Bürden / Windkraftanlage: Der Streit geht in die nächste Runde
Die Gesellschaft Nordenergie plant seit 2018 den Bau von zwei Windrädern: eines in Diekirch (Herrenberg) und ein zweites auf dem Gebiet der Gemeinde Ettelbrück, genauer gesagt am „Karelshaff“. Erstgenannter Standort wurde nicht zurückbehalten, dafür soll nun eine zweite Anlage auf Ettelbrücker Gemeindegebiet, „auf dem Hasenbach“ nahe Bürden, errichtet werden. Dies zusammen mit der 2001 gegründeten „Société luxembourgeoise des énergies renouvelables S.A.“ (Soler). Während für die „Karelshaff“-Anlage alle Lichter auf Grün stehen, wehrt sich in Bürden die Bürgerinitiative „Energie mat Verstand“ gegen den geplanten Bau einer 230 Meter hohen Windkraftanlage.
„Es wird das bis dato größte Windrad Luxemburgs“, unterstrich ein Mitarbeiter der Firma Soler in einer Infoversammlung am 9. Juli 2020. Die Windkraftanlage werde zudem in nur 750 Metern Entfernung zu Wohnhäusern gebaut.
Nicht nur diese Tatsache brachte die Einwohner aus Bürden damals sofort auf die Palme, sondern auch die Vorgehensweise der Bauherren. – Kurzer Rückblick: Im September 2018 wurde der Gemeindevater aus Erpeldingen darüber informiert, dass die Nachbargemeinde Ettelbrück eine Windkraftanlage (WKA) auf einer Anhöhe zwischen Warken (Gemeinde Ettelbrück) und Bürden (Gemeinde Erpeldingen/Sauer) plane. Genauere Informationen soll es damals nicht gegeben haben, so Bürgermeister Claude Gleis. Den Pachtvertrag mit dem Eigentümer des vorgesehenen Areals hatten die Bauherren aber bereits sechs Monate vorher unterschrieben.
Auf Druck des Gemeinderats Erpeldingen waren die Bauherren bereit, eine Informationsversammlung für die betroffenen Bürger aus Bürden abzuhalten. Diese fand am 9. Juli 2020 statt. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass schon vier Tage zuvor die Gemeinde Ettelbrück die Kommodo-Inkommodo-Prozedur zum Projekt eingeleitet hatte. Diese musste später von Amts wegen annulliert werden, da die Gemeinde Ettelbrück es unterlassen hatte, das Genehmigungsverfahren am geplanten Areal bei Bürden anzuschlagen, so wie es das Gesetz vorsieht. Die Prozedur musste daraufhin im August erneuert werden.
Negative Auswirkungen
Die Haupteinwände der Bürgerinitiative „Energie mat Verstand“ betreffen auch heute noch die zu befürchtende gesundheitliche Belastung für die Bürger durch die von der WKA ausgehende Geräuschkulisse und den Infraschall, die negativen Auswirkungen des zu erwartenden Schattenwurfs (bis zu einer Distanz von 1.700 m während 20 bis 50 Tagen im Jahr), und nicht zuletzt den Wertverlust der angrenzenden Immobilien.
Ganze 93 Prozent der 2020 angesprochenen Bürger aus Bürden sprachen sich damals gegen die geplante WKA aus, so auch der Gemeinderat aus Erpeldingen/Sauer, der sogar einen alternativen Standort auf dem „Leezefeld“ am Ort Fridhaff (Gemeinde Erpeldingen) vorschlug. Und dennoch: Am 14. August veröffentlichte die Gemeinde Ettelbrück die Betriebsgenehmigung für die Anlage bei Bürden. Daraufhin machte die Bürgerinitiative von ihrem Recht Gebrauch, juristisch gegen diese Genehmigung vorzugehen. Der erste Prozesstag in diesem Fall ist laut Tageblatt-Informationen erst für Januar 2024 (!) angesetzt.
