Editorial / Zivilcourage und Denunziantentum
Wenn man einen Falschparker fotografiert und die Bilder an die Ordnungshüter schickt, ist man dann ein Denunziant oder beweist man Zivilcourage?
Luxemburger, die nach Trier fahren und ihren Wagen mal kurz „in einer Nebenstraße abstellen“, sollten sich vorsehen. Die Trierer können Falschparker per Online-Formular beim Ordnungsamt melden. Rund 800 Anzeigen gingen so voriges Jahr dort ein, wie einem rezenten Bericht des SWR zu entnehmen ist. Als Beleg müssen zwei Fotos mitgeschickt werden.
Die Maßnahme ist umstritten: Während die einen es Zivilcourage nennen, wenn Bürger Vergehen melden, meinen andere hingegen, es sei zwar in der Tat nicht hinnehmbar, dass Falschparker z.B. einen Gehweg behindern, aber dies gehe doch zu weit: Das sei Denunziantentum. Man gibt damit quasi jedem die Möglichkeit, sich als Hilfssheriff zu betätigen, denn wie verhindert man, dass einige Leute mit viel Freizeit nun per Handy Jagd auf Falschparker machen?
Das genannte Beispiel stammt zwar nicht aus Luxemburg, doch das Problem ist universell. In seinem Roman „1984“ beschrieb Georges Orwell die permanente Überwachung durch den Staat. Er benutzte dafür den Spruch „Big brother is watching you“ (Der große Bruder beobachtet dich): Die Obrigkeit sieht und kontrolliert somit alles. Einige Länder haben ihre öffentlichen Räume heutzutage so mit Videokameras vollgepackt, dass in der Tat fast nichts mehr dem Auge des Großen Bruders entgeht. (Vorausgesetzt, die Kameras sind nicht nur Staffage.)
„1984“ war eine Warnung vor dem totalitären Staat. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, braucht es für die totale Überwachung überhaupt keinen totalitären Staat, keinen Big Brother, denn es gibt zahlreiche kleine Brüder, die den Job freiwillig erledigen. Orwell konnte die Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmittel nicht voraussehen. Ein Foto eines falsch geparkten Autos oder irgendeines anderen Vergehens ist schnell in den sozialen Medien. Beispiele davon gibt es zur Genüge. Die Facebook-Sheriffs brauchen dazu kein offizielles Formular einer Stadtverwaltung.
Eine der Errungenschaften der Zivilisation ist das Gesetz. In frühen Jäger- und Sammlergemeinschaften gab es kein geschriebenes Recht; es war die Gruppe, die soziale Übertretungen ahndete. Allerdings waren diese Gruppen so klein, dass jeder jeden kannte. Heutzutage kennen die Überwacher die Überwachten meistens nicht. Dieser Umstand macht das Denunzieren einfacher – und öffnet Missbrauch Tür und Tor.
Das Bettelverbot macht quasi eine ganze Gruppe von Menschen zu Gesetzesbrechern, und damit wird einem das Denunzieren leichter gemacht. Nun ist es allerdings eine Sache, einen falsch geparkten Wagen oder eine illegale Müllablagerung bei der Polizei zu melden oder mit Foto ins Netz zu stellen; einen Obdachlosen zu denunzieren oder in den sozialen Medien bloßzustellen, nur weil er bettelt, wäre allerdings starker Tobak. So weit sind wir zwar (hoffentlich) noch nicht, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht.
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„Auf die Tugend folgt der Ruhm,wie ein Schatten.“ Ob einem Ruhm zusteht wenn man jemanden wegen einer Lappalie verpetzt ist nicht sicher.
Zivilcourage bedeutet im Extremfall seine koerperliche Gesundheit resp seine materielle Existenz in die Waagschale zu legen . Dass der denunzierte Falschparker vor der Haustuer auftaucht und einem aufs Maul haut ist doch sehr unwahrscheinlich . Das ist auch der Unterschied von Gratismut zb eines Herrn Kmiotek .In Orwells Ozeanien geht es nicht um Ueberwachung im oeffentlichen Raum , sondern um nicht abstellbare ,Tag und Nacht eingeschallteten Televisoren in den eignen Vier Waenden .Heute laesst man sich doch freiwillig zu Hause ueberwachen ,durch Suchmaschienen ,Facebook ,dauernd eingeschaltete Assistenten ( Alexa ) etc etc
Récksiichtsloost Parken beweist e Mangel u Respekt u senge Matbierger a kann déi och ënnert Ëmstänn a Gefor brengen. An dat alles fir 5 Minnuten/50 Meter/… ze spueren.
Wien erwëscht gëtt, hat Pesch.
Du sitzt freitags nach Feierabend mit Freunden in einer Kneipe. Dein Wagen parkt vor der Tür. Nach 4 – 5 Gläser Bier verabschiedet ihr euch nach Hause.
Kurz darauf besuchen deine Freunde und Helfer dich. Du bist Auto gefahren mit zu viel Alkohol im Blut, wie das Blasgerät anzeigt. Den Rest kennt wohl jeder. „Denunziantentum“, das gab’s doch schon vor 90+ Jahren.
Denunziantentum und Zivilcourage sind grundverschieden, ersteres ist Feigheit pur und erinnert an das Petzen in der Schule, letzteres setzt Mut voraus .