Kinder und Bildschirme / „Wir sehen darin ganz klar die Verantwortung der Eltern“
Kinder lieben alles, was einen Bildschirm hat. Viele Eltern sind verunsichert, wie sie damit umgehen sollen. Nun hat das Bildungsministerium gemeinsam mit „Bee Secure“ eine Kampagne gestartet, die die Eltern zu den Gefahren aufklären soll.
Eine Familie sitzt am Tisch. Vater, Mutter und Sohn starren auf ihr Smartphone. Das Essen ist gedeckt. Niemand isst. Niemand redet. Es handelt sich dabei um eines von sechs Plakaten, die das Bildungsministerium und „Bee Secure“ im Rahmen einer neuen Kampagne am Donnerstag vorgestellt haben. Unter dem Familienfoto steht der Spruch: „Wat mécht äert Kand um Iessdësch?“ – „D’Kanner léiere vun hieren Elteren: Gitt mam gudde Beispill vir!“
Bildungsminister Claude Meisch sagt, dass viele Eltern verunsichert seien und nicht wüssten, wie sie mit dem Konsum digitaler Medien bei Kindern umgehen sollen. Das Thema käme immer wieder auf. Im Zeitalter der Digitalisierung sei es wichtig, nicht nur verunsicherte Eltern aufzuklären, sondern auch jene, die sich keine Gedanken darüber machen würden.
Dazu gehöre auch die Vorbildfunktion der Eltern, wie das Beispiel auf dem Plakat zeigt. Erwachsene verlieren ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie den Kindern das Tablet oder die Playstation verbieten, selber aber den Großteil der Zeit auf ihr Smartphone schauen. Tablets oder Smartphones seien keine Babysitter, so der Minister. Natürlich betreffe das richtige Verhalten auch alle anderen Akteure des Bildungswesens wie Schulen, „Maisons relais“ oder Kindergärten.
Neben den Plakaten haben Ministerium und „Bee Secure“ auch einen Elternratgeber veröffentlicht. Diesen kann man auf der Webseite von Bee Secure einsehen. Ab dem 16. März soll er an sämtliche Eltern, deren Kinder eine Grundschule besuchen, verteilt werden.
3-6-9-12-Regel
Laut Jeff Kaufmann, Koordinator der Kampagnen von Bee Secure, basiert der Ratgeber auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft, was die Konstellation „Kinder und Bildschirme“ betrifft. Dazu zähle der Einfluss auf Lebensbereiche wie Entwicklung, Schlaf und Ernährung. Auch das Suchtpotenzial digitaler Medien spielt eine Rolle.
Es reicht nicht, einfach nur die Bildschirmzeit zu reduzierenKoordinator der Kampagnen von Bee Secure
„Es reicht nicht, einfach nur die Bildschirmzeit zu reduzieren“, sagt Kaufmann. Viel wichtiger sei es, die Qualität und den Inhalt der konsumierten Medien zu betrachten. Es gibt die altersgebundene 3-6-9-12-Regel von Serge Tisseron, auf die sich Kaufmann beruft. Für Kinder unter drei Jahren hat der Kontakt mit dem Bildschirm einen negativen Einfluss auf deren sprachliche Entwicklung, sagen die Studien. Die Empfehlung lautet deshalb: Kinder in diesem Alter sollten ihre fünf Sinne benutzen und nicht passiv vor einem Bildschirm sitzen.
Kinder unter sechs Jahren sollten Videospiele nicht alleine spielen. Hier wird empfohlen, dass Eltern zumindest kontrollieren sollten, womit sich ihr Nachwuchs befasst, oder sich dazuzusetzen und einfach mitspielen. Kinder unter 12 seien sich nicht der Risiken und Gefahren von sozialen Netzwerken bewusst. Dies sei aber das Alter, in dem viele ihr erstes Smartphone oder Tablet bekommen, so Kaufmann. Er empfiehlt den Eltern, die inhaltlichen Risiken mit ihren Kindern zu besprechen und einen Rahmen festzusetzen, innerhalb dessen sich der Bildschirmkonsum bewegen sollte.
Suchtfaktor Computerspiele
Meisch weist darauf hin, dass es mittlerweile belegt sei, dass Computerspiele süchtig machen können. Manche Hersteller würden in die Trickkiste greifen, um aus den Kindern Kunden zu machen. Am Anfang sei die Hemmschwelle niedrig: Die Spiele kosten nichts, doch häufig muss für ein Weiterkommen gezahlt werden. Oft würden Freunde des Kindes das gleiche Game spielen. Dann sei es schwierig, damit aufzuhören. „Dies hat eine Sogwirkung, die die jungen Menschen nicht unbedingt begreifen und vor der sie sich nicht schützen können“, so Meisch.
Unsere Politik will das Suchtpotenzial eingrenzen. Deshalb wollen wir starke Kinder, die resistent sind, nicht nur gegenüber digitalen Medien.Bildungsminister
Die Digitalisierung bringe auch positive Folgen mit sich. Meisch nennt die Unterstützung des Lernprozesses in der Schule, die Digitalisierung als Informationsquelle, die Weiterbildung oder das Potenzial, interaktiv in einer Gruppe zu kommunizieren. Manchmal müsse man als Eltern den Kindern auch Alternativen anbieten, damit der Nachwuchs die digitalen Geräte mal links liegen lassen. Meisch spricht aus seiner eigenen Erfahrung mit seinen Söhnen. „Einfach mal den Kindern sagen, wir gehen jetzt raus Fußball spielen. Es gibt also Möglichkeiten, die jungen Menschen vom Bildschirm wegzubekommen. Während dieser Zeit bleibt die Playstation oder das Tablet aus“, schildert der Minister.
„Unsere Politik will das Suchtpotenzial eingrenzen. Deshalb wollen wir starke Kinder, die resistent sind, nicht nur gegenüber digitalen Medien“, so Meisch. Deshalb sollte die Bildschirmzeit auf ein vernünftiges Maß reduziert werden. Ein komplettes Verbot sei keine Lösung. „Wir sehen darin ganz klar die Verantwortung der Eltern.“
„Eltern sollten ihren Kindern Grenzen setzen und sich dafür interessieren, was diese tun“, meint Meisch. Es sei normal, dass die Kinder in ihrem Drang, ihr Umfeld zu entdecken, auch die virtuelle Welt erschließen wollen. Aber dafür brauche es Limits. Man lasse ein zehnjähriges Kind schließlich nicht alleine in der Nacht durch die Straßen irren. Das Gleiche gelte für den unkontrollierten Zugang eines Zehnjährigen zum Internet.
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