/ Zusammen in die Zukunft: Luxemburg und Marokko schließen Abkommen zur digitalen Zusammenarbeit
Nach einem ersten Tag mit politischen Treffen stand der zweite Tag der Luxemburger Wirtschaftsmission in Marokko ganz im Zeichen der Geschäftsbeziehungen. Satte 400 Zuhörer haben sich gestern in Casablanca eingefunden, um an einem gemeinsamen Wirtschaftsforum teilzunehmen. 50 Firmen aus Luxemburg sind dort anwesend.
„Bei der ersten Luxemburger Wirtschaftsmission in Marokko im Jahr 2015 haben wir viele Möglichkeiten erkannt, um die gegenseitigen Beziehungen zu stärken“, erklärte Wirtschaftsminister Etienne Schneider in der marokkanischen Wirtschaftsmetropole Casablanca. „Daran wollen wir jetzt anknüpfen und einen Gang hochschalten.“
Die erste Wirtschaftsmission hatte bereits konkrete Folgen: So hat der luxemburgische Datenzentrumsbetreiber Ebrc (Teil der Post-Gruppe) Filialen in Marokko aufgebaut und beschäftigt mittlerweile hier rund 20 Mitarbeiter. Im Fokus steht dabei der Aufbau einer sicheren digitalen Zahlungslösung. Besonderes Interesse an Marokko hat Ebrc wegen der hier vorhandenen Fachkenntnisse, so das Unternehmen. Auch die im Bereich Cybersicherheit tätige Luxemburger Firma Excellium hat hier in Nordafrika eine Präsenz aufgebaut.
Der digitale Sektor stand gestern im Fokus der Seminare in Casablanca. „Seit 2016 verfolgt Marokko eine ähnliche digitale Strategie wie Luxemburg“, erläuterte Schneider. Nun gehe es darum, Kräfte zu bündeln. Zu diesem Zweck wurde gestern ein Abkommen zwischen dem Luxemburger Ministerium für Digitalisierung und der marokkanischen Digitalisierungsagentur (ADD) unterzeichnet. Es gehe um eine Partnerschaft, die beiden Ländern nutzen soll. Im Fokus der Zusammenarbeit stehen Themen wie die digitale Unterschrift, Cybersicherheit sowie das digitale Archivieren von Daten.
Eine Alternative zu Frankreich
„Mit der ADD hatten wir sehr fruchtbare Gespräche, um auch die Zusammenarbeit im Bereich E-Government und digitale Inklusion weiter auszubauen“, fügte Vera Soares vom Luxemburger Ministerium für Digitalisierung hinzu.
„Wir wollen eine Zusammenarbeit mit Luxemburg“, unterstrich gestern auch Moulay Hafid Elalamy, der seit 2013 Minister für Industrie, Handel, Investitionen und die digitale Wirtschaft in Marokko ist. Das Großherzogtum habe sich bereits einen großen Vorsprung erarbeitet. Er bezeichnete beide Länder als „strategische Partner“ und unterstrich, dass die Regierung voll hinter der „vielversprechenden Partnerschaft“ stehe.
Erstmals wurde im Rahmen einer Luxemburger Wirtschaftsmission in Casablanca ebenfalls ein Hackathon organisiert. Eine digitale Herausforderung wurde gestellt, an der sich marokkanische Start-ups messen konnten. Der erste Preis wurde gestern von Erbgroßherzog Guillaume überreicht: eine von der Luxemburger Regierung gestiftete Reise für das gesamte Team nach Luxemburg.
Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern beziehen sich jedoch nicht nur auf den digitalen Sektor. So ist beispielsweise auch der Stahlproduzent ArcelorMittal in Marokko präsent. Von Vossloh kamen die Schienen für die neue Tram in Casablanca. Mehrere Hotels wurden mit Kapital aus Luxemburg finanziert. Der Satellitenbetreiber SES hat Kunden in Marokko und das Baggerschiff-Unternehmen Jan De Nul arbeitet an einigen Projekten. Auch die Luxair fliegt nach Marokko.
