Logement / Wohnungsbau in Diekirch: Wenn der Staat sich selbst im Weg steht
Jeder spricht über Wohnungsnot und Wohnungsbaupolitik in Luxemburg. Politiker aller Couleur wissen anscheinend alle von den unzähligen Problemen, jeder will sie auch gleich aus der Welt schaffen. Das betrifft vor allem den jetzigen Wohnungsbauminister, seine Vorgängerin und deren Vorgänger. „Wir müssen“ …, „wir werden“ …, „wir können“ …, „wir dürfen nicht …“ – So oder so ähnlich beginnen seit Jahren sämtliche Sonntagsreden zum Thema Wohnungsbaupolitik. Zwei Beispiele aus Diekirch zeigen, wie es in Wirklichkeit aussieht.
„Der Wohnungsbau ist ganz klar eine Priorität. Im Wohnungsbaubudget sind viele Kreditposten unbegrenzt, ob es sich nun um subventionierte Wohnungsbauprojekte handelt oder um den Ankauf von Bauland durch den Staat. Es ist keine Frage des Geldes“, so Henri Kox letztes Jahr im Luxemburger Wort.
Auf die Frage „Werden Sie eine Frist für öffentliche Bauträger einführen, innerhalb derer sie bauen müssen?“ antwortete Kox klar und deutlich: „Warum nicht? Ich weiß nur nicht, ob es Bedarf gibt. Ich kenne nicht viele Gemeinden, die Bauland haben, das nicht bebaut ist.“ Und was die oft als viel zu langwierig angesehenen Prozeduren anbelangt, war Kox der Meinung: „Diese sind so, wie sie in einem demokratischen Staat sein sollen. Sie müssen nur zielorientiert und mit der nötigen Konsequenz angewandt werden.“
Weitere „Phrasen“
Im Tageblatt illustrierte der Minister, wozu der öffentliche soziale Wohnungsbau in der Lage sei: Mit dem Projekt „Elmen“ wachse in der Gemeinde Kehlen seit einigen Jahren quasi ein ganzes Dorf vom Reißbrett direkt in die Realität. Bis zu 2.200 Menschen sollen einmal in den rund 800 Wohneinheiten, die dort entstehen, leben. Da dieses Projekt angesichts der Wohnraumknappheit und der damit einhergehenden steigenden Mieten in Luxemburg nur ein erster Schritt sein kann, räumte der Minister ein: „Wir haben da ein Defizit.“ Er versprach aber im gleichen Atemzug fortlaufende Anstrengungen. Dazu rufe er auch die Gemeinden auf, sich entsprechend einzubringen.
Im September letzten Jahres sagte der gleiche Minister für Wohnungsbau in einem Interview mit L’essentiel, er wolle den Bau von Wohnungen fördern und dabei „Spekulationen“ einen Riegel vorschieben. Zu langwierig seien die Bauverfahren aber nicht, meinte der Minister auch hier: „Wenn sich Projekte verzögern, liegt das oft auch daran, dass die beteiligten Akteure auf Preiserhöhungen warten. Ich würde es vorziehen, wenn mit einem Bau begonnen werden müsste, sobald ein Projekt unterzeichnet ist.“
„Mir reicht es!“
Die Realität straft den Minister aber Lügen. Diese Aussage kann an zwei Beispielen festgemacht werden. Es handelt sich um zwei Wohnungsbauprojekte in der gleichen Gemeinde, nämlich Diekirch. Für das erste zeichnet ein privater Bauherr, für das zweite der luxemburgische Staat als Bauherr verantwortlich.
„Dräieck Dikrech“ heißt das erste Wohnungsbauprojekt. „Un quartier multifonctionnel et multigénérationnel“, so pries der Bauherr COOGEE aus Luxemburg, der die beiden Unternehmen Matexi und Saphir Real Estate mit Sitz in Luxemburg für dieses Projekt vereint, bereits 2018. Angekündigt wurden 5.725 Quadratmeter öffentlicher Raum, 5.370 Quadratmeter Grünfläche, 190 Mietwohnungen, sechs Wohnhäuser, 8.600 Quadratmeter Geschäftsfläche, 2.500 Quadratmeter Büroräume, 587 unterirdische Parkplätze und vieles mehr.
Im März 2019, als die neue Diekircher Brauerei feierlich eröffnet wurde, hätten bereits alle Genehmigungen für das Projekt „Dräieck Dikrech“ vorgelegen, so Bürgermeister Claude Haagen. Man sollte wissen, dass die Genehmigungsprozeduren bis ins Jahr 2012 zurückreichen. „Ich konnte zwar den Abriss aller früherer Brauereigebäude genehmigen (außer denen, die unter Denkmalschutz stehen), doch passiert ist bis dato nichts. Wo ist denn da die vom Wohnungsbauminister angekündigte Priorität für den Wohnungsbau? Oder die von Kox nicht ausgeschlossene Frist für Bauträger, innerhalb derer sie bauen müssten?“
Staat bremst sich selbst aus
Noch schlimmer geht es im Dossier zum Wohnungsbauprojekt „Cité militaire“ in Diekirch zu. In diesem Fall ist der Staat selbst Bauherr. Die einstigen Gebäude des „Militärviertels“ sowie ein benachbartes Verwaltungsgebäude, am Rande des Stadtzentrums gelegen, sollen neuen Wohngebäuden weichen. Die SNHBM („Société nationale des habitations à bon marché“) plant auf der insgesamt zwei Hektar großen Fläche 186 Wohneinheiten, neben Geschäftslokalen und unterirdischen Parkplätzen. Die Wohnungen stehen später zur Miete oder auch zum Verkauf frei. 30 Wohneinheiten sollen laut einem Abkommen mit dem Staat (17. November 2017) dem Militär zur Verfügung gestellt werden.
„Auch dieses Projekt hat längst alle administrativen Prozeduren hinter sich. Warum es noch immer nicht in Angriff genommen wurde, ist mir ein Rätsel“, so ein sichtlich verärgerter Claude Haagen. „Am 5. Juli 2017 hatte die SNHBM, die Gemeinde Diekirch sowie das Wohnungsbauministerium zu einer Pressekonferenz eingeladen, um das Projekt „Cité militaire“ in seiner Gesamtheit vorzustellen. Am 6. November 2018 verabschiedete der Gemeinderat den betreffenden Teilbebauungsplan, ein Entscheid, der am 10. Januar 2019 vom Innenministerium gutgeheißen wurde. Seitdem warten wir auf ein Lebenszeichen des Bauherrn.“
Kritiker lassen sich die oben aufgeführten Aussagen des Wohnungsbauministers wohl auf der Zunge zergehen. Ihnen zufolge liegen Welten zwischen dem, was gebetsmühlenartig vor laufenden Kameras und eingeschalteten Mikrofonen gesagt wird, und dem, was in Wirklichkeit passiert. Da kann man dem Diekircher Bürgermeister nur beipflichten, wenn er sagt: „Mir reicht es!“
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