Automobilmarkt in Luxemburg / Wohin geht die Reise beim Auto-Festival 2022?
Allgemeine Verunsicherung kennzeichnet die Gemütslage der Luxemburger Autoszene, die trotz oder gerade wegen staatlicher Vorgaben komplexer, undurchsichtiger und anfälliger als je zuvor geworden ist. Der Autofahrer steht an einer Kreuzung und weiß nicht, wohin er denn jetzt abbiegen soll. Er hat die Wahl zwischen Verbrenner mit Benzin oder Diesel, Hybrid-Fahrzeugen oder reinen Elektroautos. Wohin geht die Reise, fragt unser Korrespondent Marc Schonckert.
Geradeaus fahren und auf der Straße des klassischen Antriebs mit Verbrennungsmotoren bleiben, an deren Ende eine Mauer wartet, die laut europäischen Verordnungen und Richtlinien der Weiterfahrt ein brutales Ende bereiten soll? Entlang der klassischen Hauptstraße befindet sich noch eine Nebenstraße, die noch schneller ins Verderben führt, was viele wissen, aber nicht zugeben wollen. Es ist nämlich der Holzweg, auf dem sich die Politiker und Umweltschützer befinden, wenn sie meinen, mit Benzinmotoren die CO₂-Emissionen reduzieren zu können, und dafür den Diesel verdammen, der bekanntlich weniger CO₂ produziert als ein vergleichbarer Benziner – aber das darf bekanntlich nicht sein, weil aufgebrachte Umweltorganisationen, betrogene Autofahrer und Politiker das nach dem einmaligen Dieselskandal vor einigen Jahren so wollten, und an diesem Tatbestand kann auch der modernste, sauberste und effizienteste Diesel nichts ändern.
– Nach rechts Richtung Elektro-Mobilität abbiegen, auf die Straße, welche uns in eine reine, saubere und CO₂-freie Zukunft führen soll, durch blühende Landschaften voller Windkrafträder, deren Herstellung, Transport, Aufstellung und Unterhalt so CO₂-intensiv sind, dass man sie genauso gut mit Dieselmotoren antreiben könnte?
– Nach links in die Kompromiss-Allee hineinfahren, man nennt sie auch Hybrid-Straße, meist eine Mogelpackung für gutes Gewissen mit kombiniertem Elektro- und Verbrenner-Antrieb, der die SUVs nicht leichter und die Limousinen nicht sparsamer macht?
Man könnte sich auch eine Kreuzung mit einem riesigen Parkplatz vorstellen, auf dem man sein Mobil kurzerhand abstellt und auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigt. Das empfehlen uns die Politiker mit Dienstwagen und Chauffeur, die nicht selten in unmittelbarer Nähe zu ihrem Arbeitsplatz wohnen und sich eine Fahrt mit dem Fahrrad ins Büro leisten können. – Bei gutem Wetter, versteht sich. Viele Umweltschützer fahren Bus, nur samstags nicht, dann fahren sie mit ihren SUVs zu entlegenen Parkplätzen, wo sie dann eine Radtour starten und unterwegs eine Menge Autofahrer ärgern.
Hier sollte man vielleicht daran erinnern, dass der öffentliche Personentransport in Luxemburg gratis ist, auf diesem Gebiet sind wir ein Vorbild für die ganze Welt. Die Tram fährt mittlerweile vom Hauptbahnhof bis hinauf zum Kirchberg und verteilt die Reisenden im Minutentakt auf die anliegenden Gebäude, wo sie dann in der Mittagspause bei einem Latte Macchiato das Wochenende planen. Das Problem ist eigentlich nur: Wie kommt man bis zur Tram, wenn man nicht gerade in unmittelbarer Nähe wohnt? Ach ja, stimmt, dazu haben wir ja ein Auto, oder, wenn es wirklich nicht anders geht, den Bus, der uns aus den entlegensten Ecken des Landes in die Stadt bringt, vorzugsweise mit einem Gelenkbus und mit einem Fahrplan der …, aber lassen wir das, es geht ums Auto-Festival und damit um eine Antriebsfeder des gesellschaftlichen Lebens und nebenbei auch der persönlichen Imagepflege in Luxemburg.
