Verkehrssicherheit / Zum Weltgedenktag der Straßenverkehrsopfer: „In dem Moment verändert sich alles“
Insgesamt 24 Menschen sind 2021 laut offizieller Statistik bei Unfällen auf Luxemburgs Straßen ums Leben gekommen. Unter anderem ihrer wird am Samstag während einer Gedenkzeremonie der „Association nationale des victimes de la route“ (AVR) gedacht. Der Verein ist nach Straßenverkehrsunfällen für Menschen da und deshalb wissen Direktionsbeauftragte Catherine Turmes und Präsidentin Joëlle Golinski auch, dass ein einziger Unfall einen Einfluss auf das Leben vieler haben kann.
Tageblatt: Im vergangenen Jahr sind laut den offiziellen Zahlen des Ministeriums für Mobilität und öffentliche Arbeiten 24 Menschen durch Straßenverkehrsunfälle gestorben. Wie bewertet man das bei der Vereinigung, die für alle da ist, deren Leben von einem Verkehrsunfall beeinflusst wurde?
Catherine Turmes: Es ist gut, dass es Zahlenmaterial gibt. Aber man darf diese Statistiken nicht einfach so hinnehmen, ohne sie weiter zu hinterfragen. Stattdessen muss man sich fragen, was ein solcher Unfall für die Person bedeutet, die diesen erlebt hat. Von außen betrachtet sah es vielleicht nicht nach einem schlimmen Unfall aus – für Betroffene aber kann es ein traumatisches Erlebnis gewesen sein, das die eigene Lebenseinstellung komplett verändert.
Für Betroffene also eine bleibende Erinnerung?
Joëlle Golinski: Wir haben während Corona festgestellt, dass die Nachfrage enorm gestiegen ist. Ich erkläre mir das so, dass sich während dieser Zeit viele mit Situationen auseinandergesetzt haben, an die sie lange nicht gedacht hatten. Uns haben dann auch sehr viele wegen Unfällen kontaktiert, die schon länger zurücklagen. Oft ist es nämlich so, dass in den Wochen unmittelbar nach dem Unfall Unterstützung beim Ausfüllen von Dokumenten gebraucht wird. Erst Monate danach melden sich die Menschen dann wieder bei uns, weil sie auch auf unser Angebot der kostenlosen psychologischen Unterstützung zurückgreifen wollen. Ein Verkehrsunglück beeinflusst immer das Leben der Menschen – von allen Beteiligten. Und deshalb ist auch jeder Unfall einer zu viel.
Es geht also längst nicht nur um die Menschen, die wirklich unmittelbar betroffen sind?
J.G.: Selten sind es bei einem Unfall zwei Personen, die aufeinandertreffen – und dann war es das. Auch Helfer von der Polizei oder Feuerwehr sind vor Ort. Wer verletzt wurde, wird danach vielleicht noch jeden Tag die Auswirkungen der Folgeerscheinungen spüren. Das kann Einfluss auf die Arbeit, auf die Familie oder auf die Partnerschaft haben. Für Betroffene ändert sich in dem Moment alles, aber auch für die Umgebung. Als Beispiel: Wenn ein Bekannter beim Treppensteigen stürzt, dann werde auch ich in Zukunft die Treppen anders hinuntergehen. Eltern von einem Kind, das einmal angefahren wurde, werden danach immer Angst haben, wenn es zur Schule geht.
Wie kommt es überhaupt zu Unfällen im Straßenverkehr?
C.T.: Es ist eigentlich immer so, dass etwas schiefgelaufen ist: Es gab einen Moment der Unachtsamkeit, einen menschlichen oder einen technischen Fehler. Vielleicht sind aber auch schon beim Bau der Infrastruktur Fehler passiert. Wenn uns Orte auffallen, an denen es oft zu Unfällen kommt, weisen wir darauf hin. Die AVR ist dazu in einer Arbeitsgruppe mit unter anderem der Straßenbauverwaltung, dem Transportministerium und zum Beispiel auch Ingenieuren. Gemeinsam werden da offensichtlich gefährliche Stellen analysiert. Auch die Straßenverhältnisse spielen bei Unfällen natürlich eine Rolle. Was einige verwundern wird: Die schlimmsten Unfälle passieren laut Statistik im Sommer – wenn die Menschen sich sicher fühlen.
Die Identifikation und Beseitigung von Gefahrenpunkten ist ein Schritt auf dem Weg zu sicheren Straßen. Aber worauf könnten die Menschen besser achtgeben?
