Editorial / Zahl der Protestler nimmt ab: Hoffentlich bleibt eine zweite Schwurblerwelle aus
Die Zahl der Corona-Protestler hat in den vergangenen Wochen stark abgenommen. Anfang Dezember versammelten sich laut Polizei noch über 2.000 Menschen in Luxemburg-Stadt, um gegen die Covid-19-Maßnahmen der Regierung zu demonstrieren. Diese Zahl ist allerdings mit jeder weiteren Veranstaltung gesunken – und am Samstag waren nur noch knapp 100 Protestler auf dem Glacis vorzufinden.
Haben sich die Schwurbler-Influencer mit ihren endlosen Demos also selbst ins Bein geschossen? Oder haben die Demonstranten über die Feiertage nur eine kleine Verschnaufpause eingelegt? Lügen auf Schilder schreiben und wütend in die Tasten hämmern ist immerhin anstrengend – nicht so wie die entspannte Arbeit der Polizisten, Ärzte und Krankenpfleger, die über die Feiertage die Konsequenzen der Verschwörungstheorien ausbaden mussten.
Klar ist jedenfalls: Die Bewegung der Impfskeptiker hat an Schwung verloren. Diejenigen, die weiterhin jede Woche an den etlichen Veranstaltungen teilnehmen, tun dies auch, um sich mit Gleichgesinnten zu treffen und sich gegenseitig für ihre Zivilcourage zu loben. Die Silvesterparty am Freitag vor der Philharmonie hat dies ganz klar verbildlicht. Weniger als 50 Menschen trafen sich auf der „New year eve (sic!) 2022 for freedom“-Fete – die als Corona-Demo angemeldet war –, um mit ihren neugewonnenen Freunden ins Jahr 2022 zu feiern. Mit dabei: Peter Freitag und Jean-Marie Jacoby, die führenden Köpfe hinter den vergangenen Corona-Protesten.
Doch nicht jeder kann sich mit den Diktatur-Parolen des harten Schwurbler-Kerns anfreunden. Die Influencer stehen mittlerweile mit ihren wirren Theorien im Scheinwerferlicht von Presse und Politik – ein Licht, das ihre Halbwahrheiten und radikalen Ideen klar beleuchtet. Die „moderaten“ Impfskeptiker haben inzwischen gemerkt, mit welchen Menschen sie auf dem Glacis standen, und finden sich in den Hassreden dieser Lautsprecherbrüller nicht mehr wieder.
Gleichzeitig meldet sich mittlerweile auch die stille Mehrheit mit wöchentlichen Schweigeminuten zu Wort – und das ganz ohne gewalttätige Ausschreitungen. Die Aktion „#yeswecare“ der Ärzte und Krankenpfleger Luxemburgs zeigt, wer wirklich unter der momentanen Krise leidet: der Gesundheitssektor und die Erkrankten. Auch die (meisten) Politiker beziehen Stellung gegen die Verschwörungstheoretiker Luxemburgs. Premierminister Xavier Bettel und Justizministerin Sam Tanson gehen etwa juristisch gegen den Schwurbler Jean-Marie Jacoby vor.
Für die radikalisierte Minderheit wird es also immer schwieriger, Menschen für ihre Seite zu gewinnen. Zu extrem sind die Parolen, zu hell das Scheinwerferlicht und zu stark die Gegenbewegung. Denn den Schwurblern fehlt ohne die etwas klarer denkenden Impfmuffel die kritische Masse.
Und genau das macht die Diskussion über die Impfpflicht Mitte Januar umso wichtiger. Das Thema könnte den Verschwörungstheoretikern nach ihrer zweiwöchigen Entspannungspause wieder neuen Stoff für alle möglichen halbgaren Argumente liefern. Um eine zweite Schwurblerwelle zu verhindern, müssen Journalisten, Politiker und die stille Mehrheit bis zur Impfpflicht stark bleiben – und ihre Entscheidungen auch weiterhin auf wissenschaftliche Fakten basieren.
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ich werde am Samstag mit dabei sin.
PS bin geimpft aber traue der ganzen Sache nicht mehr so richtig.