Das Auto entspricht einem Transportbedürfnis, aber nur zum reinen Transportzweck kauft sich in Luxemburg kein Mensch ein Auto, da könnte man ja gleich auf Bus oder Zug umsteigen. Damit wären wir also wieder beim öffentlichen Nahverkehr …
Die Hauptthemen
Zu Unrecht vernachlässigt: der Diesel
Irgendwann wird Schluss sein mit den Verbrennungsmotoren, das ist amtlich, aber kein Grund zur Sorge. Bis dahin ist noch ein langer Weg über hunderttausende von Kilometern. Wer viel fährt und dazu über weite Strecken, wird mit einem Diesel immer noch bestens bedient sein. Herausragende Kraftentwicklung und beachtliches Durchzugsvermögen aus den Tiefen der Drehzahlen verleihen den Diesel-Fahrzeugen immer noch eine besondere Note von entspanntem Fahrkomfort bis sportlichem Antritt, zu denen sich hohe Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit gesellen. Im Verlaufe der Neuvorstellungen im letzten Jahr konnten wir zwar nur wenige Diesel-Modelle fahren, aber sie alle überzeugten mit den oben erwähnten Eigenschaften. So der neue Dacia Duster dCi mit munteren 115 PS oder der BMW 420d mit seinen 190 PS in bester Prägung der allseits gegenwärtigen Fahrdynamik, die einen BMW auszeichnet, oder der überarbeitete Skoda Kodiaq mit 150- oder 200-PS-Diesel, in beiden Fällen ein SUV der Sonderklasse, was Fahrverhalten, Antritt und Komfort betrifft. Gleiches trifft auch auf den Alfa Stelvio 2,2 zu, dessen 210-PS-Diesel beweist, wie temperamentvoll man bei Alfa die Diesel-Technik handhabt. Nicht zu vergessen der Opel Grandland, dessen 130 PS starker 1,5-Liter-Diesel mit viel Ruhe und überzeugender Kraft begeistert. Top im Diesel-Bereich war bei unseren Fahrversuchen die Mercedes-S-Klasse mit 2,9-Liter-Sechszylinder-Diesel, der sich mit seinen 330 PS auch im Premium-Bereich gegenüber der Benzin-Konkurrenz souverän, manierlich, aber kraftvoll behauptet.
Diesel-Modelle werden beim diesjährigen Auto-Festival jedoch nur eine kleine Rolle spielen, außer im Bereich der kleinen Nutzfahrzeuge und Kleintransporter oder aber bei den wirklich geländetauglichen Allrad-Autos oder Pick-ups. Bei den Kleinwagen oder den Kompakten werden sie immer seltener, wie auch bei den Familienbreaks oder den SUVs. Die sehr umstrittene Alternative heißt Hybrid, vornehmlich in der Kombination von Benzin- und Elektromotor.
Verpasste Chancen
Die Dieselstory könnte man auch als eine Erzählung der verpassten Chancen zusammenfassen. Aber die Kollateralschäden im Zuge des Dieselskandals, nämlich die weit verbreitete Panik betreffend Feinstaub, Stickstoff-Emissionen und Lärm, sowie drohende Fahrverbote in einigen Städten haben dem modernen Diesel jede Grundlage zur Weiterentwicklung entzogen. Die real existierende Möglichkeit von effizienter Senkung der CO₂-Emissionen mit Diesel-Aggregaten wurde somit nachhaltig beeinträchtigt. Von einem Erfolg in Sachen Umweltschutz und Kontrolle der Erderwärmung kann hier wirklich keine Rede mehr sein. Dafür gibt es jetzt Einliter-Dreizylinder-Benziner mit ansprechender Leistung. Die optimale Lösung als Sparwunder sind die allerdings nicht. Auch nicht in Sachen CO₂-Reduzierung.
