Editorial / Zwischen zwei Extremen: Mediale Moralkeulen helfen weder Israel noch Palästina
Der Israel-Palästina-Konflikt im Nahen Osten droht vollends zu eskalieren. Antagonistische Positionen dominieren den Diskurs – Leidtragende sind die Zivilbevölkerungen in Israel und Palästina.
Israel bereitet eine Großoffensive im Gazastreifen vor. Bereits am Wochenende sollte die israelische Armee einmarschieren, bisher stehen die Panzer nahe am nördlichen Gazastreifen noch still. Doch droht das Pulverfass im Nahen Osten zu explodieren. Dass es so weit kommt, ist wohl nur eine Frage der Zeit. Es ist so weit gekommen, weil auch der politische und mediale Diskurs seit Jahren vergiftet ist und die hochkomplexe geopolitische Situation im Nahen Osten auf eine Entweder-oder-Situation hinausläuft.
Kämpfer der Terrororganisation Hamas haben Israel am vergangenen Wochenende infiltriert und massenweise israelische Zivilisten auf grausame Art und Weise umgebracht. Auf einem Friedensfestival nahe dem Gazastreifen wurden 250 Menschen brutal ermordet, unzählige weitere Opfer als Geiseln vergewaltigt und verschleppt. Was dann folgte, war nicht nur eine Eskalation auf militärischer und politischer Ebene, sondern auch auf medialer.
Die Angriffe der Hamas sind aufs Schärfste zu verurteilen – daran darf kein Zweifel gelassen werden. Infolge des Terrors die Bevölkerung Gazas und die Palästinenser insgesamt mit der Terrororganisation gleichzusetzen, greift jedoch zu kurz. Es folgt dem menschlichen Reflex, die Welt in Gut und Böse unterteilen zu wollen, simplifiziert jedoch die hochkomplexe Lage im Nahen Osten.
Israel hat als Antwort auf die Terrorangriffe den gesamten Gazastreifen von der Außenwelt abgeschnitten und eine humanitäre Krise dort ausgelöst. Unter Androhung einer militärischen Großoperation wurde Bewohnern des nördlichen Gazastreifens 24 Stunden Zeit gelassen, den Abschnitt gen Süden zu verlassen. Und hier zeigt sich dann auch, dass die Hamas nicht mit Palästina gleichzusetzen ist: Die Terrororganisation blockiert die großen Flüchtlingsachsen und instrumentalisiert somit die eigene Zivilbevölkerung im Kampf gegen Israel (so wie sie es seit Jahren macht).
Israel hingegen hat mit seiner Blockade des Gazastreifens und der angekündigten Großoffensive eine Kollektivbestrafung der Bewohner Gazas und somit möglicherweise ein Kriegsverbrechen angedroht. Kritik an einem solchen Vorgehen muss erlaubt sein – ohne dass dadurch ein Verteidigungs- oder Existenzrecht Israels infrage gestellt wird bzw. man als Antisemit, Antijudaist oder Antizionist abgestempelt wird. Denn auch diese Begrifflichkeiten werden frei und ohne jegliche Rücksicht auf ihre Bedeutung als moralische Keule verwendet. Und: Die Palästina-Politik der israelischen Regierung unter Hardliner Netanjahu ist selbst im eigenen Land nicht unumstritten.
Der Hamas-Führer Ismail Hanija wurde am Wochenende in Katar bei einem Treffen mit dem iranischen Außenminister gesehen; an der nördlichen Grenze zum Libanon wehren sich die israelischen Streitkräfte gegen zunehmende Angriffe der islamistisch-schiitischen Miliz Hisbollah. Dieser werden ebenfalls Verbindungen nach Katar und Iran nachgesagt. Israel ist umgeben von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, die nichts lieber als die Vernichtung Israels sehen würden.
Zwischen diesen Extremen stehen jedoch Zivilisten, die seit Jahren mit ihrem Leben zahlen müssen. Voraussichtlich werden in den kommenden Tagen und Wochen noch unzählige Opfer auf beiden Seiten hinzukommen. Gemäßigte Stimmen finden kaum Gehör, es dominieren jetzt Kriegsparolen. Der palästinensischen und israelischen Bevölkerung bleibt zu hoffen, dass beide Extreme nicht eine unaufhaltsame Verkettung an Ereignissen loslösen, die den gesamten Nahen Osten in eine Gewaltspirale hineinführt.
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Wer hat hier angefangen Zivilisten zu ermorden?
Wer hat 4 Kriege gegen Israel geführt?
Wer entführte ein ELAL Flugzeug nach Emtebbe?
Wo sitzen Diktatoren?
Auf keine dieser Frage lautet die Antwort Israel.
Bestreite ich auch nicht, nur rechtfertigt das aus meiner Sicht keineswegs das heutige Vorgehen. „Aber er hat angefangen“ ist Kindergartenniveau und dient kaum zur Lösungsfindung in einer hochkomplexen geopolitischen Krisenregion.
Heist das: Draufhauen darf man ungestraft, wenn man als erster anfängt ? Ich finde. es braucht immer das Risiko, dass der Andere zurückschlägt, und nicht die nächste Backe hinhält. Übrigens: Draufhauen ist Kindergartenniveau, nicht das Argumentieren, wer angefangen hat.
Frieden muss man wollen!
Dieser Wille war nie und ist bei keinem der vielen Akteure der Region zu erkennen, die Palästinenser waren und sind der perfekte Spielball auf beiden Seiten.
Und nüchtern betrachtet wird dies so bleiben, so bitter diese Erkenntnis ist.
Mit der Ermordung von Ministerpräsident Rabin 1995 starb wohl die letzte Hoffnung.
@ Sidney Wiltgen
Angefangen ist kein Kindergartenniveau:
1940 – 1945 5000000 tote Juden – angefangen SS
1949 6000 tote Juden – angefangen Ägypten, Jordanien, Syrien
1967 2000 tote Juden – siehe 1949
1973 2000 tote Juden – siehe 1949
1980 500 tote Juden – Hisbollah
2023 1400 tote Juden – Hamas
Frieden wird es hier nie geben. Terroristen Hamas und Hisbollah werden ausgerottet.
Haben wir alles „religiösen“ Fanatikern zu verdanken.
Was ist eigentlich Religion?
@jung.luc.lux
Ich möchte keineswegs falsch verstanden werden, doch das Schicksal des palästinensischen Volkes in der arabischen Welt ist ein wohl kalkuliertes Drama dieser Staaten. Niemand wollte und will sie und die Radikalisierung und Unterstützung durch Golfstaaten wie Iran und Katar besteht seit Jahrzehnten.
Das von Ihnen angedachte „Ausrotten“ wird wohl nicht stattfinden, zu mächtig sind die Kräfte im Hintergrund.
Und da ist ja auch noch die Erdöl- und Gasgeisel dieser und anderen Staaten der Region. Ein Thema auf das Europa immer allergisch reagiert, solange diese Abhängigkeit existiert.
@ Jung.luc
„Terroristen werden ausgerottet“
Sie glauben wohl die primitivitaet eines G.W.Bush von 2003 noch toppen zu muessen.