J.G.: Heutzutage gibt es so viele Hilfsmittel in puncto Sicherheit: zum Beispiel Gurte, außerdem tragen immer mehr Menschen Helm. Die größte Gefahr bleibt aber immer noch die Person, die am Straßenverkehr teilnimmt. Deshalb sollte man stets auf sich und die anderen aufpassen: überlegen, ob man zu dem Moment in einer guten Verfassung ist und die notwendigen Fähigkeiten hat, um am Verkehr teilzunehmen. Wenn man beispielsweise Alkohol getrunken hat oder sich nicht gut fühlt. Sensibilisierungsaktionen und Präventionsarbeit sind da wichtig.
Manchmal hat alles nichts geholfen und dann ist es doch zu einem Unfall gekommen.
J.G.: Genau. Vielleicht hat jemand die Vorfahrt von einem anderen missachtet – und dann haut zum Beispiel der Fahrradfahrer aus Wut auf die Motorhaube des Autos. Oder jemand läuft bei Rot über die Straße und bringt so sich und andere in Gefahr. Da ärgert man sich dann. Aber vielleicht hat die Person gerade eine schlechte Nachricht bekommen und war in Gedanken.
C.T.: Jeder von uns hat wahrscheinlich schon einmal eine brenzlige Situation herbeigeführt und sich danach gedacht: „Das war jetzt Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“ Eine Entschuldigung könnte da viele Situationen bereits entschärfen.
Unterstützung für Betroffene
Immer am dritten Sonntag im November wird international der Opfer von Unfällen im Straßenverkehr gedacht. In Luxemburg findet die Gedenkfeier der „Association nationale des victimes de la route“ (AVR) aus organisatorischen Gründen bereits am Samstag statt – um 14.30 Uhr beim sogenannten „Lieu du souvenir“ am CR132 zwischen Gonderingen und Eschweiler. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Webseite vom AVR unter avr.lu. Die gemeinnützige und vom Staat sowie durch Spenden unterstützte Vereinigung ist im Großherzogtum für Menschen da, deren Leben auf direkte oder indirekte Art und Weise von einem Verkehrsunfall beeinflusst wurde. Betroffene erhalten bei der Vereinigung unter anderem Hilfe beim Ausfüllen der verschiedensten Dokumente nach einem Unfall, aber auch psychologische Unterstützung. Außerdem leistet die AVR Sensibilisierungs- und Präventionsarbeit.
Eben haben Sie für mehr Rücksicht – auf sich selbst und andere – plädiert. Aber kann auch die Kommunikation im Straßenverkehr und vor allem nach Unfällen eine Rolle spielen?
J.G.: Bei unserer Arbeit ist die Entschuldigung oft Thema. Aber das sind ja auch komplexe Geschichten: Wenn zum Beispiel Freunde gemeinsam einen Unfall hatten und danach der Kontakt komplett abbricht, da sich eine Person aus Schuldgefühlen schlecht fühlt. Oft geht es aber auch um das „Danke“. Viele Leute fragen, wer nach einem Unfall da war und zuerst geholfen hat, wer einen aber auch in solch einem zerbrechlichen Zustand gesehen hat. Das lässt sich oft nur schwer herausfinden.
C.T.: Wenn jemand in solchen Situationen den Kontakt aufbauen will, sorgen wir dafür, dass das professionell und von einer neutralen Person begleitet wird.
Sie sprechen komplexe Situationen und Schuldgefühle an.
J.G.: Wichtig ist für uns, dass wir kein Urteil fällen. An uns kann sich jeder wenden, dessen Leben durch einen Unfall beeinflusst wurde. Uns interessiert nicht, wer Schuld hatte, und wer nicht. Ohnehin ist Schuld oft relativ. In den wenigsten Fällen waren die Ereignisse gewollt. Aber für das Klären dieser Fragen sind zum Glück andere Instanzen in Luxemburg zuständig.
C.T.: Unsere Tür steht offen – ganz unabhängig davon, was passiert ist.
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Schrecklech Saach.
Muss évitéiert gin.
Mee, ongeféier 75% durch Arennen an en Baam.
Firwaat sinn keng Leitplanken do?
Iwerall ass et méigelech do ze maachen.
@carlocoin: ganz einfach: Leitplanke kaschte Geld, a Radare brengen es an. Genau dofir! D’Secherheet ass Niewesach.