/ „Wir wollen bleiben, was wir sind“: Kallstadt, ein pfälzisches Dorf mit Verbindungen zu Donald Trump
Kein Politiker wirbelt die Welt so auf wie der amerikanische Präsident Donald Trump. Durch den Trubel um dessen Person steht plötzlich ein kleines, pfälzisches Dorf im Rampenlicht. Aus Kallstadt stammen die Großeltern von Trump. Die Einwohner sehen den Rummel eher zwiespältig, sie mögen es lieber unaufgeregt.
Kallstadt ist 199 Kilometer von Esch entfernt
Das Leben in Kallstadt ist beschaulich. Feste, Wein und Vereinsleben sind die wirklich wichtigen Themen, die bewegen. Im benachbarten Bad Dürkheim ist Wurstmarkt. Mal wieder. Es gibt ihn seit mehr als 600 Jahren und wer in Kallstadt was auf sich hält, geht hin. Die Winzer im Ort treiben andere Sachen um. „Das war wettermäßig ein bewegtes Jahr und wir wissen noch nicht so richtig, was auf uns zukommt“, sagt Axel Messer (54).
Der „CEO“ der Kallstädter Winzergenossenschaft denkt an die bevorstehende Weinernte. Wenn ihn der Wein nicht beschäftigt, spielt er Orgel – und zwar die im Dorf. Das 245 Jahre alte Stück ist der ganze Stolz der Einheimischen und in ihren Augen wirklich einen Besuch wert. Dann gibt es noch 15 Vereine, die vom Sport bis zum Gesang die Freizeit abdecken. Mit rund 1.600 Mitgliedern sind dort mehr Menschen organisiert, als es die 1.200 Einwohner hergeben.
Donald Trump und Heinz Ketchup
Es könnte also alles ewig so weitergehen. Wären da nicht Donald Trump und die Heinz Company, genau die mit dem Ketchup. Die beiden Familien haben Kallstädter Vorfahren und bauen milliardenschwere Imperien in den USA auf. Während die Familie Heinz vor nicht allzu langer Zeit Geld für die Restaurierung der Orgel gespendet und sich damit einen positiven Platz im kollektiven Gedächtnis der Kallstädter erobert hat, bricht mit der Kandidatur von Donald Trump 2015 ungewohnter Trubel über das Dorf herein.
Zeitweilig verwandelt sich der „Platz der 100 Weine“ in den „Platz der 100 Medien“. Der amerikanische Nachrichtensender CNN schickt Kamerateams, die Washington Post schaut vorbei, die New York Times interessiert sich für das Dorf, alle deutschen überregionalen Medien sind mit Reportern vor Ort. Auch an diesem Tag ist ein Kamerateam aus Berlin in den Gassen unterwegs. Auf Trump angesprochen, haben die Einwohner es plötzlich eilig. Rollladen gehen herunter, Hoftore werden geschlossen.
Das Hauptinteresse gilt dem Haus in der Freinsheimer Straße 20, von wo Trumps Großvater Frederick Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika auswandert. Eine Plakette, die darauf hinweist, gibt es an dem Gebäude nicht. Niemand ist an den Fenstern, das Gebäude wirkt verwaist. „Die Besitzer sind ziemlich genervt von dem Rummel“, erklärt Jörg Dörr (49). Der Direktor des Fremdenverkehrsvereins redet sowieso lieber über andere Vorzüge Kallstadts als über Trump. „Wir gehen hier sehr neutral mit dem Thema um“, sagt er.
Kallstadt lebt vom Tourismus
Der Bürgermeister von Kallstadt reagiert ähnlich. „Wir brauchen keine Trumptorte, keinen Trumpwein oder Trumpbrot“, sagt Thomas Jaworek (51) auf einem der Kirchenbänke sitzend. In der Kirche ist es am Nachmittag schön still und er hat gute Erinnerungen an diesen Ort. Der Chemiker mit Doktortitel und gebürtige Bayer hat nach Jobs in vielen Teilen der Welt hier seine Frau, eine Kallstädterin, geheiratet. „Obwohl es eine evangelische Kirche ist, haben sie uns, zwei Katholiken, hier getraut“, sagt er.
Draußen spült der Verkehr auf der B271, die hier „Deutsche Weinstraße“ heißt, endlos Touristen ins Dorf. „8.500-9.000 Fahrzeuge sind es pro Tag“, sagt Jaworek. Viele davon kommen und bleiben, um die „Wein- und Genussregion Kallstadt“ zu erleben. Stattliche 21 Restaurants bieten mit rund 3.000 Plätzen mehr als doppelt so viele Sitzplätze, als es Einwohner gibt. Die Zahl der Übernachtungsmöglichkeiten fällt mit knapp 250 Betten genauso stattlich aus. Das liegt am Erlebniswert.
