei aalen Haiser net d’Heizung ob an zo’udrei’nen wei‘ een well. D’Maueren mussen warm bleiwen . Et sinn heich Verloschter, mee bei aalen Haiser ass et eso’u !
Viele Menschen auf diesem Planeten wären froh wenn sie überhaupt was zu essen hätten, von einem Dach über dem Kopf gar nicht zu reden. Sieben Jahre ist eine lange Zeit, da hätte man sicher was ändern können, aber man muss auch wollen und nicht immer die anderen für seine Umstände verantwortlich machen.
Ich sehe es so wie @stefan.kling100.
Dieser Artikel ist nicht vollständing genug, um urteilen zu können. Wieso arbeitete die Dame als Küchenhilfe, wenn sie eine Lehramtausbildung hat? Arbeitet die erwachsene Tochter? Wieso wird der Ofen nicht angemacht, wenn sie nicht zu Hause ist?
Und was meint die Dame damit, dass wir in einem sozialen Land leben? Ja das tun wir, Pflichten die jeder erfüllen muss, haben wir aber auch.
Desweiteren hilft die Gemeinde ja und hat auch schon andere Wohnungsmöglichkeiten angeboten, die abgelehnt wurden.
Ech sin och e Mann mat Prinzipien ,a sinn trotz verschiddenen Krankheeten 46 Joer schaffe gangen
Wenn man in teure Länder zieht darf man sich nicht wundern wenn alles teuer ist. In der Schweiz erginge es der Dame nicht besser.Aber in Europa fließen Milch und Honig. Die Leute wissen das und versuchen ihr Glück. Wenn die Medien jetzt genug berichtet haben wird sich schon ein Geldgeber finden der,vor laufender Kamera, aus der Misere hilft.