/ „Wir betreiben Fiskaldumping“: Gewerkschaft OGBL kritisiert das Luxemburger Steuersystem scharf
Die weltweite Ungleichheit wächst, die Ungerechtigkeiten auch. Und Luxemburg befördert diese Entwicklung kräftig durch seine Steuerpolitik. Ein Skandal, wie OGBL-Präsident André Roeltgen findet. Er fordert die Regierung auf, die Fiskalpolitik zu verändern.
„Stellen Sie sich das nur einmal bildlich vor“, sagt André Roeltgen, Präsident des OGBL. 43 Personen auf der einen Seite und 3,8 Milliarden Menschen auf der anderen Seite. Die einen gehören zu den reichsten Personen der Welt, die anderen zu den ärmsten. Beide Gruppen besitzen jedoch etwa gleich viel. Die 43 reichsten Menschen der Welt haben so viel Vermögen wie mehr als die Hälfte der Menschheit. „Das ist doch ein Skandal“, sagt der OGBL-Präsident. Es sei das Resultat einer katastrophalen neoklassischen Politik, die zu gewaltigen Vermögensunterschieden geführt habe.
Roeltgen widerspricht
André Roeltgen hat auf die Aussage des neuen Präsidenten des Wirtschafts- und Sozialrats, Jean-Jacques Rommes, reagiert. Dieser hatte gegenüber Radio 100,7 gesagt, die Regierung würde sich Gewerkschaftsthesen zu eigen machen.
Während die Regierung zu Beginn noch eher die Analysen der Arbeitgeberseite unterstützt habe, sei sie nun näher an die Gewerkschaften gerückt. Roeltgen kann sich nur wundern über diese Aussage: Will die Arbeitgeberseite wieder zurück zur Austeritätspolitik von 2014? So könne man keinen Sozialdialog führen. „Ich hoffe, dass Rommes es anders gemeint, als er es gesagt hat“, so Roeltgen.
André Roeltgen holte bei einer Pressekonferenz zum OGBL-Nationalrat weit aus, um seine Kritik in Richtung Luxemburg zu lenken. Denn Luxemburg trage eine Mitschuld an diesem untragbaren Zustand. Die weltweite Ungleichheit beruhe auf einer ungerechten Besteuerung, an der Luxemburg seinen Anteil habe. Noch vergangene Woche habe eine Studie der EU-Grünen dargelegt, dass multinationale Unternehmen im Jahr 2015 lediglich 2 Prozent Steuern zahlten anstelle des gesetzlichen Steuersatzes von damals 29 Prozent. „Wenn diese Zahlen nur annähernd stimmen, ist das dramatisch“, so Roeltgen.
Und die Regierung führt diese Fiskalpolitik weiter: Die gesetzliche Betriebssteuer liegt mittlerweile bei 27 Prozent und soll noch weiter gesenkt werden. Zudem ist auch die Besteuerung von Kapitalerträgen ebenso wie der Spitzensteuersatz laut Roeltgen deutlich zu tief angesetzt. „Ja, wir betreiben Fiskaldumping“, so die scharfen Worte des OGBL-Präsidenten.
Er fordert ein Ende dieser ungerechten Politik, denn es gehe letztlich um Geld, das dem Staat fehle. Es müsse eine internationale Finanztransaktionssteuer geben sowie auch eine Erhöhung der Steuersätze von multinationalen Unternehmen.
Kein Gewerkschaftsstaat
Roeltgen ärgert sich dabei über den Vorwurf des „Gewerkschaftsstaats“, der vor kurzem von Arbeitgeberseite geäußert wurde (siehe nebenstehend). Denn es gibt doch einiges, das sich nicht nach den Vorstellungen der Gewerkschaft entwickelt. So zeigte eine rezente Studie, dass das Armutsrisiko bei jungen Arbeitnehmern in Luxemburg hoch ist. Das sei das Resultat einer unverantwortlichen Politik von zunehmend ungeregelten Arbeitsverhältnissen. Sprich: zunehmende befristete Verträge, Scheinselbstständigkeiten oder auch unbezahlte Praktika.
Und es ist für Roeltgen auch ein Beleg dafür, dass der Mindestlohn immer noch deutlich zu tief angesetzt ist. Denn junge Arbeitnehmer beziehen oftmals den Mindestlohn und rutschen dadurch in prekäre Verhältnisse. Roeltgen erneuerte die Forderung, dass der Bruttomindestlohn um mindestens 10 Prozent erhöht werden muss.
Immerhin: Der OGBL begrüßt den kostenlosen öffentlichen Personenverkehr. Allerdings gehe die Maßnahme nicht weit genug: Auch für Grenzgänger nach Thionville, Arlon, Gouvy oder Igel müsse das Gratisangebot gelten.
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Den Heer Roeltgen verdingt dach och mei wei ech.Daat ass io dann och een skandal.