Gemeindewahlen / Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: DP stellt Wahlprogramm für die Hauptstadt vor
Mehr Wohnungen, mehr Mobilität, mehr Lebensqualität – damit will die städtische DP die Wähler überzeugen. Anspruch und Wirklichkeit sind mit dem vorgestellten Wahlprogramm aber besonders in einem Punkt kaum vereinbar.
Lydie Polfer steht neben dem Rednerpult und dirigiert die DP-Kandidaten für die Gemeindewahlen in Luxemburg-Stadt in Position. Erst als jeder auf dem ihm zugewiesenen Platz steht, gibt sich die DP-Bürgermeisterin zufrieden. Die Pressekonferenz im ersten Stock des „POP/UP Hertz“ zur Vorstellung des Gemeindewahlprogramms kann beginnen. 13 Kandidatinnen und 14 Kandidaten der Demokratischen Partei wollen das Rathaus der Hauptstadt am 11. Juni einnehmen. „In zwölf Wahlversammlungen – mehr als jede andere Partei – wollen wir unsere Prioritäten vorstellen“, sagt Loris Meyer, Koordinator der hauptstädtischen DP. „Wir bauen dabei auf unsere bisherige Bilanz auf – und die kann sich sehen lassen.“
Die DP stellt seit 54 Jahren ununterbrochen den Bürgermeister in der Hauptstadt – nun sollen sechs weitere folgen, macht die derzeitige Amtsinhaberin und DP-Spitzenkandidatin Lydie Polfer unmissverständlich klar. Mit wem als Juniorpartner lässt Polfer allerdings offen. Dabei wolle man neben dem Wählerwillen vor allem auf das Programmatische blicken. Und da dürfte sich dann doch mehr als nur eine Schnittstelle bieten. Denn: Mehr Wohnungen, eine bessere Mobilität, mehr Bürgerbeteiligung und insgesamt mehr Lebensqualität durch eine Begrünung der städtischen Wohnviertel hat sich die Partei groß auf die Fahne geschrieben – wie auch die Konkurrenten von CSV, LSAP, „déi gréng“ und Co.
100 Millionen will die DP pro Jahr in Mietwohnungen investieren, damit Arbeitnehmer wieder näher an ihrem Arbeitsplatz wohnen können. Zudem sollen mehr abgeschirmte Fahrradwege die „Mobilité douce“ innerhalb der Stadtgrenzen weiter fördern, sagt der DP-Spitzenkandidat Patrick Goldschmidt. Unter anderem eine direkte Verbindung in den Bambësch für die sanfte Mobilität soll den Fokus zunehmend vom Auto auf Fahrrad, Scooter und Co. verschieben. „Für jede Lebenssituation wollen wir einen Verkehrsträger bereitstellen“, meint Goldschmidt. Dazu zähle auch die Erkenntnis, dass der Griff zum Autoschlüssel manchmal notwendig sei. Das städtische Busnetz will Goldschmidt bis 2025 zu 100 Prozent auf Elektrobusse umstellen.
Verantwortung ohne Mittel?
Auf den ersten Blick gehen nur beim Thema Sicherheit die Meinungen bei den Parteien auseinander. Die DP fordert eine dem Bürgermeister unterstellte Gemeindepolizei. Damit sind die Liberalen auf einer ähnlichen Schiene unterwegs wie der jetzige Koalitionspartner CSV – LSAP und Grünen lehnen eine solche Forderung hingegen ab. Das dafür benötigte Personal soll laut DP von der auf nationaler Ebene organisierten Polizei abgezweigt werden. „Es kann nicht sein, dass der Bürgermeister für die Sicherheit verantwortlich sein soll, jedoch keine Möglichkeit hat, auf diese einzuwirken“, sagt Polfer auf der Pressekonferenz. Insgesamt brauche es eine verstärkte Polizeipräsenz in den Gemeinden. Auch brauche es endlich wieder eine funktionierende Videoüberwachung. „Wir reden nicht über ein Sicherheitsgefühl, wenn die Zahl der Straftaten teilweise um 40 bis 60 Prozent gestiegen ist“, sagt die DP-Bürgermeisterin.
Unglaubwürdig wird es dann, als Polfer versucht, die soziale Ader der DP hervorzuheben: „Wir setzen uns seit langem für die ein, denen es nicht so gut geht.“ So seien in den vergangenen Jahren zahlreiche Sozial- und Obdachlosenunterkünfte errichtet worden. „Wir können diese Betten lediglich anbieten – wir können jedoch niemanden zwingen, dieses Angebot anzunehmen.“
Ein eher plumper Versuch, den Vorstoß der DP-CSV-Koalition, ein umstrittenes Bettelverbot in der Hauptstadt durchzusetzen, vergessen zu machen. Mit dem Verbot, das die sogenannte „mendicité simple“ unterbinden sollte, wollten DP und CSV gegen das organisierte Betteln in der Hauptstadt vorgehen. Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) kippte das Verbot vergangene Woche wieder. Die Begründung: „Es fehlt die konkrete Begründung dafür, den simplen Akt des Bettelns als Gefahr einzustufen. Denn eine Person, die mit ihrem Becher lediglich in der Fußgängerzone sitzt, stellt keine Bedrohung dar.“ Zwar könnte das Sicherheitsgefühl von Passanten dadurch beeinträchtigt werden, eine wirkliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehe jedoch nicht. Auch sei das Verbot nicht mit nationalem und internationalem Recht vereinbar.
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