Dreizylinder für Kleine und Kompakte
Sie haben zwischen 1,0 Liter und 1,6 Liter Hubraum, haben Turbo-Aufladung und rüsten inzwischen nicht nur sogenannte Kleinwagen, sondern auch Kompakte bis kleine Mittelklasse aus. Seat setzt sie in den Ibiza, Arona oder Leon ein, BMW in seinen Einstiegs-Kompakten, VW im Polo und sogar im Golf, Ford im Fiesta, Opel in den Corsa, Mokka und sogar Grandland, Peugeot in den 208 und 2008 und 3008, Citroën und DS fahren damit und auch Renault, Nissan, Toyota oder Hyundai und noch andere. Leistungsmäßig ergeben sie ein breites Spektrum von knapp 60 PS bis zu den 261 PS des Toyota Yaris GR. Sie sind ideal für den Alltag, ob in der Stadt, auf der Landstraße oder gar auf der Autobahn. Bei den Toyota Yaris GR, dem Ford Fiesta ST (200 PS) oder Ford 1.0 Ecoboost (155 PS) ist schon etwas mehr drin als nur das Erlebnis eines gemütlichen Ausflugs. Wir haben sie alle ausprobiert. Am blechernen Klang kann man sie sofort erkennen, zumindest beim Anlassen des Motors. Die Dreizylinder sind noch jung, Aufschlüsse in puncto Zuverlässigkeit und Langlebigkeit wird die Zukunft liefern, die Verbrauchsdaten variieren mit Leistung und Gewicht. Wer das gesamte Leistungsvermögen eines Dreizylinders voll ausschöpft und ihn hochtourig über Berg und Tal bewegt, wird sich nicht in einem Sparmobil wiederfinden.
Letztes Hurra der Sportler?
Das Elektro-Zeitalter droht, das Aus für Benziner ist bestimmt und die Hersteller von Sportwagen und Kompakt-Sportlern übertreffen sich mit Neuheiten. Wie ein letztes Hurra vor dem Gang in die letzte Schlacht wird noch einmal aufgerüstet und die Freunde schneller Sportwagen werden mit verlockenden Neuheiten überrascht. Natürlich verkündet man die Absicht einer zukünftigen Umstellung auf E-Antrieb, was Porsche dann mit dem Taycan schon längst in die Tat umgesetzt hat, aber noch bleiben Zeit und Potenzial für die Entwicklung und Fertigung rassiger Sportwagen oder leistungsstarker Kompakt-Sportler mit Benzinmotor. Die Gemeinde zahlungskräftiger Interessenten ist riesig und bei diesem Angebot würde es nicht wundern, wenn sich einige Zeitgenossen demnächst zusammentun und in einen Supertanker samt Ladung investieren, um langfristig über genug Treibstoff für ihr Spielzeug zu verfügen. Weltweit werden neue private Rennstrecken entstehen, man wird stillgelegte Flugplätze umbauen und der Mensch wird seine Faszination für Geschwindigkeit dort ausleben, wo er vor dem Gesetz und den Umweltschützern sicher ist, und es werden Krankenhäuser, Abschleppdienste, Hotelunterkünfte, Restaurants, Bars und Striplokale an den Pisten gebaut und man wird sie beneiden, die glücklichen Besitzer von Benzin-Sportwagen, während spezielle, bis an die Zähne bewaffnete Sicherheitskräfte die Treibstofflager bewachen und die Kartelle in Mexiko und Kolumbien ihre Labors auf die Herstellung von synthetischem Benzin umrüsten, mit denen auch die Überwachungsdrohnen der DEA betankt werden, aber Geschäft ist nun einmal Geschäft.
Ungeachtet dieser geopolitischen Auseinandersetzungen haben die Bentley, Porsche, Ferrari, Jaguar, Lotus, Lamborghini und wie sie alle heißen, ihre Modellreihen aufgewertet, ihre Produkte schärfer, teurer und noch exklusiver gemacht. Immerhin hat Bentley jetzt einen Hybrid-Bentayga angekündigt, Lamborghini liebäugelt mit einem E-Modell und Porsche und Audi fahren jetzt schon allen um die Nase mit den Taycan und e-tron GT, sodass man beruhigt mit den neuen 911 GT3 und den Cayman GT4 RS und den Macan und Cayenne noch einmal Gas gibt. Das Ende ist nah, aber so nah nun auch wieder nicht. Wer im neuen Audi A3 RS unterwegs ist, wird sich von Langzeit-Perspektiven ohnehin nicht die Stimmung vermiesen lassen.
