Luxemburg-Stadt / Zwischen Hoffen und Bangen: Teilnehmer der „Apéri’tour“ wünschen sich mehr Sicherheit im Bahnhofsviertel
Drogenabhängige, die Blumentöpfe durchwühlen, Exhibitionisten, die sich im Supermarkt entkleiden, und Prostituierte, die sich vor Schulen aufhalten: Die Sicherheitslage im Bahnhofsviertel war am Sonntagmorgen Kern der Diskussionen bei der „Apéri’tour“. Rund 100 Teilnehmer haben sich im „Centre sociétaire et sportif“ in der rue de Strasbourg versammelt, um sich mit verschiedenen Verantwortlichen der Gemeinde Luxemburg über ihre Sorgen und Wünsche auszutauschen.
Als „Hotspot von den Hotspots“ beschreibt Tom die Gegend rund um die rue de Strasbourg, wo er mit seiner Frau wohnt. Vor zwei Jahren kaufte er sich dort eine Wohnung. Er spielt jedoch mit dem Gedanken, wieder woandershin zu ziehen – auch im Hinblick auf seine Frau, die mehrmals im Bahnhofsviertel verfolgt oder belästigt wurde. „Beim Einkaufen kam es bereits zweimal vor, dass ein Mann vor ihren Augen seine Hose runtergezogen und sein Geschlechtsteil präsentiert hat“, so Tom. Auch mit Menschen, die in seinem Vorgarten ihr Geschäft verrichten oder im Blumenbeet herumbuddeln, haben er und seine Frau bereits Erfahrungen gemacht. „Wir wissen, warum: Sie suchen nach Drogen, die ein Dealer vielleicht dort versteckt hat.“
Ich habe hier schon einmal abends die Polizei begleitet und wäre beinahe Zeugin eines Mords gewordenBürgermeisterin
Tom ist nicht der Einzige, der regelmäßig mit diesen Problemen konfrontiert wird. Bei der „Apéri’tour“ wird schnell klar, dass diese Missstände für die Bewohner des Bahnhofsviertels zum Alltag gehören. Der Rundspaziergang, bei dem die Teilnehmer zuerst das Viertel erkunden, verläuft zwar – möglicherweise dank mehrköpfiger Polizeipräsenz bei der Veranstaltung – überraschend ruhig. Bürgermeisterin Lydie Polfer ist sich dennoch bewusst, dass dies nicht immer der Fall ist. „Ich habe hier schon einmal abends die Polizei begleitet und wäre beinahe Zeugin eines Mords geworden“, sagt sie in der anschließenden Diskussionsrunde. „Zum Glück waren mehrere Polizisten anwesend, die das verhindert haben.“
Ein sicheres Viertel für den Nachwuchs
Dass die allgemeine Sicherheitslage im Bahnhofsviertel für viele Teilnehmer mehr als nur ein Stein im Schuh ist, wird spätestens klar, als sich nach dem Spaziergang eine Menschentraube um Lydie Polfer versammelt, um ihre Bedenken zu äußern. Diese reichen von Drogenkonsum über Prostitution bis hin zur Schulbildung. „Meine Kinder besuchen die Schulen im Viertel und auf dem Schulgelände ist es besonders schlimm“, sagt Leticia Carrasco, die seit 20 Jahren im Bahnhofsviertel wohnt. „Jeden Nachmittag, wenn ich meine Kinder abhole, sind Prostituierte da.“ Sie hofft, dass die Situation sich bald bessern wird. „Ich finde es beruhigend zu sehen, dass die Politiker schon etwas mehr Bereitschaft zeigen als früher“, sagt die dreifache Mutter im Hinblick auf die „Apéri’tour“. Daher begrüßt sie auch die Diskussionen, die im Rahmen der Veranstaltung stattfinden. „Man sollte anwesend sein, um sich auszutauschen, um zu erfahren, was geplant ist, aber auch um Lösungen vorzuschlagen“, findet Leticia Carrasco.
Ähnlich sehen das Silke Adams und Liz Kremer, die mit ihrer Stiftung „UP Foundation“ das Projekt „MEGARE“ umsetzen möchten. Dieses soll die „positive Entwicklung“ von Kindern, die im Bahnhofsviertel aufwachsen, fördern. Am Spaziergang nehmen Adams und Kremer teil, um das Viertel aus der Perspektive der Kinder zu erkunden. Die „Apéri’tour“ bewerten sie als überwiegend positiv: „Es bringt nichts, wenn die Leute sich ständig aufregen. Hier besteht die Möglichkeit eines direkten Dialogs mit den Politikern und das finde ich gut“, so Adams. Weniger gefiel ihr dagegen die Tatsache, dass der Spaziergang etwas schnell und ohne viele Erklärungen vonstattenging. „Es ist hier nicht ganz klar, was unsere Aufgabe ist“, findet Adams.
Kremer, Direktorin der Stiftung, hat eine von vielen Polaroid-Kameras mitgenommen, die im „Centre sociétaire“ verteilt wurden, um Fotos während des Spaziergangs zu machen. „Ich habe Fotos von den Baustellen gemacht, von grünen Flächen, die man ab und zu dazwischen findet, und von nicht so schönen Hauseingängen sowie von den Leuten, die dort schlafen“, sagt sie. „Aber auch von den teils schönen Häusern, die zum architektonischen Erbe der Stadt gehören.“ Die Fotos konnten nach dem Spaziergang gedruckt, auf einen Plan des Stadtviertels gelegt und kommentiert werden. Darüber hinaus hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Anregungen auf Kärtchen und Post-its zu schreiben. Die Teilnahme der Besucher war im „Centre sociétaire“ also durchaus gefordert. Ob die Verbesserungsvorschläge letztendlich auch umgesetzt werden, muss sich allerdings noch zeigen.
Apéri’tours
Die „Apéri’tours“ werden von Juni bis Oktober 2024 in den 24 Vierteln von Luxemburg-Stadt organisiert. Nach einem Spaziergang durch die jeweiligen Viertel können sich die Teilnehmer bei einem Umtrunk mit dem Schöffenrat der Gemeinde Luxemburg und diversen Verantwortlichen aktueller und zukünftiger Bau- und Umbauprojekte austauschen. Die nächsten „Apéri’tours“ finden am Mittwochabend in Bonneweg-Nord, am Donnerstagabend auf dem Limpertsberg und am Sonntagnachmittag in Hollerich statt. Mehr Informationen unter vdl.lu.
- Es weihnachtet sehr: „Winterlights“ haben offiziell eröffnet - 22. November 2024.
- Die Kanzlerpartei klatscht, die Kanzlerpartei zweifelt - 22. November 2024.
- 7. Spieltag der Audi League: Reckingen fordert den Titelverteidiger heraus - 22. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos