Kinderärztin rät zur Impfung / „Wir haben bislang elf Kinder mit Covid-Komplikationen behandelt“
Seit dem 23. Dezember 2021 können Kinder zwischen fünf und elf Jahren in Luxemburg geimpft werden. Der „Conseil supérieur des maladies infectieuses“ (CSMI) hat erst einige Wochen später seine Empfehlung für eine solche Impfung ausgesprochen. Isabel de la Fuente ist Vizepräsidentin des CSMI. Durch ihre Arbeit als Kinderärztin im CHL hat sie viel Erfahrung gesammelt. Sie ist zudem auf infektiöse Krankheiten bei Kindern spezialisiert. Im Tageblatt-Gespräch erläutert sie, welche Folgen eine Covid-Infektion für Kinder haben kann und was sie Eltern in Bezug auf die Impfung ihrer Kinder empfehlen kann.
Tageblatt: Können sich Kinder eigentlich mit der gleichen Wahrscheinlichkeit mit Covid-19 infizieren wie Erwachsene?
Isabel de la Fuente: Kinder können sich sehr leicht mit Covid-19 infizieren, insbesondere mit den zurzeit vorherrschenden Varianten, die sehr ansteckend sind. Als noch die initialen Varianten in den ersten Monaten der Pandemie zirkulierten, war der Anteil der Kinder bei akuten Covid-Infektionen unterrepräsentiert. Seit einigen Monaten, und dies aus verschiedenen Gründen, steigen die Infektionszahlen bei den Kindern. Aktuell beziehen sich 30 Prozent der aktiven Covid-Infektionen auf Kinder.
Wieso steigen die Infektionen bei Kindern derart an?
Einerseits sind Kinder bislang wenig bis gar nicht geimpft. Andererseits ist die aktuelle Variante viel ansteckender, auch für die Kinder. Zudem werden nun mehr Tests bei den Kleinen durchgeführt.
Aktuell beziehen sich 30 Prozent der aktiven Covid-Infektionen auf KinderKinderärztin
Kann die Omikron-Variante als Gamechanger bezeichnet werden?
Ja, die Omikron-Variante ist ein Gamechanger. Sie ist sehr viel ansteckender, bedingt durch ihre erhebliche Übertragung via Aerosole. Sie ist zudem viel ansteckender für alle Alterskategorien, auch für Kinder. Die Infektionszahlen in „Crèches“ und Zyklus-1-Klassen schnellen seit Jahresbeginn in die Höhe. Das sind Zusammenkünfte, an denen die Kinder aufgrund ihres sehr jungen Alters keine Maske tragen können, nicht geimpft sind und auch sonst keine Präventionsregeln beachten können.
Ab dem Zyklus 2 wurde seit Anfang des Jahres die Maskenpflicht wieder generalisiert. Zudem werden mindestens drei Schnelltests pro Woche durchgeführt. Sind diese Maßnahmen sinnvoll und ausreichend?
Sowohl das Tragen einer Maske als auch das regelmäßige Testen in den Schulen haben sich als wirkungsvolle Strategien erwiesen, um die Übertragung des Virus an den Schulen zu reduzieren. Dies wurde jetzt anhand von wissenschaftlichen Studien an den Schulen mehrerer Länder nachgewiesen. Dies erlaubt es, die Schulen offenzulassen und gleichzeitig die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten. Und das ist entscheidend. Man muss einerseits versuchen, Infektionsketten an Schulen zu begrenzen und andererseits der Mehrheit der Schüler die Möglichkeit geben, in der Schule Unterricht zu bekommen. Dort, wo sie von ihren Lehrern und Kameraden umgeben sind.
Können Kinder denn ernsthaft an Covid-19 erkranken?
Die Mehrheit der Kinder bekommen „banale“ Infektionen aufgrund ihrer Ansteckung mit Covid-19. Dazu gehört die Infektion der oberen Atemwege, Fieber, Kopfschmerzen, Husten. Normalerweise dauert das einige Tage. Manche Kinder sind dagegen völlig asymptomatisch während ihrer Infektion. Dennoch ist es möglich, auch wenn dies eher selten vorkommt, dass ein Kind gravierende Komplikationen durch die Covid-Infektion erleidet.
