Pandemie / „Wir behandeln nur die Symptome“: Keine dramatische Zunahme von Long-Covid-Fällen erwartet
Wer eine Covid-19-Erkrankung überstanden hat, ist nicht unbedingt auf der sicheren Seite. Die Langzeitfolgen der heimtückischen Viruserkrankung sind als Long Covid bekannt. Noch Monate nach ihrer Infektion und Erkrankung leiden die Betroffenen unter den verschiedensten Beschwerden. Sie werden interdisziplinär betreut. Eine Explosion von Long-Covid-Fällen wird trotz hoher Infektionszahlen nicht erwartet. Von August 2021 bis Januar 2022 wurden 443 Long-Covid-Patienten verzeichnet.
Seit Mitte letzten Jahres lief das Pilotprojekt Long Covid, an dem die Abteilung für Infektionskrankheiten des CHL, das Rehazentrum auf Kirchberg, das Kurzentrum in Mondorf und etwas später auch das Ettelbrücker CHNP beteiligt sind. Aufbauend auf den bisher gemachten Erfahrungen soll das Vorhaben weitergeführt werden. Für das Pilotprojekt waren ursprünglich rund 1,2 Millionen Euro bereitgestellt worden, so Jean-Paul Freichel, Regierungskommissar für das Spitalwesen, am Donnerstag (3. Februar). Damit wurden Ausrüstungen und rund ein Dutzend Fachkräfte finanziert. Am Mittwoch beschloss die Gesundheitskasse CNS, das Projekt weiterzuführen und damit auch die anfallenden Behandlungskosten in den Spitälern und anderen Gesundheitsstrukturen zu übernehmen. Bei Unklarheiten springt das Gesundheitsministerium finanziell ein.
Erste Anlaufstelle für Patienten, die an Long Covid erkrankt sein könnten, sei der Hausarzt bzw. die Hausärztin, erklärte Dr Thérèse Staub, Chefin der Abteilung Infektionskrankheiten im CHL, die Prozedur. Bei Verdacht auf Long Covid vereinbart der Arzt eine weitergehende Untersuchung beim CHL. Dort sammelt ein sogenannter Case-Manager, in der Regel eine Covid-19-erfahrene Pflegekraft, in einer ersten Etappe über Telekonsultation zusätzliche Daten zu den Beschwerden. Erhärtet sich der Verdacht auf Long Covid, wird eine weitere Sprechstunde beim Arzt angesetzt, anschließend die Entscheidung getroffen, wohin der Patient zur Behandlung orientiert wird. Das kann das Kurzentrum in Mondorf, das Rehazentrum oder das CHNP sein. Auch parallele Behandlungen seien möglich, je nach Beschwerden, so Dr. Staub. Kinesi- und Ergotherapie, Atemübungen, Kurse zum Wiedererlangen des Geruchs- und Geschmackssinns, Stunden zur Verbesserung der Psychomotorik, psychotherapeutische Begleitung – das sind nur einige der angebotenen Rehabilitationsmaßnahmen.
Zweihundert Krankheitsbilder
Problematisch bei Long Covid ist, dass es noch keine richtige Therapie gibt. „Wir behandeln nur die Symptome“, so Dr. Gaston Schütz, Generaldirektor des Reha-Zentrums. Tatsächlich beklagen sich die Patienten unter anderem über chronische Müdigkeit, hartnäckiges Husten, Leistungsabfall, Muskelschwäche, Störungen des Geschmacks- und Geruchssinns, neuropsychiatrische Störungen, Stress und Ängstlichkeit. Dies sind sozusagen die Top-Pathologien. Insgesamt gebe es aber zweihundert Krankheitsbilder für Long Covid, sagt Dr. Schütz. Erschwerend hinzu kommt, dass diese Symptome nicht unbedingt auf Long Covid zurückzuführen sind.
Die Therapie dauert entsprechend lang. Bis zum 24. Januar 2022 beendeten erst 26 Patienten ihre Behandlung mit abschließender Besprechung beim Arzt. Von August 2021 bis zum 24. Januar dieses Jahres leiteten die Hausärzte 443 Patienten mit Verdacht auf Long Covid an das CHL weiter. 78 warteten Ende Januar noch auf den Beginn der Therapie. Die meisten Patienten werden an das Thermalbad Mondorf orientiert, wo sie eine Kur beginnen oder ambulant behandelt werden. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei 45 Jahren.
Ob die Zahl der Long-Covid-Fälle in den kommenden Monaten zunehmen wird, bleibt unklar. Man sei vorsichtig mit Prognosen, so Dr. Schütz. Tatsächlich wisse man nicht, wie viele Patienten hinzukommen werden. Kapazitäten seien jedoch vorhanden. Anlass zu Optimismus gibt der weniger schwere Verlauf der Covid-Erkrankungen mit der Omikron-Variante. Was sich auf die Zahl der Long-Covid-Fälle auswirken dürfte. Er gehe nicht von einer Explosion von Long-Covid aus, so Dr. Schütz, trotz rasant wachsender Neuinfektionszahlen. Er sei zuversichtlich, dass man nicht „überschwemmt“ werde.
Optimismus verbreitete am Donnerstag (3. Februar) auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert. Sie sei „einigermaßen optimistisch“, sagte sie. Trotz einer Rekordhöhe an Neuinfektionen gerate die Lage in den Spitälern nicht außer Kontrolle. Als relativ positive Entwicklung bezeichnete sie den Rückgang der R-Wertes letzte Woche unter ein Prozent. Man bewege sich wohl in Richtung des Höhepunktes der Welle. Vergangene Woche waren rund 15.000 positiv getestete Personen verzeichnet worden. Das Virus zirkuliere besonders schnell unter Nicht-Geimpften, unterstrich Lenert. Trotz hoher Impfquote müssten weitere Anstrengungen gemacht werden. Ende Januar seien immerhin noch 18.000 Über-60-Jährige nicht geimpft gewesen. 93,3 Prozent der Erwachsenen seien geschützt. Erwachsene mit erster Impfung machten dabei 81,7 Prozent und die Genesenen 11,6 Prozent aus. 87,8 Prozent der gesamten Bevölkerung seien entweder durch Impfung oder Genesung gegen einen schweren Verlauf einer Covid-19-Infektion geschützt. Das Risiko für einen Nichtgeimpften, auf der Intensivstation zu landen, sei 19-mal höher als bei einem Geimpften, so Lenert. Die Impfkampagne habe ihren Nutzen bewiesen.
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