„Brücke zwischen den Kontinenten“
Doch „Luxemburg ist nicht sehr bekannt in Marokko“, so Mohammed Ameur, Botschafter Marokkos in Brüssel. „Daher sind solche Wirtschaftsmissionen wichtig. Wir müssen uns besser kennenlernen.“ Beeindruckt gab er sich von der Zielstrebigkeit der luxemburgischen Wirtschaftsmission. Diese konzentriert sich auf zwei große Themen: Digitalisierung und Logistik. In Ländern wie Marokko muss man oft Präsenz zeigen, erläutern auch das Wirtschaftsministerium sowie Luc Frieden, Präsident der Luxemburger Handelskammer. „Einmal vorbeikommen reicht nicht. Man muss Vertrauen aufbauen – und das erfordert eine regelmäßige Präsenz.“
Für den ehemaligen Finanzminister ist es die erste Reise in seiner neuen Funktion. Er bezeichnet Marokko als „Brücke zwischen den Kontinenten“. Auch Etienne Schneider unterstreicht die Rolle Marokkos als Tor nach Afrika – sowie die Rolle Luxemburgs als Tor nach Europa. „Wir wollen uns als Alternative zu dem traditionellen Partner vorstellen“, so der Minister. Historisch und sprachlich bedingt ist dies Frankreich.
„Normalerweise besuchen wir Länder wie Spanien oder Frankreich“, so Abdellah El Fergui, Präsident der Vereinigung der kleinen und sehr kleinen marokkanischen Unternehmen gegenüber dem Tageblatt. Nun überlege man sich jedoch, auch einmal in die Benelux-Staaten zu kommen. Und er fügt hinzu: „Wer die Beziehungen zwischen beiden Ländern ausbauen will, darf die kleinen Unternehmen nicht vergessen.“ Immerhin stehen diese in Marokko für 99,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Große Konzerne nur für 0,5 Prozent.
Lob für den König
Dass gestern derart viele marokkanische Geschäftsleute kamen, mag auch an der Präsenz von 50 Luxemburger Unternehmen und des erbgroßherzoglichen Paares liegen. Unter den beteiligten Unternehmen aus Luxemburg sind jedoch nicht nur digitale Firmen, Logistiker und Veteranen von 2015. Mit dabei ist beispielsweise auch die „Fiduciaire“ The Business aus der Escher Kanalstraße. Das Unternehmen will ausloten, ob es in Marokko eine Filiale aufbauen soll.
Erbgroßherzog Guillaume unterstrich gestern im Wirtschaftsseminar die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern und Herrschaftshäusern. Er lobte den König für seine Anstrengungen, das Land zu modernisieren. Er gehe davon aus, dass die Wirtschaftsbeziehungen gut sind für den langfristigen Wohlstand beider Länder. „Ich glaube, wir haben noch eine schöne Zukunft vor uns“, schlussfolgert auch Luxemburgs Wirtschaftsminister.
Am dritten und letzten Tag der Mission in Marokko wird am Mittwoch in der Hafenstadt Tanger die Logistik im Fokus stehen.
Herzlich willkommen
Luxemburg ist in Marokko ein gern gesehener Gast. Erkenntlich wurde dies am Montag, dem ersten Tag der Luxemburger Wirtschaftsmission in Marokko, auf der Fahrt von der Wirtschaftsmetropole Casablanca bis in die moderne und blitzblanke Landeshauptstadt Rabat. An jeder Straßenkreuzung, an jeder Autobahnauffahrt und auf jeder Brücke, die über die Autobahn führt, standen marokkanische Sicherheitskräfte und salutierten, als das erbgroßherzogliche Paar und Wirtschaftsminister Etienne Schneider vorbeifuhren – während der kompletten 80 Kilometer langen Strecke.
In Rabat angekommen wurde die Delegation aus Luxemburg vom Bruder des Königs, Prinz Moulay Rachid, und von Regierungschef Saâdeddine El Othmani empfangen. Weitere Gespräche führten die offiziellen Vertreter Luxemburgs mit Wirtschafts- und Finanzminister Mohamed Benchaâboun sowie mit Moulay Hafid Elalamy. Letzterer ist seit 2013 Minister für Industrie, Handel, Investitionen und die digitale Wirtschaft. Er ist Gründer einer der größten afrikanischen Versicherungsgesellschaften und gilt als der 40. reichste Mann Afrikas.
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