Klangwelten / Blackpinks zweites Album „Born Pink“ ist leider mehr Stil als Substanz
Es wurde mit viel Vorfreude erwartet und mit viel Tamtam angekündigt: das zweite Album der K-Pop-Giganten Blackpink. Für Laura Giacomini wird es den Erwartungen nicht wirklich gerecht – viel Stil, aber wenig Substanz.
Eines vorweg: Die Verfasserin dieser Zeilen hat bereits öfters K-Pop-Alben für das Tageblatt rezensiert und ist alles andere als ein „Hater“ der Gruppe Blackpink. Sie hat beispielsweise keinerlei Zweifel daran, dass Jennie, Rosé, Jisoo und Lisa Talent haben. Was also läuft bei „Born Pink“ schief?
Fangen wir erst mal mit den positiven Aspekten an. Sehr gut gefallen hat mir der Song „Yeah Yeah Yeah“ – für mich das Highlight der Platte. Die 80er-Jahre-Synths funktionieren einwandfrei mit dem typischen Blackpink-Sound. Interessant ist auch der triolische Rhythmus bei „Shutdown“, der gemeinsam mit den Streichern eine beachtliche Klangkulisse bildet. Der Titelsong „Pink Venom“ beginnt derweil vielversprechend mit einem Geomungo-Solo. Mitglied Jisoo spielt das sechssaitige Instrument, dessen Klänge mit einem Bambusplektrum erzeugt werden, live. Erfrischende erste Takte! Dass der Song danach anders weitergeht, ist zu erwarten – Blackpink sind schließlich eine K-Pop-Gruppe und machen keine traditionelle koreanische Musik. Doch je weiter der Song fortschreitet, desto größer wird meine Enttäuschung – eine Enttäuschung, die mich auch beim Hören des Albums begleitet.
Es sind sauber produzierte Songs. Doch das Menü scheint immer nach der gleichen Formel serviert zu werden: inhaltsarme Rap-Verse über die neuesten Designer-Klamotten (im K-Pop-Bereich gibt es auch durchaus gute Rap-Parts, beispielsweise von Stray Kids, Block B oder BAP), gesungene Abschnitte, die nicht so richtig zum Song passen wollen, viel „Ra-ta-ta“ und „Du-du-dun“, wenig kreative Choreografien und Musikvideos, die eher einer Modeschau ähneln. Der Refrain des Titelsongs – „This that pink venom, this that pink venom / This that pink venom (get ’em, get ’em, get ’em) / Straight to ya dome like whoa-whoa-whoa / Straight to ya dome like ah-ah-ah“ – gibt die lyrische Marschroute vor. Viel tiefgründiger wird es auf dem Album nicht.
Das Problem ist, dass Blackpink allgemein wenig Musik veröffentlichen, was ja an sich kein Problem darstellt, denn Qualität muss nicht unbedingt mit Quantität einhergehen. Doch das, was die Gruppe veröffentlicht, ist meistens nach dem gleichen Schema aufgebaut. Und das ist schade: Ich hätte liebend gerne mehr Geomungo-Klänge nach den ersten Takten von „Pink Venom“ gehört.
Lisa ist eine ausgezeichnete Tänzerin, Rosé und Jisoo haben eine schöne Stimmfarbe und Jennie kann Bühnenpräsenz zeigen, wenn sie denn will. Doch schaut man sich Clips von der aktuellen Welttournee der Gruppe an, wird deutlich: So wirklich viel Lust auf das Idol-Dasein – zumindest in dieser Viererkonstellation – haben diese Frauen nicht mehr. Die für K-Pop-Verhältnisse eher einfachen Choreografie-Schritte sitzen nicht, Mitglieder führen Moves nur halbherzig durch, singen zeitweise Playback – die Enttäuschung ist umso größer, wenn man bedenkt, mit welcher Energie die ehemaligen Label-Kolleginnen 2NE1 live auftraten. Unter K-Pop-Fans ist es schon fast zu einem „Running Gag“ geworden, dass Blackpink eher Influencerinnen, die ab und zu Musik machen, als Sängerinnen seien.
Das Girl-Power-Gefühl, das einst Gruppen wie Destiny’s Child verkörperten, wird bei Blackpinks aktueller Ausrichtung fast zu einer Persiflage und mutet beinahe ironisch an, wenn man wie kaum eine andere Gruppe ein Rädchen in der gut geölten K-Pop-Maschinerie ist (immerhin ist Blackpink bei einem der größten Labels des Genres unter Vertrag). Es zeigt: Im neuesten Dior-Fummel rumstampfen und irgendwelche einfältigen „Bad bitch“-Slogans brüllen reicht nicht, um überzeugend zu klingen und gute Musik zu machen. Und die gibt es im K-Pop-Bereich zuhauf. Beispielsweise von BIBI.
Rating: 5/10
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