Am 9. März 2022 verabschiedete der Gemeinderat Erpeldingen/Sauer einstimmig eine Resolution gegen den geplanten Standort nur 200 Meter neben ihrer Gemarkung in Bürden. Inzwischen hatte die Gesellschaft „Wandpark Nordenergie S.A.“ neue Studien zum besagten Standort in Auftrag gegeben, was natürlich Fragen aufwirft: Waren die im Kommodo-Inkommodo-Verfahren gemachten Studien etwa nicht komplett oder wurden die zusätzlichen Studien nur aufgrund der doch sehr fundierten Bedenken der Bürgerinitiative angekurbelt?
Dossier liegt erst mal auf Eis
Stand heute: Die geplante Windkraftanlage am „Karelshaff“ hat alle Genehmigungsprozeduren ohne Gegenwind durchlaufen. Auf Nachfrage gibt Paul Zeimet, Direktor von Soler, zu verstehen, dass noch in diesem Jahr mit dem Bau dieser Anlage begonnen werden könnte.
Was die WKA bei Bürden anbelange, so liege dieses Dossier zurzeit auf Eis, da die Bürgerinitiative juristische Schritte gegen die Betriebsgenehmigung eingeleitet habe und dieser Gerichtsprozess erst für Januar nächsten Jahres angesetzt sei. Hier bleibt auch zu erwähnen, dass Ministerin Joëlle Welfring die Umweltgenehmigung am 23. Dezember ausgestellt hat und die Bürgerinitiative ebenfalls in Berufung gegen diese Genehmigung gehen wird. Interessant ist die Tatsache, dass der Gemeinderat Erpeldingen/Sauer mit acht Ja-Stimmen bei einer Enthaltung der Bürgerinitiative die Übernahme aller Anwalts- und Verfahrenskosten zugesichert hat.
Und wie steht es um den von der Gemeinde Erpeldingen vorgeschlagenen alternativen Standort auf Fridhaff? „Die benötigten, sprich vorgeschriebenen Studien sind fast fertiggestellt. Bis dato spricht nichts gegen diesen Standort“, so Soler-Direktor Paul Zeimet. Auf die Frage, was denn passieren wird, sollten beide Standorte, also Bürden und Fridhaff, grünes Licht für eine WKA erhalten, meinte Zeimet etwas zögerlich: „Sind alle Bedingungen erfüllt, spricht eigentlich nichts dagegen, an beiden Standorten festzuhalten, doch bis es eventuell so weit kommt, braucht es noch viele Gespräche und Entscheidungen, auch (lokal)politischer Natur.“ Vollständigkeitshalber erinnern wir an dieser Stelle an die Aussagen der Firma Soler während eines Treffens mit der Bürgerinitiative vom Juli 2021 hinsichtlich des alternativen Standorts Fridhaff: „De Standuert ‚op Hasenbach‘ zu Bierden ass dann elo nëmmen den zweete Choix“.
Politischer Sprengstoff
„Sollte das Projekt der WKA vor Bürden nicht von der Gemeinde Ettelbrück verworfen werden, könnte sich der Gemeinderat Erpeldingen/Sauer die Möglichkeit vorbehalten, kein Referendum zum Thema ‚Nordstad’-Fusion zu organisieren“, warnte Gleis indessen bei einem Treffen des Schöffenrats mit den späteren Gründungsmitgliedern von „Energie mat Verstand“ im Dezember 2020. Das würde das sowieso schon auf wackeligen Füßen stehende Fusionsvorhaben der fünf Gemeinden Bettendorf, Diekirch, Erpeldingen, Ettelbrück und Schieren blockieren, um nicht zu sagen, unmöglich machen.
Dem Vernehmen nach hat Ettelbrücks Bürgermeister Jean-Paul Schaaf, trotz des ausstehenden Gerichtsverfahrens und der Berufung der Bürgerinitiative gegen die Umweltgenehmigung, bereits die Prozedur für die Baugenehmigung der Anlage „op Hasenbach“ bei Bürden eingeleitet. „Alle Genehmigungen liegen vor, mir sind also die Hände gebunden“, so Schaaf am Freitag.
