Expo „Supports/Surfaces“ / Damals Avantgarde, heute Kunstgeschichte
Rund drei Jahre nach einer auf zwei Künstler fokussierten Ausstellung der französischen Gruppe „Supports/Surfaces“ wirft das „Nationalmusée um Fëschmaart“ nun einen Blick auf seine diesbezügliche Sammlung. Als wir vor einiger Zeit von neuen Schenkungen von Werken dieser Gattung gelesen haben, war es für uns klar, dass eine entsprechende Schau fällig sein würde. Diese wird denn auch mit Neuerwerbungen/Schenkungen begründet und soll bis Februar 2025 von mehreren Veranstaltungen begleitet werden. Was stellt diese Gruppe dar, wo kommt sie her, wie wird sie anderswo behandelt?
Seit Anfang Mai zeigt das „Musée du Niel – Hyères“ eine mit „Deux avant-gardes de la nouvelle école de Paris à Supports/Surfaces“ benannte Ausstellung mit Werken von André-Pierre Arnal, Louis Cane, Marc Devade, Daniel Dezeuze, Noël Dolla, Jean-Pierre Pincemin, Patrick Saytour und Claude Viallat. Die Namen sind uns bekannt, denn diese Künstler sind uns in der Galerie Ceysson & Bénétière mit ihren Werken ausgiebig präsentiert worden.
Das Museum in Hyères führt in seiner Einleitung aus, dass beide Bewegungen – die rund 30 Jahre auseinander liegen – Vorbildcharakter, jedoch jede auf ihre Weise, in Frankreich hatten. These und Anti-These hätten sich hier getroffen, hätten auch zu der „Fähigkeit“ geführt, sich aus den Problematiken der Figuration und der Abstraktion, die sich in beiden so oder so finden würden, herauszuwinden, um zu einem neuen „Geschmack, einer Lust und einem Hunger nach Farbe“ zu führen.
Dass die Nachwirkungen trotz kurzer Lebensdauer der Gruppe „Supports/Surfaces“ in Frankreich nach wie vor spürbar sind, zeigen weitere Ausstellungen, etwa von Daniel Dezeuze – Noël Dolla bis Mitte Mai im Bonisson Art Center in Aix-en-Provence oder Schauen von Dezeuze und Dolla im MAC/VAL in Vitry-sur-Seine bis Anfang Dezember und Toni Grand im Fabre-Museum in Montpellier bis Anfang Mai 24.
Eigene Wege innerhalb einer Bewegung
Obwohl sich diese Künstler in einem bestimmtem Moment zu besagter Bewegung, die ihre Glanzzeit von 1966 bis 1972 hatte, hingezogen fühlten, ist jeder seinen Weg gegangen, hat jeder eigene Prioritäten gesetzt und war jeder im Endeffekt anders, auch politisch, motiviert. Auf die „wesentlichen Bestandteile“ reduzieren, die „Oberfläche“ (surface) und den „Träger“ des Werkes (support, etwa Keilrahmen) angehen, sind Merkmale, genauso wie die „Datierung und Signatur“ infrage zu stellen. Für manchen Protagonisten hat dieser Wille der Veränderung traditioneller Praxis gar zu einer „Dekonstruktion“ des Objektes geführt, kurzum diesem Drang lagen auch teilweise philosophische Überlegungen zugrunde. Sie führten im Endeffekt zu dem, was Experten so sehen, zu einer größeren „Flexibilität der Form“. Bernard Ceysson hat in einem längeren Essai die umfassende Entwicklung und Bedeutung dieser Bewegung dargelegt. Während Patrick Saytour teils „ironische Positionen“ eingenommen hat, war Marc Devade mit seinen Abhandlungen etwa in einer Zeitschrift wie „Tel Quel“ eher politisch, philosophisch und kunsttheoretisch unterwegs.
„Supports/Surfaces“ wurde anfangs von zwölf Künstlern in Nice gegründet, gab der Rolle der Farbe und ihrer Dynamik im Diskurs und in der künstlerischen Bearbeitung neue Impulse, derweil, wie bereits angedeutet, die „Form entmystifiziert“ wurde, gar die „Ästhetik“ erneuert, und sich neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffneten. Die zu der Gründergruppe zählenden Künstler haben sich jeder auf eigene Weise weiterentwickelt, sodass diese Bewegung rückblickend zwar eine eigene Position in der französischen Kunstgeschichte einnimmt, heute jedoch das Oeuvre der bereits verstorbenen und selbstredend der noch lebenden Künstler von „Supports/Surfaces“ jeweils einzeln genommen neu bewertet werden muss. Ob das nun bei der anstehenden Expo „Notre collection à l’affiche“ ab 21. Juni im „Nationalmusée um Fëschmaart“ der Fall sein wird, muss sich zeigen.
Diesmal 14 Künstler
Von Dezember 2020 bis Oktober 2021 hat es im Museum am Fischmarkt eine „Supports/Surfaces“-Expo mit Arbeiten von Patrick Saytour (1935-2023) und Claude Viallat (Jahrgang 1936) gegeben. Vor allem Letzterer steht bei Bernard Ceysson hoch im Kurs. In der Galerie auf Wandhaff sind derzeit parallel zur Expo des Südkoreaners auch Werke von Viallat zu sehen, u.a. eine Mega-Malerei mit den für ihn so typischen schemenhaften Motiven auf einer riesigen Pforte aus Holz, wohl eine feine Illustration der Idee, sich stets mit neuen „Trägern“ auseinanderzusetzen.
Gab es noch bis vor kurzem eine monumentale Schau von Marc Devade in erwähnter Galerie, so beabsichtigt das Museum nun einzelne Pioniere der Gruppe von André-Pierre Arnal, über Toni Grand und Bernard Pagès bis Claude Viallat, mit Werken aus der Sammlung zu zeigen. Der Kreis schließt sich demzufolge, fast wie bei der Schau in Hyères, da das Nationalmuseum in der Vergangenheit auch eine bestimmte Vorliebe für die „Ecole de Paris“ offenbart hat. Die Sammlung des Museums umfasst etwa 40 Werke von 14 Künstlern, Arbeiten, die jetzt gezeigt werden. In der Begründung der Ausstellung wird erneut auf die Ausstrahlung dieser Bewegung hingewiesen, ihre Finalität dargelegt und, wie bereits erwähnt, auf den „Avant-Garde“-Charakter dieser an sich kurzlebigen Gruppe französischer Künstler hingewiesen.
Am ersten Rundtischgespräch „Quel Héritage de nos jours?“ am 11. Juli, das von Nicolas Martens geleitet wird, nimmt neben Galerist Bernard Ceysson u.a. auch Noël Dolla, einer der Gründer der Bewegung, teil. Das dürfte dann wohl auch die Kernfrage sein, die sich bei der Organisation einer derartigen Schau in diesen Zeiten stellt. Man darf gespannt sein. Weitere Begleitveranstaltungen werden folgen. Interessant ist die Tatsache, dass die Ausstellung von einem umfassenden Katalog mit Texten und 45 Abbildungen sowie 14 Biografien der gezeigten Künstler ergänzt wird.
Supports/Surfaces – Notre collection à l’affiche
Vom 21. Juni bis zum 23. Februar 2025 im „Musée national d’archéologie, d’histoire et d’art“ (Marché-aux-Poissons, L-2345 Luxemburg-Stadt)
- Was läuft am Wochenende? - 28. November 2024.
- EU-Parlament gibt grünes Licht für von der Leyens Kommission - 27. November 2024.
- Eine Person lebensgefährlich verletzt – Experten ermitteln, Straße bleibt noch gesperrt - 27. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos