PNEC / Wind, Sonne und gekaufte Statistiken: Wie Luxemburg sein Ziel für grünen Strom erreichen will
Das Aktualisierungsdokument zum Luxemburger Klimaplan zählt über 300 Seiten. Einer der Aspekte, die in dem Schreiben behandelt werden, ist die Produktion von grünem Strom. Luxemburg hat seine Ziele in dieser Hinsicht noch einmal hochgeschraubt – verlässt sich dabei aber auch auf eingekaufte Statistiken aus dem Ausland.
Mehr Klimaschutz bedeutet mehr Stromverbrauch. Das zeigt sich auch im aktualisierten „Plan national intégré en matière d’énergie et de climat“ (PNEC): Im Jahr 2020 wurde der Endverbrauch für 2030 noch auf 6.708 Gigawattstunden (GWh) geschätzt. Die neue Modellierung zeigt hingegen einen deutlichen Anstieg auf 8.122 GWh. Dafür gebe es mehrere Gründe: der Bevölkerungswachstum, der verstärkte Einsatz von Wärmepumpen und die allgemeine Elektrifizierung des Energiesystems, um insbesondere die Industrie zu dekarbonisieren.
Trotzdem und vor allem deswegen wolle die Regierung bis 2030 noch stärker auf erneuerbare Elektrizität setzen. Der neue PNEC zielt auf 37,3 Prozent grünen Strom in Eigenproduktion ab – beim alten Plan waren es noch 33,6 Prozent. Dieses Ziel für die Stromproduktion sollte dabei nicht mit dem Ziel der erneuerbaren Energien verwechselt werden: Rechnet man nämlich Transport und Heizen noch hinzu, visiert die Regierung anstatt der ursprünglich angestrebten 25 Prozent nun einen Anteil von 37 Prozent an erneuerbaren Energien an.
Bei der Stromproduktion könnte Luxemburg mithilfe von Kooperationsprojekten sogar noch besser dastehen. Zusammen mit Investitionen in ausländische Energieprojekte soll der Anteil der grünen Elektrizität nämlich auf 60 Prozent steigen. Heißt: Luxemburg investiert in den Bau von erneuerbaren Energieträgern im Ausland und erhält dadurch grünen Strom – statistisch jedenfalls. So will das Großherzogtum bis 2035 sogar einen Anteil von 100 Prozent erneuerbarem Strom erreichen.
Um das zu bewerkstelligen, setzt die Regierung bei der Stromproduktion in Luxemburg bis 2030 vor allem auf die Erweiterung von Biogas, Fotovoltaik und Windkraft – und Biomasse. „Es wird erwartet, dass die Entwicklung von Kraftwerken, die mit fester Biomasse betrieben werden, bis 2030 einen gewissen Anstieg erfährt und sich dann stabilisiert“, steht im Vorentwurf der PNEC-Aktualisierung. Konkret heißt das, dass die Produktion von den anfänglich 271 angezielten GWh im Jahr 2030 auf 624 GWh hochgestuft wurde – was hauptsächlich auf Abfallholz beruhe. Wegen der begrenzten Ressourcen an fester Biomasse sei danach keine wesentliche Steigerung dieser Nutzung geplant.
Luxemburg kauft grüne Statistiken
Die Ziele, die sich Luxemburg im neuen PNEC gesetzt hat, sind nicht ohne internationale Kooperationen erreichbar. Bis 2030 visiert die Regierung einen Anteil an erneuerbaren Energien von 37 Prozent an – tatsächlich aber sollen davon nur 26,1 Prozent aus der Eigenproduktion stammen. Die restlichen Mengen werden mithilfe von Kooperationsprojekten eingekauft. Luxemburg hat beispielsweise am 3. Oktober 2022 ein solches Abkommen mit Dänemark für den Zeitraum von 2021 bis 2025 unterzeichnet. Das Großherzogtum überweist dafür – je nachdem, wie viel bis zum gesetzten Anteil an erneuerbaren Energien noch fehlt – zwischen 33,12 und 66,24 Millionen Euro an Dänemark, das das Geld wiederum in die Entwicklung von Offshore-Windkraftanlagen oder von grünem Wasserstoff investiert. Der somit in Dänemark produzierte Energieanteil wird dann dem Großherzogtum und nicht Dänemark zugerechnet.