Auf diese bereits am 24. Januar ausgestellte Vorankündigung der Baugenehmigungsprozedur angesprochen, gab sich Erpeldingens Bürgermeister Claude Gleis sehr erstaunt, denn einmal mehr gab es vorab keine Information von der Nachbarkommune Ettelbrück. Auch die Bürgerinitiative wusste bis Ende letzter Woche nicht von dieser Prozedur. „Wir sind der Meinung, dass diese Heimlichtuerei bewusst gewählt wurde, denn nun bleibt uns lediglich noch bis zum 23. Februar Zeit, unsere Einwände im Rahmen dieser Genehmigungsprozedur einzureichen“, so Yves Wallers von der Bürgerinitiative „Energie mat Verstand“. „Eigentlich reiht sich diese Vorgehensweise genau in das Bild ein, das die Nordenergie S.A. (Gemeinden Diekirch und Ettelbrück) seit Beginn dieser Planung abgibt.“
Gleis: „Alles andere als glücklich“
„Ich wusste bis zu diesem Moment nicht, dass die Baugenehmigungsprozedur bereits eingeleitet ist“, sagt der Erpeldinger Bürgermeister Claude Gleis. „Als Nachbargemeinde sind wir natürlich alles andere als glücklich. Unser Gemeinderat hatte am 9. März 2022 einstimmig eine Resolution gegen den geplanten Standort nur 200 Meter neben unserer Gemarkung in Bürden verabschiedet.“ Eine Unterredung mit Umweltministerin Joëlle Welfring wurde Gleis bis dato nicht gewährt. Man sei nach wie vor gegen dieses Projekt, aber: „Uns sind die Hände gebunden, da das Terrain für den Bau der Windkraftanlage bekanntlich auf dem Gebiet der Ettelbrücker Gemeinde liegt.“ Und wie sieht es denn nun mit der ‚Nordstad’-Fusion aus? „Diesbezüglich pflegen wir eine gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden Ettelbrück und Diekirch, und das wird auch so bleiben. Doch im Fall der geplanten WKA sind wir uns nicht einig. Das wird aber keine Auswirkungen auf die Fusionsgespräche haben, die nur aktuell – nicht zuletzt wegen der anstehenden Wahlen – sowieso ins Stocken geraten sind.“ (roi)
„Mir sind die Hände gebunden“
Auf Ettelbrücker Seite ist die Prozedur für die Baugenehmigung der WKA nahe Bürden angelaufen. „Der blaue Punkt ist am Standort ‚op Hasenbach‘ angeschlagen und eventuelle Einwände können innerhalb von 30 Tagen eingereicht werden“, erklärt Bürgermeister Jean-Paul Schaaf. Er rechne damit, dass die definitive Baugenehmigung noch vor den im Juni stattfindenden Gemeindewahlen ausgestellt werde. „Mir bleibt nichts anderes übrig, mir sind die Hände gebunden. Es liegen alle erforderlichen Genehmigungen vor, somit kann ich das Projekt nicht verwerfen“, so Schaaf. Das heißt jedoch nicht, dass der Bau der WKA gleich beginnen kann, denn es steht noch der Gerichtsprozess in Sachen Betriebsgenehmigung aus. „Höchstwahrscheinlich legt die Bürgerinitiative ja auch noch Berufung gegen die Genehmigung des Umweltministeriums und auch gegen unsere Baugenehmigung ein“, so Schaaf weiter. „Wir sind also noch lange nicht am Ziel.“ (roi)
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Sitzt Herr Schaaf nicht im Verwaltungsrat von Nordenergie? Wenn dem so ist, so kann er sehr wohl für das Bürgerwohl der Nordstadt eintreten!
Nicht immer auf die Dörfer schieben, was die „Städte“ nicht auf ihrem Grund dulden!