Die SUV-Invasion
Am Anfang waren die Geländewagen, die Daihatsu Rocky, Nissan Patrol oder Toyota Land Cruiser, auch damals bei uns schon zweckentfremdet unterwegs und von Acker und Feldweg auf die Straße verbannt. Dann tauchten die Vans auf, zuerst der Renault Espace, gefolgt von einer Herde Familientransporter, dann wurden die Vans kleiner, die Geländewagen gesellschaftsfähiger und am Ende kamen die SUVs heraus, weil man sich auf einen Kompromiss zwischen Nutzeffekt (Utility) und Fahrspaß einigen musste. Also kam „S“ für Sport, doch die wenigsten SUVs eigneten sich zu sportlichen Zwecken, aber marketingsmäßig klang SUV eben besser, obwohl es genauso gut zu den damaligen Breaks gepasst hätte. Dann wollten auch die kleinen und kompakten SUV sein, indem sie an Höhe und Kopffreiheit zulegten und als Belohnung gelegentlich mit Allrad ausgestattet wurden. Heute heißen sie Crossover, sie fahren sich wie normale Autos, was sie ja auch sein sollten, und haben mit dem „Utility“-Anspruch aus dem SUV-Begriff nur noch so viel gemeinsam, als dass man erst einmal die Rückbank umlegen muss, um entsprechenden Stauraum zu gewinnen.
Die Liste der heutigen SUVs und Crossovers übertrifft bei weitem diejenige klassischer Klein-, Kompakt- und Mittelklassewagen. Nur die Oberklasse wehrt sich vehement gegen diesen Trend, die wenigen Hersteller im Premium-Segment bleiben bei klassischen Viertürern mit Kofferraum, erweitern dafür ihre Modellreihen auf eigenständige, hochkarätige und luxuriöse SUVs am Rande diskutabler Optik und mit fragwürdigem Nutzeffekt.
Bei Audi findet man eine Riesenauswahl an SUV-Modellen, von Q2 über Q3 und Q5 bis hin zu den E-Ausgaben Q4e-tron. Zudem erhält man in diesen Modellreihen zur klassischen Karosserieform mit steil abfallendem Heck auch eine Sportback-Version – sie sieht eleganter aus und verleiht dem Auto den sportlich-dynamischen Look, den die anderen Modelle vermissen lassen. Das hat auch Porsche erkannt und beim Cayenne entsprechend Hand angelegt. Den umgekehrten Weg ging Porsche allerdings bei den Panamera und Taycan, wo man dem klassischen Fließheck jeweils eine Version mit Break-ähnlichem Heck folgen ließ und es „Turismo“ taufte und neuerdings beim Taycan dem „Cross Turismo“ noch einien „Sport Turismo“ folgen lässt.
Alfa Romeo hat seinen attraktiven und äußerst sportlichen und zudem elegant aussehenden Stelvio, BMW hat seine vielfältige X-Reihe, Bentley hat den Bentayga, Citroën/DS die Crossover DS3, DS4 oder DS7, Dacia seinen Duster, der immer noch wie ein Geländewagen aussieht und sich wie ein Auto fährt, Ford hat seine Kuga und Puma auf Crossover-Look getrimmt, aus dem kleinen Fiat 500 hat man einen Crossover-Ableger mit überraschenden Platzverhältnissen abgezweigt, bei Fiat/Chrysler finden sich noch echte Gelände-Pioniere mit den Jeep, dem brandneuen Grand Cherokee 4xe, dem Renegade und Compass, Hyundai hat mit dem neu gestylten Tucson, dem Bayon und dem Santa Fé drei Publikumslieblinge im Showroom, Jaguar bietet mit den F-Pace dynamische und anspruchsvolle Premium-SUVs an, wer Höchstleistung mit Allrad-Dynamik, apartem Design und stimmungsvollem Sound wünscht, wird mit dem Lamborghini Urus in den Olymp der Super-SUVs aufsteigen. Nicht ganz so hoch, aber immerhin in den erlesenen Kreis von Premium-Mobilen, die sich bei aller Luxus-Ausstattung für einen Ritt ins Gelände nicht zu schade sind, fahren die neuen Range Rover, bei Mazda gibt es mit den CX-30 und CX-5 hervorragende Alltags-Mobilität in komfort- und umweltorientierten SUV-Modellen, bei Mercedes erstreckt sich das Angebot von GLA über GLB, GLE und GLS bis hin zu den neuen EQ-Elektrikern, bei Nissan steht der neue Qashqai, Opel zeigt mit den Crossland, Mokka und Grandland eine vielfältige Reihe von SUV-Modellen mit Diesel, Benzin, Hybrid und, wie beim Mokka, reinem E-Antrieb, Peugeot hat die Modellreihen 3008 und 5008, Renault den Mégane, der nun, neben den klassischen Motorisierungen, auch auf Hybrid setzt, Skoda hat die Reihen Kamiq, Karoq, Kodiaq und das E-Aushängeschild Enyaq iV, Toyota stellt den neuen Corolla Cross vor und den RAV4 PHEV, Suzuki hat mit dem neuen S-Cross ein attraktives Kompaktmodell im Programm und VW stellt mit dem neuen VW Multivan T7 zwar keinen SUV, dafür aber einen praktischen Familientransporter vor, der viel mehr als ein Kleinbus, nämlich eher ein geräumiger Van mit bester und praktischer Ausstattung ist.