Ähnlich funktioniert auch die „EU Renewable Energy Financing Facility“ (REFM).
Das EU-Projekt ermöglicht es Staaten mit einem geringeren Potenzial an erneuerbaren Energien, den Bau und Betrieb von ausländischen Anlagen zu finanzieren. Beispiel: Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee oder Fotovoltaikanlagen im Mittelmeerraum. Luxemburg verpflichtete sich vergangenen Februar zu Investitionen von 40 Millionen Euro für Fotovoltaikanlagen in Finnland. 80 Prozent der erzeugten Energie soll statistisch gesehen nach Luxemburg zurückfließen – die Transfers werden sich somit auf etwa 150 bis 200 GWh pro Jahr belaufen. Die ersten Anlagen sollen Mitte bzw. Ende 2024 mit der Stromproduktion beginnen. Im Jahr 2025 können die erwarteten Mengen daher wahrscheinlich in die nationalen Statistiken einfließen.
Sobald die Investitionen ein ausreichend hohes Niveau erreicht haben, sollen die jährlichen Ausgaben wieder sinken. Die Regierung rechnet damit, dass dies erstmals im Jahr 2031 der Fall sein wird.
Langsamer Start für Fotovoltaik
Die Fotovoltaik-Ziele des alten PNEC waren offensichtlich etwas zu optimistisch. So wurden im Jahr 2019 Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von 29 MW installiert, 2020 waren es 27 MW und 2021 90 MW. Das vergangene Jahr enttäuschte dann wieder mit nur 38 MW. Der Grund dafür sind laut Aktualisierung des PNEC die etlichen Krisen. „Das ehrgeizige Ziel von 1.112 GWh bis 2030, das im PNEC 2020 für die Fotovoltaik vorgesehen ist, stellt angesichts der Unterbrechung der Produktionsketten eine Herausforderung dar, wird aber als zu erreichendes Ziel beibehalten“, steht in dem Dokument. Das Ziel für 2030 bleibt also das Gleiche – doch die Regierung rechnet damit, dass die Installationen anfänglich langsamer fortschreiten und am Ende der Frist dafür wesentlich schneller.
Die Prognose musste auch angepasst werden, da von den vier seit 2018 veröffentlichten Ausschreibungen nur 74,9 MW von den 155 zu vergebenden MW zugeteilt werden konnten. Einer der Gründe dafür seien Lieferschwierigkeiten gewesen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wolle die Regierung die Produktion von Fotovoltaikmodulen in Luxemburg fördern.
Neben den Prämien für Haushalte soll auch der Bereich der Agrivoltaik die Produktion von Solarenergie im Großherzogtum kräftig ankurbeln. Fotovoltaikanlagen sollen auf den Feldern der Bauern installiert werden und so Energie produzieren und die Pflanzen vor den Gezeiten schützen. Im Oktober 2022 wurde eine dementsprechende Ausschreibung für Pilotprojekte veröffentlicht. „Auf der Grundlage der Erkenntnisse und der Akzeptanz dieser Pilotprojekte wird eine zukünftige Strategie für ‚Agro-PV‘ entwickelt“, heißt es im Dokument des neuen PNEC. Die Regierung wolle ab 2025 regelmäßig Ausschreibungen in der Größenordnung von 50 MW pro Jahr für Agrivoltaik veröffentlichen.
Ein neuer gesetzlicher Rahmen soll außerdem dafür sorgen, dass auf allen neuen Gebäuden Fotovoltaikanlagen oder die nötigen Anschlüsse für zukünftige Module angebracht werden müssen. Ab 2024 muss beispielsweise jedes neue Industriegebäude so konzipiert sein, dass es Fotovoltaikmodule auf seinem Dach aufnehmen kann. Der Staat will laut Dokument auch eine Vorbildfunktion übernehmen. So sollen bis Ende 2030 alle öffentlichen Parkplätze mit Fotovoltaikanlagen überdacht werden. Der Staat installiere zudem auf all seinen neuen Gebäuden Solarmodule. Bis 2030 soll so der Stromverbrauch des staatlichen Immobilienbestands mehrheitlich durch Fotovoltaik gedeckt werden.
