Editorial / Wirbel an der Wetterfront: Nach der Tornado-Diagnose muss sich Meteolux erneut Fragen stellen
Man kann ja nicht behaupten, dass in Luxemburg derzeit politisch Flaute herrscht. Arbeitsminister Mischo will die Gewerkschaften abschaffen, Sozialministerin Deprez will die Meinungsfreiheit abschaffen, Außenminister Bettel will den Nahostkonflikt abschaffen und alle zusammen wollen die Versammlungsfreiheit abschaffen.
Angesichts dieses wiederholten Heranströmens von jeder Menge heißer Luft sollte man vielleicht einmal etwas abkühlen und über etwas anderes sprechen. Was läge da näher als ein Schwätzchen über etwas ganz und gar Unverfängliches – sagen wir mal: das Wetter.
Doch, oh weh – statt goldenem Oktober hängen auch an der Wetterfront dunkle Wolken am Luxemburger Himmel. Grund ist die nächste Runde im Beef zwischen dem staatlichen Wetterdienst Meteolux und Wettermann Philippe Ernzer von Météo Boulaide.
Und schon wieder die Meteorologen vom Findel im Regen. Ernzer, der auch die Wetterberichte im Tageblatt verfasst, hatte beim Unwetter am 29. Juni einen Tornado in Bissen vermutet. Er war zum Ground Zero gefahren und hatte eine Untersuchung gestartet. Für ihn war die Sache danach klar: In der Bissener Gewerbezone hatte ein Tornado getobt. Meteolux lehnte diese These kategorisch ab. Es sei „immens unwahrscheinlich“, dass es einen Tornado gegeben habe.
Jetzt gibt die europäische Sturmdatenbank ESWD Ernzer recht: Durch Bissen strich am 29. Juni ein Tornado, Stärke IF0.5. Dass die ESWD nicht eine Community von Hobby-Sturmjägern ist, weiß auch Meteolux. Der Wetterdienst referenziert die Datenbank schließlich in seinem Bericht über genau das Unwetter, um das sich alles dreht.
Das ist nicht nur ziemlich peinlich für den staatlichen Wetterdienst. Es wirft auch erneut Fragen auf. Es entsteht der Eindruck, dass man am Findel einfach grundsätzlich die Nerven verliert, wenn eine Sache irgendwas mit Philippe Ernzer zu tun hat.
Das zeigte sich auch beim irrationalen Angriff auf das Tageblatt im Mai, der an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden muss. Damals drohte ein Meteolux-Mitarbeiter einem Tageblatt-Journalisten, unsere Zeitung von allen Informationen des staatlichen Wetterdienstes abzuschneiden. Dreimal darf der geneigte Wetterfrosch raten, worum sich die Anfrage des Journalisten drehte: Météo Boulaide.
Beim Tornado in Bissen geht es nicht um einen abgehobenen Gelehrtenstreit. Einer der handelnden Akteure in dieser Geschichte ist eine staatliche Behörde, deren Auftrag es ist, die Öffentlichkeit vor Wettergefahren zu warnen.
Ob man bei Meteolux seine Analyse zu Bissen jetzt revidiert? Diese Frage beantwortete die zuständige Verwaltung dem Tageblatt am Freitag nicht. Nächste Woche will man mit Genauerem auf uns zurückkommen. Ob es sich nun um einen Tornado handelt oder nicht, ist mittlerweile fast zweitrangig. Aber eine Erklärung, warum man zu welchem Schluss kommt – und ob man nicht vielleicht doch etwas übersehen oder verpasst hat –, ist angebracht. In Zeiten von Klimawandel, Extremwetter und Falschmeldungen wäre es gut, wenn wenigstens der staatliche Wetterdienst offen kommuniziert.
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