Das Hybrid-Versprechen
Was zwei können, schafft einer auch allein
In Erwartung des Durchbruchs der reinen E-Fahrzeuge und einer flächendeckenden Stromversorgung in Europa setzen viele Hersteller auf Hybrid-Antrieb, um drohenden Strafen wegen eines zu hohen und die EU-Limits überschreitenden CO₂-Ausstoßes zu entgehen. Die Rechnung ist einfach und betrifft hier nur die sogenannten PHEV, also die Plug-in Hybrid Electric Vehicles, welche derzeit den Markt überschwemmen. Diese Fahrzeuge verfügen über Batterien, die man zu Hause oder an einer öffentlichen Säule laden kann, sie können auch während der Fahrt, durch Rekuperation beim Bremsen oder Segeln oder beispielsweise Gaswegnehmen bei Bergabfahrt, wieder etwas Energie gewinnen, die dann in den E-Speicher eingespeist wird, was allerdings nur unwesentlich zur Aufbesserung der E-Reichweite beiträgt und je nach Modell sehr unterschiedlich ist.
Von den Mild-Hybrid-Autos sehen wir hier ab, die haben eine Batterie mit nur geringem Gehalt für eine kleine Reichweite, die meist um die 2-3 km beträgt. Sie laden nur bei der Fahrt durch Rekuperation, was dann erlaubt, bei langsamem Tempo eine kurze Strecke rein elektrisch zu fahren, oder den Benzinmotor beim Beschleunigen zu unterstützen. Die Treibstoffersparnis ist unbedeutend, man hat ein gutes Gewissen und ein Auto, das ohne den technischen Aufwand für E-Speicher, E-Motor und Generator viel leichter wäre und mit seinem Benzinmotor nicht mehr verbrauchen würde als in MHEV -Konfiguration.
Rechnung für Gutgläubige
Gleiches gilt auch für die PHEV-Autos, zumindest für die meisten, die hier den Anspruch extremer Umweltfreundlichkeit und Reduzierung der CO₂-Emissionen erheben. Denn die Hersteller machen es sich sehr leicht und berechnen den Verbrauch auf die ersten 100 km, wobei man mit voller Batterie losfährt und erst dann, wenn der E-Speicher leer ist, der Verbrenner einsetzt, was größtenteils ein Benziner und nur in ganz wenigen Fällen ein Diesel ist, dies aus Platz- und Kostengründen. Geht man davon aus, dass bei den meisten PHEV die E-Autonomie 50 km beträgt (sie variiert zwischen 30 und 80 km, je nach Marke) und man dann die ersten 50 km rein elektrisch fährt, was praktisch unmöglich ist (außer man fährt 50 km weit auf abfallender Strecke mit Tempo 50 km/h, bitte aufwachen!), dann würde man nur auf den restlichen 50 km mit Benzinantrieb fahren und käme somit auf einen erfreulichen Verbrauchsdurchschnitt. Einige Hersteller geben hier Werte von 1,5 bis 2,5 Liter an, das wäre mehr als erfreulich, in der Praxis jedoch so gut wie nie realisierbar, denn dafür müsste man gemütlich durch die Gegend schleichen, so gut wie nie anhalten, denn beim Anfahren verbraucht man am meisten Sprit, natürlich nie beschleunigen wie etwa beim Überholen, die Autobahn meiden und den Feierabendverkehr auch. Gut möglich, dass jemand von Esch/Alzette nach Luxemburg-Kirchberg mit E-Antrieb ins Büro fährt und dort das Auto an der Steckdose auflädt. Gut möglich, dass er dann abends wieder elektrisch zurückfährt und zu Hause für den Tag darauf lädt. Theoretisch würde eine volle Batterieladung für mehr als nur die Hinfahrt oder die Rückfahrt reichen. Wie gesagt, gut möglich, aber wenig realistisch. Bei ordentlichem Tempo auf der Autobahn oder auf der Landstraße und Beschleunigungen an der Ampel wird man keine 50 km rein elektrisch, also im EV-Modus, zurücklegen, jedenfalls nicht mit einer Batterie, die im Prospekt eine Autonomie von 50 km verspricht. Man verbraucht mehr Strom, weil man halt im Verkehr mitfahren muss, man stellt die Heizung oder die Klimaanlage an, man schaltet das Licht ein oder die Beheizung der Windschutzscheibe und dann sinkt der Autonomie-Pegel schneller, als man denkt, und dann muss der Benzinmotor ran und der muss jetzt schwerer arbeiten als gewohnt, denn er trägt jetzt die ganze Last des Antriebs.
