Großbritannien / Zahlreiche Aufrufe zu illegalen Demonstrationen – Premier Starmer: Die Kriminalität muss aufhören
Erhöhte Polizeipräsenz in Innenstädten und an großen Bahnhöfen, steckbriefliche Fahndung nach gewalttätigen Randalierern, Strafandrohungen gegen unsoziale Medien: Mit hoher Nervosität geht Großbritannien in das erste Wochenende seit dem schrecklichen Amoklauf von Southport und den darauffolgenden Krawallen in diversen englischen Städten.
Schon kursieren online Aufrufe zu neuen Protesten, die sich gegen Ausländer und Muslime richten. „Wir beobachten das genau“, warnte Innen-Staatssekretär David Hanson die potenziellen Teilnehmer illegaler Demonstrationen am Freitag.
Brennende Polizeiautos, Pflastersteine gegen Moscheen und Feuerwerkskörper auf den Regierungssitz in der Downing Street – in Southport selbst und in der Hauptstadt London, aber auch in kleineren Städten wie Aldershot und Hartlepool hatte sich in den letzten Tagen die Gewalt von Ausländerfeinden und Rassisten Bahn gebrochen. Fürs Wochenende bereiteten sich die Sicherheitskräfte in einer Reihe nordenglischer Großstädte, darunter Leeds, Manchester und Newcastle, auf neuerliche Auseinandersetzungen vor.
Für die entsprechenden Versammlungen wurde unter dem Motto „Jetzt ist es genug“ (enough is enough) und „Schützt unsere Kinder!“ mobilisiert – eine Anspielung auf die Bluttat von Southport. Dort hatte ein Amokläufer am Montag eine Tanz- und Yogagruppe zur Musik von Taylor Swift gestürmt, drei Mädchen im Alter von 6, 7 und 9 Jahren ermordet und acht weitere Kinder sowie zwei Erwachsene teils schwer verletzt.
Die zuständige Kripo hat deshalb einen knapp 18-Jährigen unter Mordanklage gestellt. Um den ins Kraut schießenden Gerüchten keine weitere Nahrung zu geben, unternahm der zuständige Richter am Krongericht den ausgesprochen ungewöhnlichen Schritt, den Namen des Tatverdächtigen, wiewohl noch einige Tage minderjährig, zu nennen. Die Medien zeigten alte Schulfotos von Axel Rudakubana, dem in Cardiff geborenen Sohn von Flüchtlingen aus Ruanda. Dennoch kursiert im Internet weiterhin die Falschmeldung, der Täter sei muslimischen Glaubens und erst im vergangenen Jahr als irregulärer Bootsflüchtling über den Ärmelkanal ins Land gekommen.
Keir Starmer kündigte am Donnerstagabend nicht nur an, seine Labour-Regierung werde dem gewalttätigen Treiben ein Ende bereiten. Ausdrücklich sprach der Labour-Premierminister Plattformen wie TikTok, Telegram und X als Mitverantwortliche an. Auch der Aufruf zu gewalttätigen Krawallen online stelle „eine Straftat“ dar, „die auf Ihrem Gelände begangen“ wird.
Rechtspopulist Farage streut üble Gerüchte
Die konservative Vorgänger-Regierung unter Rishi Sunak hat zwar ein Gesetz zur Online-Sicherheit auf den Weg gebracht, das im kommenden Jahr in Kraft tritt. Es konzentriert sich aber auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Cyberspace; Maßnahmen gegen Fake News sind darin nicht enthalten, anders als etwa im europäischen Digitalgesetz. Brüssel hat ein Verfahren gegen Elon Musks X-Plattform eingeleitet; geht der Fall zu Ungunsten des US-Unternehmens aus, wird eine Strafe von sechs Prozent des Jahresumsatzes fällig. Gegen die Macht der Algorithmen müssten nun auch auf der Insel Maßnahmen ergriffen werden, fordern Experten wie der frischgewählte Labour-Abgeordnete Josh Simons, dessen Doktorarbeit sich mit dem Thema befasste.
Während die Konservativen gänzlich mit sich selbst beschäftigt sind – Schatten-Innenminister James Cleverly gehört zu den sechs Bewerbern um den Parteivorsitz – profiliert sich Nationalpopulist Nigel Farage als Oppositionsführer. Dabei bedient sich der 60-Jährige übler Gerüchte („Ich frage mich, ob die Wahrheit vor uns verborgen wird“) und fördert die Vorstellung, die Polizei behandele Menschen anderer Hautfarbe besser als die weiße Mehrheit. Dem Land stehe „ein Sommer von Krawallen“ bevor, prophezeit der Reform Party-Chef düster, wenn der Premierminister nicht „die wahren Ursachen der Kriminalität“ beseitige, anstatt „ein paar rechtsgerichtete Schläger“ verantwortlich zu machen.
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