Windkraft boomt
Im Gegensatz zur Solarenergie schreitet die Installation von Windkraftwerken wesentlich besser voran als im alten Klimaplan erwartet. Im PNEC 2020 visierte die Regierung für das Jahr 2022 245 GWh Windenergie an, dabei erreichte Luxemburg für 2021 bereits 314 GWh. Deshalb wurden die Erwartungen für 2030 auch hochgeschraubt: Windkraft muss die im PNEC 2020 prognostizierte Produktion (674 GWh) deutlich übertreffen und bis 2030 1.043 GWh erreichen.
Im Januar 2022 zählte Luxemburg 62 Windkraftanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 166 MW. In den kommenden Jahren wird diese Kapazität voraussichtlich steigen, insbesondere aufgrund des technologischen Fortschritts und des Repowerings, das leistungsstärkere Windkraftanlagen mit höheren jährlichen Produktionsstunden ermöglicht. Neue Technologien, die Vögel und Fledermäuse aufspüren und die Windkraftanlagen bei Bedarf abschalten können, sollen den Artenschutz und Ausbau der Windenergie leichter miteinander vereinbaren. Diese Technologie ermögliche es, die jährlichen Produktionsstunden zu erhöhen und so Baugebiete zu erschließen, die früher als nicht förderfähig galten.
Das Windkraftpotenzial konzentriert sich hauptsächlich auf den nördlichen Teil des Landes und wird durch die Fläche des Staatsgebiets, Natura-2000-Schutzgebiete, urbanisierte Gebiete oder auch für die Radarabdeckung reservierte Gebiete eingeschränkt. Die Gesetzgebung soll nun abgeändert werden, sodass Windkrafträder in Zukunft auch in der Nähe von Gewerbegebieten und Straßen gebaut werden können.
(Grafiken in Zusammenarbeit mit Frank Göbel)
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Auch wenn man uns täglich mit gefühlt 20 Seiten aus der grünen Strombibel bombardiert, es bleibt trotzdem dabei: Die Sonne scheint nachts nicht und der Wind bläst auch nicht immer. Und die einzige massive Speicherlösung, die Produktion von Wasserstoff mit Strom hat einen viel zu schlechten Wirkungsgrad, um praktikabel zu sein.
„Neue Technologien, die Vögel und Fledermäuse aufspüren und die Windkraftanlagen bei Bedarf abschalten können, sollen den Artenschutz und Ausbau der Windenergie leichter miteinander vereinbaren.“ Gestatten,dass ich herzlich lache. Für wie blöd werden wir gehalten? Wenn die Dinger bei jedem Vogel und jeder Fledermaus anhalten,sollte es denn funktionieren, wird die Ausbeute gering sein.Ohnehin sind im Schnitt 140 Tage im Jahr windfrei oder der Wind ist zu stark.
….mee;op all Grenz fir an d’Lândchen do steet dach eent Scheld ,,auch wir brennen Strom aus Cattenom,,!
Wer jetzt sein BEV (E-Auto) lädt, sollte bedenken, dass dies zum großen Teil mit „Kohlestrom“ passiert. Zum viel besseren Wirkungsgrad des Elektromotors gegenüber dem Verbrenner, muss man den Wirkungsgrad des Kraftwerks gegenrechnen, welches die elektrische Energie bereitstellt, und der ist beim Kohlekraftwerk relativ schlecht. Darüber hinaus werden 80% der PV-Module in China hergestellt, zum größten Teil mit Kohlekraft. Durch die Kohleverbrennung fallen jedes Jahr rund 8000 Tonnen Uran an ( vor allem in der Asche). Aus den Schornsteinen der Kohlekraftwerke werden Schadstoffe in Größenordnungen emittiert, wie wir sie bei Verbrennungsmotor nicht mehr kennen. Wer sein BEV also lädt und lokal emissionslos fährt, sollte bedenken, dass seine Emissionen halt woanders entstehen. Es steht und fällt also alles mit der Art der Energieumwandlung. Sonne und Wind werden dafür nicht reichen. Die Franzosen haben das erkannt und handeln richtig in dem sie weiter auf Kernenergie setzten.
Ich komme immer wieder zur selben Schlussfolgerung: Wir werden in 10-20 Jahren 40 Jahre Darlehen für ein Fahrrad und ein Zelt auf uns nehmen.