Zurück zu den Hersteller-Angaben. Nicht jeder kann oder will nach 50 oder 100 km anhalten und die Batterie wieder laden. Vor allem nicht, wer weite Strecken fährt und unterwegs keine Stunden Ladezeit für bescheidene 50 km E-Autonomie opfern möchte. Nach den ersten 100 km, darunter theoretischen und märchenhaften 50 km im E-Modus, errechnet der Hersteller einen Benzinverbrauch von 2,5 Litern. Und auf den darauf folgenden 100 km, mit leerer Batterie und nur mit Benzinmotor, wären es dann theoretische 5 Liter laut dieser Rechnung. 5 Liter bei einem kleinen Benziner wären nicht schlecht, sind aber in der Praxis unter normalen Fahr- und Straßen-Bedingungen wohl kaum zu erreichen. Und wenn doch, warum braucht man dann auch noch einen E-Motor?
Die meisten PHEV-Autos können über Tastendruck auf reinen EV-Modus geschaltet werden, dann fährt man elektrisch, solange der Vorrat reicht, und das ist abhängig von Tempo, Fahrstil und dem Verbrauch von Heizung, Belüftung und Lichtanlage.
Nachhaltiges Teamwork?
Im Hybrid-Modus dagegen arbeiten beide Systeme zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Bei Gaswegnahme, beim Segeln oder Bergabfahrt sieht man am Monitor, dass der Benziner und der E-Motor abschalten und beim einfachen Dahinrollen sogar etwas Energie in den E-Speicher gespeist wird. Beim Beschleunigen setzt der E-Motor wieder ein, wenn nicht zu viel Last verlangt wird, ist das der Fall, schaltet sich der Benziner wieder ein und übernimmt die Hauptlast des Vortriebs, dies besonders bei hohem Tempo auf der Landstraße oder der Autobahn. Hat das Auto genug Schwung, sieht man an der Digitalanzeige im Armaturenbrett, dass ein Teil des Energieaufwands des Benzinmotors nicht nur auf die Antriebsräder gelangt, sondern auch in die Batterie eingespeist wird. Bei gemütlicher Fahrt vornehmlich auf flacher Strecke kann man dann erkennen, wie der E-Motor einsetzt und den Antrieb allein ausführt. Beim Beschleunigen setzt der Benziner wieder ein und so setzt sich das ganze Spiel fort, bis der E-Speicher leer ist, denn auch die beste Rekuperation kann den E-Verbrauch nicht kompensieren. Also geht’s weiter mit Benzin. Zu Hause muss das PHEV-Auto zum Nachladen an die Steckdose. Trotz des geringen Fassungsvermögens dieser Batterien kann so ein Ladevorgang an der normalen Steckdose einige Stunden dauern, für Schnell-Lader mit 50 oder 100 kW Ladeleistung wie bei einigen reinen E-Fahrzeugen sind diese PHEV nicht ausgerüstet.
Wir erreichten bisher mit keinem PHEV die vom Werk laut WLTP-Testverfahren angegebenen Verbrauchswerte, obwohl wir bei einige Modellen nicht weit von den Angaben entfernt waren, vor allem bei gemütlichen Fahrten auf einsamen Straßen bei viel Sonne und 21 Grad Außentemperatur, was weder Klimaanlage noch Heizung noch Wischer beanspruchte. Bei anderen Modellen stellten wir fest, dass wir mit den Benzinmotoren allein und mit leerem E-Speicher auf annehmbare Verbrauchswerte gekommen waren. Und hätte der Benziner nicht auch noch das Mehrgewicht von Batterie und E-Motor bewältigen müssen, wäre sogar mehr, sprich geringerer Benzinverbrauch, drin gewesen.
PHEV-Modelle sind auf der Kurzstrecke zweckvoll, aber keineswegs Wunderlösungen in der Reduzierung von CO₂-Emissionen, vor allem nicht auf der Langstrecke. Aber wenn sich alle die Mühe machen würden, ihr PHEV daheim oder am Arbeitsplatz regelmäßig zu laden, wäre schon ein Fortschritt erzielt.
Elektro-Durchmarsch mit Hindernissen
Der Durchmarsch der Elektro-Autos hat eingesetzt, in einigen Ländern beängstigend stark, in anderen alarmierend zögerlich. In Luxemburg verzeichnen E-Autos steigende Erfolge, besonders auf dem Premium-Markt, wie könnte es anders sein. Immer mehr Käufer entscheiden sich für Elektro-Mobilität, doch den von der Politik erwünschten Durchmarsch wird es (noch) nicht geben. Der in Luxemburg registrierte Fuhrpark betrug 433.000 Autos Anfang 2021, darunter waren es gerade mal 4.444 Einheiten von reinen E-Autos, die Hybriden nicht mitgezählt. Mit den Neuanmeldungen im Verlaufe des Jahres bleibt es immer noch bei einer vierstelligen Zahl.
Es gibt verschiedene Gründe, warum den E-Autos so viel Skepsis entgegenschlägt. Da wäre einerseits der Preis, denn die Mehrzahl derzeitiger E-Autos auf dem Markt bewegt sich preislich auf einem anspruchsvollen Niveau, hier dominieren wieder einmal SUVs aus dem Premium-Segment, auch wenn immer mehr die Kompakt- und Mittelklasse beim E-Antrieb einsteigt. Leistungsstarke Premium-SUVs, Limousinen und Sport-Coupés mit ansprechender Reichweite gibt es derzeit und in zahlreichen Varianten bei Audi, BMW, Mercedes, Jaguar, Tesla, Polestar oder Volvo, aber auf preisgünstige Elektriker wird man noch etwas warten müssen. Die Marke MG, die inzwischen Chinesisch spricht, will in der unteren Preisklasse Fuß fassen, wobei zu bemerken ist, dass die untere Preisklasse bei Elektro-Autos immer noch an die 30.000 Euro heranreicht. Dacia, Renault-Ableger für preisgünstige Klein- und Kompaktwagen und mit dem Dacia Duster im SUV-Bereich auf eine stets wachsende Fangemeinde zählend, hat jetzt mit dem Spring ein E-Auto unter 20.000 Euro auf dem Markt.
Der zweite Grund für die Skepsis gegenüber E-Autos ist die Reichweite, welche diese Autos bieten. Dabei sind diese Werte gar nicht einmal so schlecht, doch es sind Werksangaben, die sich in der Praxis selten nachvollziehen lassen. Wer sein E-Auto in unserem Land nur zur Fahrt zum Arbeitsplatz und nebenbei zu einigen Abstechern ins Einkaufszentrum, zum Sportplatz oder zum Besuch bei Freunden benutzt, muss sich über mangelnde Reichweite keine Sorgen machen. Vorausgesetzt, er lädt zu Hause über Nacht, oder an einer Ladesäule, falls denn eine in der Nähe oder nicht gerade besetzt ist.
Unbedingt vorausplanen
Wer eine längere Fahrt über mehrere Hundert Kilometer vorhat, wird sich seine Fahrt akribisch genau überlegen müssen: Er muss planen, wie weit er mit einer Batterieladung fahren darf und wo er Nachschub findet und welche Zeit er dafür einrechnen muss. Eine Einkaufsfahrt nach Trier wäre da kein Problem, doch allein schon ein Trip von Luxemburg nach Brüssel wird problematisch: 220 km liegen bei den meisten E-Autos im Bereich des Möglichen, dafür muss aber das Tempo angepasst werden, denn mehr als 90 km/h verbrauchen übermäßig Strom, wie auch Heizung oder Klimaanlage. Anders bei einem Porsche Taycan, einem BMW iX, einem Mercedes EQ oder einem Audi e-tron, die auch den Vorteil haben, an Schnell-Ladern über 50 kW Ladeleistung „tanken“ zu können, was den bescheideneren Elektrikern an den 11-kW-Säulen nicht vergönnt ist.