Dies zeigt also, dass nach einer scheinbar banalen Covid-Infektion bei Kindern einige Wochen später Organe wie das Herz oder die Bauchspeicheldrüse angegriffen werden könnenKinderärztin
Welche wären das?
Es gibt zwei Arten von Komplikationen. Einerseits können diese Komplikationen mit einer schwerwiegenden akuten Covid-Infektion zusammenhängen. Das kann zu einer Krankenhauseinweisung führen, meistens bedingt durch eine Atemnot. Wobei Kinder mit Vorerkrankungen in diesem Fall einem größeren Risiko ausgesetzt sind. Das Gleiche gilt für sehr junge Kinder. Krankenhauseinweisungen gehen allerdings nicht immer auf eine Atemnot zurück. Sie können auch andere Ursachen haben wie etwa neurologische Symptome. Ein Beispiel sind Schüttelkrämpfe, bedingt durch Fieber.
Andererseits kann es zu Komplikationen nach einer Covid-Erkrankung kommen, meist bedingt durch eine Funktionsstörung des Immunsystems. Das kann auch mehrere Wochen danach passieren. Diese Komplikationen können auch bei gesunden Kindern ohne Vorerkrankung auftreten. Sie können gravierend sein. Eine dieser Komplikationen trägt die Bezeichnung „syndrome imflammatoire multi-systémique“, kurz „PIMS“ oder „MISC“. Diese überwiegend einige Wochen nach der Covid-Infektion auftretende Entzündung kann ein Versagen mehrerer Organe hervorrufen, unter anderem des Herzens und kann in einigen sehr seltenen Fällen zum Tode führen. In Luxemburg haben wir bislang elf Kinder mit einer solchen Komplikation behandelt. Aktuelle Daten zeigen zudem eine Zunahme des Risikos, an Diabetes zu erkranken, einige Wochen nach einer Covid-Infektion. Dies zeigt also, dass nach einer scheinbar banalen Covid-Infektion bei Kindern einige Wochen später Organe wie das Herz oder die Bauchspeicheldrüse angegriffen werden können.
Die häufigsten Nebenwirkungen hängen mit der Reaktion des Immunsystems auf den Impfstoff zusammenKinderärztin
Welche Nebenwirkungen kann eine Covid-Impfung bei Kindern hervorrufen?
Nebenwirkungen bei der Impfung sind möglich, so wie dies bei jedem Medikament oder medizinischer Intervention der Fall ist. Glücklicherweise haben die Impfstoffe, die in Luxemburg für Kinder zugelassen sind, in den allermeisten Fällen keine gravierenden Nebenwirkungen. Die häufigsten Nebenwirkungen hängen mit der Reaktion des Immunsystems auf den Impfstoff zusammen. Diese können Muskelschmerzen und Fieber auslösen. Diese Effekte sind von kurzer Dauer und harmlos. Sie entstehen als Folge des Trainings unseres Immunsystems. Zu den gravierenderen Nebenwirkungen kann man Entzündungen des Herzens zählen, die in den Tagen nach der Impfung auftreten können. Diese Erscheinung bleibt allerdings die Ausnahme, mit weniger als einem Fall auf 10.000 bis 100.000 Geimpfte. Zudem ist diese Nebenwirkung nur von kurzer Dauer und geht schnell vorüber. Im Vergleich dazu sind Herzbeschwerden durch eine Covid-Infektion wesentlich häufiger und gravierender. Sie treten bei mindestens einem von 2.000 infizierten Kindern auf.
Das Risiko ist ganz klar größer, wenn Kinder an Covid-19 erkranken. Sonst stünde es außer Frage, dass Kinderärzte die Impfung für Kinder empfehlen würden.Kinderärztin
Eine Impfung birgt demnach deutlich weniger Risiko als eine Covid-Erkrankung bei Kindern?