Natur pur
Die Kallstädter sind deutschlandweit ziemlich sicher die Einzigen, die Saumagen auf den Teller und ins Glas bringen. Beides mundet köstlich und erklärt den kulinarischen Ruhm des Ortes. Schon immer kommen Menschen zum Essen und Trinken aus den umliegenden Regionen ins Dorf. Das Rezept für das Gericht ist „Geheimsache“, hebt Bürgermeister Jaworek hervor. Jeder habe da so sein eigenes für die Füllung in der mittlerweile künstlich hergestellten magenförmigen Tasche, sagt er.
Aus der besten Weinlage, dem „Saumagen“, der eigentlich ein Hügel ist, füllt die Winzergenossenschaft jedes Jahr rund 50.000 Flaschen ab. Knapp fünf Millionen Euro setzt sie zusammen mit den anderen Erzeugnissen, die rund um Kallstadt in den „Wingerten“ gedeihen, um. Und dann wäre da noch das nur eineinhalb Kilometer entfernt beginnende Biosphärenreservat Pfälzer Wald, das seit 1998 um die französische Region „Nordvogesen“ erweitert ist. „Natur pur“, sagt Fremdenverkehrsdirektor Dörr. Es gibt also viele Gründe zu kommen. Trump hin oder her.
Goldrausch und ein eventueller Besuch
Dessen Großvater Frederick Trump will nicht wie viele andere Kallstädter Winzer werden und zieht 1885 los, um beim Goldrausch mitzumachen. Er sammelt Goldnuggets, die seine spätere Frau, ebenfalls eine Kallstädterin, in Grundstücke in New York investiert. Der Grundstein für das Immobilienimperium der Trumps ist gelegt. So geht die Kurzversion der märchenhaften Geschichte, die dem Dorf immer wieder hohen Besuch beschert. Zuletzt war es der amerikanische Generalkonsul James Herman, der im Januar 2018 kommt. Er betätigte sich als „Späher“, um die Lage zu sondieren, wenn Trump wider Erwarten doch noch nach Deutschland kommen sollte. Kallstadt wäre ein möglicher Punkt auf dem Programm eines Staatsbesuchs.
Sollte Trump kommen, der Rathauschef ist vorbereitet. „Dann gibt es ein Protokoll“, sagt Jaworek. „Da wird irgendwo ein Kreuz auf den Boden gemalt, wo ich drauf stehen muss und irgendjemand sagt mir, was ich sagen soll.“ Er sagt das, als rede er von einer Grippe. Die geht auch irgendwann vorbei. Spätestens hier wird klar, in Kallstadt spielt Trump höchstens eine Statistenrolle und dann noch eine wenig ruhmreiche.
Am besten wird man den Kallstädtern wohl mit einem Spruch gerecht, den die Luxemburger nur zu gut kennen. „Wir wollen bleiben, was wir sind, so heißt das doch bei euch, oder?“, sagt der Präsident der Winzergenossenschaft Robert Anton (62).
Genau das wollen die Kallstädter auch. Bodenständig, gesellig und unaufgeregt wie sie sind.
„Kings of Kallstadt“
„I also love Kallstadt.“ Das sagt Donald Trump mit der von ihm gewohnten Inbrunst, wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, in einem Film. Nach vorne gelehnt mit Blick in die Kamera und wohl akzentuiert kommt das Bekenntnis zu seinen deutschen Vorfahren. „Kings of Kallstadt“ heißt der Film, den eine Kallstädterin über ihr Heimatdorf dreht. Gute 90 Minuten geht die Dokumentarfilmregisseurin Simone Wendel der Frage nach, warum gleich zwei Auswanderer es in den USA zu Ruhm und Reichtum bringen. 2016 gewinnt sie dafür auf dem von Filmemacher Michael Moore gegründeten „Traverse City Film Festival“ den Preis für den „besten ausländischen Dokumentarfilm“. 2014 feiert der Film in einem Kino mit 800 Sitzplätzen Premiere, viele Kallstädter reisen in Bussen an.
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1938 war dach och een deen seng frei’er Heemecht besicht huet.Selwechten Szenario,oder 🙂
War zwar an Eisterreich,mais……..
Also das mit dem Ketchupvorfahren geht ja noch,aber dass der dümmste Präsident aller Zeiten bei den Kallstädtern seine Ur-Wiege stehen hatte ist schon ein harter Schlag. Aber ist ja nicht ihre Schuld und die Wogen werden sich schnell glätten wenn er heuer in Vergessenheit geraten ist.