Aus Erfahrung wissen wir, wie weit die Verbrauchsschere bei E-Autos zwischen gemütlicher und schneller Fahrt auseinander liegt. Vom Fiat 500 Electric über den Dacia Spring, die Hyundai Kona, Ioniq5, Opel Corsa-e und Mokka-e bis zu den Porsche Taycan, Audi e-tron GT und BMW iX über die Peugeot 208-e, die Mercedes-EQ-Modelle, den Volvo XC40, den Jaguar I-Pace, den Mustang Mach-E, den Mazda MX-30, den Skoda Enyaq iV, die VW Modelle ID.3 und ID.4, den SsangYong Korando-e oder den Lexus UX haben wir fast alle E-Modelle erproben dürfen, die es bis vor kurzer Zeit auf dem Markt gab. Der Unterschied zwischen einer gemütlichen Fahrt durch Tempo 30- und 50-km/h-Zonen und flachen Landstraßen von Dorf zu Dorf einerseits, und zügiger Fahrt mit Tempo 90 und 110 km/h auf der Landstraße mit vielen Steigungen andererseits, war gewaltig. Im langsamen Stadtverkehr bewegte sich die Anzeige für verbleibende Autonomie fast langsamer als die Zahl tatsächlich gefahrener Kilometer, auf der Langstrecke bedeuteten gefahrene 100 km oft den Verlust von 130 Autonomie-Kilometern, bei schlechtem Wetter und dem Einsatz von Heizung, Gebläse und Lichtanlage waren es noch mehr.
Ein Tipp: Fahren Sie die Strecke von Luxemburg-Kirchberg über die Autobahn nach Arlon, von dort über die N4 bis Erpent am Eingang von Namur und Sie werden sehen, was so ein E-Auto drauf hat. Es erwarten Sie abwechselnd Streckenabschnitte und Ortsdurchfahrten mit Tempo 120, 90, 70 und 50 km/h, eine Menge Steigungen und schlechter Asphalt. Unter einer Batterieladung mit Reichweiten-Angabe von 250 km werde ich mich nicht mehr auf diese gemessen 160 km lange Strecke wagen.
Dass es auch anders geht, zeigte eine kleine Fahrt mit dem Dacia Spring, quer durch Brüssel, meist durch Tempo 30- oder 50-Zonen, bei dichtem Verkehr und langsamem Dahinrollen, hinaus in die Ebene von Waterloo nach Nivelles. Die gefahrene Distanz betrug um die 60 km, die Autonomie-Anzeige sagte mir, dass ich für diese Strecke nur knappe 30 km Reichweite geopfert hatte.
Wenn alle laden
Ungenügender Strom-Nachschub ist ein weiteres Problem, das uns langfristig bedroht. Dabei nehmen wir im Bereich flächendeckender Infrastruktur von Ladesäulen einen Spitzenplatz in Europa ein. Doch hier hinkt die Ladeleistung hinterher: Wer sein Auto an einer Ladesäule abstellt, muss sich auf einige Stunden Wartezeit einstellen, falls er Strom für mehr als 100 km Reichweite laden möchte. Ein Horror-Szenario, aber durchaus denkbar: Wenn eines Tages unser Fuhrpark in dem Ausmaß auf E-Autos umstellt, wie es sich einige Politiker vorstellen, dann bricht unsere Stromversorgung zusammen und in den Straßen werden die Lichter ausgehen und an den öffentlichen Ladesäulen wird es zu Auseinandersetzungen kommen und wir werden den Dieselgenerator im Keller anstellen, um PC und Fernseher zu versorgen. Aber das wollen wir doch alle bestimmt nicht!
- Der Dacia Duster TCe 150 passt sich mit Gefühl an - 13. Mai 2023.
- Rächer in neuer Umgebung - 7. Mai 2023.
- Emotionsgeladen in die Zukunft - 7. Mai 2023.
Was soll man denn machen wenn man auf ein Auto angewiesen ist und es fehlt der direkte Zugang zur Steckdose? ÖT na ja, nur bedingt zu empfehlen, passt wenn man in der „Schusslinie“ wohnt.
Werde bis zu meinem Ableben mit Diesel fahren, es sei denn es kommt eine neue Generation von E-Autos und Lademöglichkeiten, oder der liebe Franz macht sein Versprechen war.
Was sagt eigentlich H. Breden zu seinem H2 Auto. H. Schonckert mal interviewen bitte zu seinen Erfahrungen!