Luxemburg / Wunsch nach politischer Beteiligung steigt: Parlament ringt mit Flut an Petitionen
Auch Nicht-Politiker können mit ihren Ideen Diskussionen in der Chamber anregen. Dafür müssen sie lediglich eine Petition einreichen und die nötige Anzahl an Unterschriften sammeln. Immer mehr Menschen nutzen dieses Recht, berichtet Ausschusspräsidentin Nancy Kemp-Arendt dem Tageblatt.
Petitionen sind ein „Spiegel der Nation“ und zeigen den Politikern, „wo der Schuh drückt“. Das glaubt die Präsidentin der Petitionskommission, Nancy Kemp-Arendt (CSV). Sie habe einen deutlichen Anstieg der eingereichten Petitionen feststellen können, die sehr oft einen direkten Aktualitätsbezug hätten. Es bestehe ein „großer Drang, um mitreden zu können“, sagt die Politikerin im Gespräch mit dem Tageblatt. So wurde das Thema Steuern mit den steigenden Preisen und der Inflation wieder zu einem heißen Eisen.
Am Samstag wurden auf der Chamber-Webseite 19 neue Petitionen freigeschaltet. Petition 2596 hatte am Mittwochnachmittag bereits über 6.500 Unterschriften gesammelt und erfüllt damit bereits nach vier Tagen das Quorum der benötigten 4.500 Stimmen. Der Antragsteller fordert darin eine Reduktion der Steuern auf das Gehalt von Unverheirateten.
Es handele sich zwar nicht um eine Rekordpetition – es habe auch schon Petitionen gegeben, die an einem Tag die 4.500er-Marke überschritten hätten –, aber sie sei sehr vielversprechend, so Nancy Kemp-Arendt. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses weist darauf hin, dass die eingereichten Unterschriften noch geprüft werden müssen.
Steigender Mitteilungsbedarf
Es gebe immer wieder Personen, die mehr als einmal unterschrieben hätten, und andere Unterschriften, die unberechtigt seien, zum Beispiel von Ausländern. Der Anteil der unberechtigten Unterschriften sei zumeist aber immer relativ marginal. Petitionen mit mehr als 5.000 Unterschriften würden fast immer zu einer Debatte in der Chamber führen. In der Zwischenzeit würde jeden Monat mindestens eine Debatte über Petitionen im Parlament stattfinden.
Im Durchschnitt würden täglich drei Petitionen eingereicht, sagt Kemp-Arendt. Zu Beginn ihrer Amtszeit als Ausschussvorsitzende sei es nur eine gewesen. Inzwischen kämen die Verantwortlichen kaum noch hinterher. Der Anstieg habe sich vor allem nach der Überarbeitung der Petitionswebseite im Januar 2021 bemerkbar gemacht. Die Internetseite sei seitdem übersichtlicher und ermögliche das Teilen der Petitionen auf Social-Media-Plattformen. Auch die wachsende Bevölkerung habe zu dem Anstieg beigetragen. Daher gebe es auch Überlegungen, ob die Marke von 4.500 angepasst werden müsse.
Kemp-Arendt freut sich, dass sich so viele Menschen in die Politik einbringen wollen. So kämen auch Themen auf den Tisch, die die Volksvertreter selbst nicht auf dem Schirm hätten, aber durchaus gesellschaftlich relevant seien. In diesem Zusammenhang nennt sie die Initiativen zur Aufstellung von Binden- und Tamponspendern in Luxemburger Schulen. Auch Petitionen, die keine 4.500 Unterschriften sammeln konnten, könnten dennoch von Abgeordneten aufgegriffen werden.
Das sind Petitionen
Seit März 2014 gibt es in Luxemburg die Möglichkeit, Petitionen einzureichen. Eine öffentliche Petition muss in sechs Wochen 4.500 Unterschriften sammeln, damit es zu einer öffentlichen Debatte im Parlament kommt. Eine Reihe von Bedingungen müssen erfüllt werden, um eine Petition vorlegen zu können. Der Antragsteller muss mindestens 15 Jahre alt sein und eine luxemburgische Sozialversicherungsnummer haben.
Die Petition muss in einer der drei Amtssprachen verfasst werden. Auch inhaltlich müssen Voraussetzungen beachtet werden: Das Ersuchen muss von allgemeinem Interesse und auf Luxemburg bezogen sein. Persönliche Bezüge dagegen müssen vermieden werden, weshalb der Antrag auch nicht in der Ich-Form geschrieben sein sollte. Und natürlich darf der Antrag keine falschen Behauptungen bzw. Zahlen enthalten oder gar rassistisch, sexistisch, homophob oder sonst wie diskriminierend sein. Zudem sollte der Titel so kurz und präzise wie möglich gehalten werden und keine Namen beinhalten.
Oft können Petitionsanträge wegen Formfehlern nicht angenommen werden. Der Petent bekommt dann die Möglichkeit, seinen Antrag neu zu formulieren. Erst nachdem die Petitionskommission und anschließend noch die Präsidentenkonferenz des Parlaments grünes Licht gegeben haben, wird eine Petition online freigeschaltet.
Neben einer öffentlichen Petition gibt es auch die Möglichkeit, eine einfache Petition (ohne Unterschriften) einzureichen. Es handelt sich dabei um ein Anliegen oder einen Vorschlag, der nach Prüfung durch die Kommission direkt an den zuständigen Minister oder den jeweiligen Parlamentsausschuss weitergeleitet wird. (PM)
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„…eine Reduktion der Steuern auf das Gehalt von Unverheirateten.“ Na wenn das keine Unterschriften gibt. Dasselbe gilt für den ominösen Menstruationsurlaub. Man kann eigentlich alles aufsetzen was das Leben angenehmer macht,aber wer soll das bezahlen.