Deutschland / Zwei Rekorde und große Ambitionen: Die Ost-Wahlen als Meilenstein für die AfD
Platz eins in Thüringen, nur knapp hinter der CDU in Sachsen: Wer wollte, konnte am Sonntagabend große Genugtuung und wohl auch ein bisschen Schadenfreude aus Tino Chrupallas Gesicht herauslesen. Der AfD-Co-Chef fuhr mit seiner Partei bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen wie erwartet die besten Ergebnisse ihrer Geschichte ein – und meldete offensiv einen Regierungsanspruch an. Der CDU streckte er die Hand für Koalitionsgespräche aus und hält deren Brandmauer zur AfD für überholt.
War das nun der Durchbruch für die AfD?
Ja, aber bedingt. Dass die AfD in Erfurt erstmals stärkste Fraktion in einem Landtag wird und in Sachsen ebenfalls stark zulegte, ist ein Meilenstein für die AfD und dürfte deren Anspruch als Volkspartei in Ostdeutschland kräftigen. Klar ist aber, dass solche Ergebnisse quasi nur in den ostdeutschen Ländern möglich sind. Dort sei die AfD „fast schon Normalität“, sagte Politikprofessorin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, schon vor der Wahl zu AFP. Bundesweite Umfragen sehen die AfD bei 16 bis 19 Prozent.
Da die in beiden Ländern als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Rechtsaußen-Partei mangels Koalitionsoptionen wohl keine realistischen Chancen auf den Posten des Ministerpräsidenten hat, bleibt der AfD zudem wieder nur die Rolle als Oppositionsführerin. Denn auch das BSW lehnt eine Koalition mit der AfD ab.
Was heißt der Wahlausgang für das Spitzenduo Weidel/Chrupalla?
Die Wahlen waren für die frisch im Amt bestätigten Parteichefs Chrupalla und Alice Weidel richtungsweisend. Nach den Verlusten in den Umfragen seit Jahresbeginn und dem skandalbelasteten Europa-Wahlkampf war innerparteilich Kritik am Führungsduo laut geworden. Die eindeutige Wiederwahl auf dem Bundesparteitag beendete die Diskussion vorerst, die Wahlergebnisse nun dürften sie weiter stärken. Im Frühjahr steht die Entscheidung über eine Kanzlerkandidatur an. Für Chrupalla spräche das Ergebnis in dessen Landesverband Sachsen. Dennoch gilt Weidel als Favoritin.
Und was ist mit Björn Höcke?
Der thüringische Landeschef gilt als bestens vernetzt und als einer der einflussreichsten Politiker innerhalb der AfD. Dass nun gerade er der Partei das bisher beste Ergebnis bescherte, dürfte ihn und den rechten Parteiflügel nochmal selbstbewusster werden lassen. Insgesamt könnte sich durch die Wahlen das innerparteiliche Machtverhältnis nach rechts und Richtung Osten verlagern.
Wie sieht es mit der Bundestagswahl aus?
Die AfD hat auf ihrem Parteitag einen deutlichen Regierungsanspruch auch für den Bund formuliert. Der Partei ist aber klar, dass ihr die Koalitionspartner fehlen – und sie wird dies auch offensiv thematisieren, glaubt Politologin Münch. „Die AfD wird sich darstellen als Partei, die von allen ausgegrenzt wird“, sagte sie. Sie werde sich als Opfer der „Kartellparteien“ präsentieren.
Problematisch könnte für die AfD werden, „dass sie ziemlich große personelle Schwierigkeiten hat“, sagte Münch. Es könnte sein, dass es der AfD an kompetentem Personal für all die gewonnenen Mandate fehle. Das BSW von Sahra Wagenknecht etwa sei hier im Vorteil, weil es auf versierte Politiker aus der Linkspartei zurückgreifen könne.
Wie geht es in den kommenden Wochen weiter für die AfD?
In Thüringen dürfte die AfD nach bisherigen Hochrechnungen mehr als ein Drittel der Landtagssitze besetzen. Damit kann sie dort wichtige Prozesse und Entscheidungen blockieren. Ob die AfD möglicherweise nicht Höcke, sondern jemand anderen als Ministerpräsidentenkandidat zur Wahl stellt, um etwa für CDU und BSW koalitionsfähig zu werden, ist noch offen. In drei Wochen steht die Landtagswahl in Brandenburg an. Die AfD kann Umfragen zufolge auch hier mit satten Gewinnen rechnen – möglich wären demnach 23 bis 25 Prozent.
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