Das Risiko ist ganz klar größer, wenn Kinder an Covid-19 erkranken. Sonst stünde es außer Frage, dass Kinderärzte die Impfung für Kinder empfehlen würden. Wir haben inzwischen mehrere Millionen Vakzine an Kinder verimpft. Die Analyse zeigt, dass das Risiko einer gravierenden Nebenwirkung durch die Impfung weitgehend geringer ist als das Risiko, einen schweren Verlauf durch eine Covid-Infektion zu durchlaufen. Der „Conseil supérieur des maladies infectieuses“ in Luxemburg hat die Impfung für alle Kinder ab fünf Jahren empfohlen, nachdem der Bericht zur Impfsicherheit veröffentlicht wurde. Darin wird der Effekt der Impfung von mehreren Millionen Dosen an Kinder analysiert.
Man sollte wissen, dass der Impfstoff an sich schnell vom Organismus zerstört wird. Das, was danach übrigbleibt, ist ein trainiertes Immunsystem, um das Virus zu bekämpfen.Kinderärztin
Eine Sorge, die Eltern immer wieder äußern, ist jene der langfristigen Nebenwirkungen, die eventuell später im Leben auftreten könnten und von denen man heute ja noch nichts wissen kann.
Die Mehrheit der Nebenwirkungen durch die Impfung tritt in den Tagen danach und bis zu 30 Tage später auf. Man sollte wissen, dass der Impfstoff an sich schnell vom Organismus zerstört wird. Das, was danach übrigbleibt, ist ein trainiertes Immunsystem, um das Virus zu bekämpfen. Nebenwirkungen, die mehrere Monate oder Jahre nach der Impfung auftreten, sind demnach nicht zu erwarten.
Dennoch bleibt die Entscheidung für Eltern, ob sie ihre eigenen Kinder impfen lassen sollten oder nicht, keine einfache. Was können Sie den Eltern empfehlen?
Diese Entscheidung ist sicherlich nicht einfach. Allerdings ist es nicht immer gegeben, über sämtliche Informationen zu verfügen, die es einem erlauben, eine klare Sicht auf die Dinge zu haben. Das Virus bringt stets Veränderungen mit sich, was eine ständige Anpassung unsererseits verlangt. Das verunsichert viele Eltern. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich bei einem adäquaten Professionellen darüber informieren können, um eine aufgeklärte Entscheidung, frei von jeglichem Druck, treffen zu können. Man sollte sich auch bewusst sein, dass viele Ärzte nicht unbedingt über die Komplikationen im Bilde sind, die bei einer Covid-19-Infektion bei Kindern auftreten können.
Nachdem ich selber mehrere Kinder mit Herzversagen behandelt habe, muss ich sagen, froh zu sein, dass solche Komplikationen durch die Impfung vermieden werden könnenKinderärztin
Wenn als Hauptargument für eine Impfung der Kinder jenes angeführt wird, dass sie dazu dient, die anderen Generationen zu schützen, dann ist es normal, dass viele Eltern zurückhaltend sind. Für mich ist die Impfung bei Kindern wichtig, weil sie die Kinder selbst schützt. Wir verfügen nun über Daten, die zeigen, dass die Kinderimpfung vor post-infektiösen Entzündungskomplikationen wie PIMS schützt. Nachdem ich selber mehrere Kinder mit Herzversagen behandelt habe, muss ich sagen, froh zu sein, dass solche Komplikationen durch die Impfung vermieden werden können.
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Natüüürlich. Auch bei traditionellen Impfungen gibt und gab es Komplikationen. Die stehen aber in keinem Verhältnis zu den Komplikationen die das Virus anrichtet.
Es gab und gibt auch Komplikationen im Auto- oder Flugverkehr. Sieht man da Schwurbler auf der Straße? Nein.
Aber Bravo an die Ärztin. Sie hätte sich ja auch auf die Seite dieses „benebelten“ Kollegen mit dem prägnanten Namen schlagen können oder jener Schwurbler-Partei die es fertig bringt immer auf der Seite des Irrtums zu stehen.
[gelöscht]
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