/ Das Tanztheater „Europe – My heart will be broken and eaten“ bietet enttäuschenden politischen Aktivismus
Ein Tänzer versucht zu schauspielern, rings um ihn sieht man Videos von seiner osteuropäischen Geliebten, die ständig am Telefon ist. Dazwischen Filmsequenzen von Unruhen in Osteuropa. Fertig ist zur Kunst hochstilisierter politischer Aktivismus.
Eine junge Frau (Maria Tomoiaga) telefoniert mit ihrem Freund. Per Video ist der Zuschauer Zeuge, wie sie scheinbar durch diverse osteuropäische Städte reist. Die beiden begegnen sich dabei jedoch nicht. Parallel zu diesen Videosequenzen werden TV-Bilder von Tumulten in Ost- und Südosteuropa wie der Ukraine, Rumänien oder Griechenland gezeigt. Der Mann, mit dem sie telefoniert, erscheint nur ein paar Mal in Filmszenen, in denen er beim Anziehen oder Kaffee machen gezeigt wird. Ansonsten ist er (der Tänzer Jean-Guillaume Weis) allein vor dem Publikum.
INFO
„Europe – My heart will be broken and eaten“
Regie: Armin Petras
Mit: Jean-Guillaume Weis
Weitere Vorstellungen: 30.1., 31.1., 1.2. und 2.2. Beginn jeweils um 20 Uhr
Théâtre national du Luxembourg
www.tnl.lu
Zu Beginn betritt er die Bühne nur mit Unterhose bekleidet und gebärdet sich dabei wie ein Affe, genauso wird er die Bühne am Ende verlassen. Die Frau lebt in Osteuropa, träumt von einem Leben im Westen, er lebt gut situiert im Westen und hat hier Frau und Kind. Die beiden reden zwar miteinander, kommen jedoch nicht zusammen, weil sie vielleicht nicht zusammengehören.
Das Zusammenfügen dreier Szenarien – die telefonierende Frau, der Mann auf der Bühne, die Unruhen in Osteuropa – ist heterogen und wirkt befremdend: Alles geschieht parallel, doch scheint nichts zusammenzugehören. Am kuriosesten wirken die Schauspielversuche von Jean-Guillaume Weis: Er bewegt sich unsicher auf der Bühne und im Zuschauerraum hin und her, gibt Kommentare zu den Videobildern ab oder versucht, drei Zuschauerinnen in einer peinlichen Szene beizubringen, Walzer zu tanzt. Nach ein paar Minuten werden die drei vom Mann wieder abrupt von der Bühne gejagt. Bei all diesen Aktionen scheint Weis sich nicht mal die Mühe zu geben, als Schauspieler zu wirken, was zugegeben auch schwierig ist: Fast ohne Text ist er allein auf der Bühne mit dem Publikum konfrontiert.
Nur in den eingebauten Tanzszenen sieht man seine Leichtigkeit und spürt die Sicherheit eines Profis. Er scheint auf der Bühne von Regisseur Armin Petras genauso allein gelassen worden zu sein wie die Frau irgendwo in Osteuropa. Immerhin geben die Tanzszenen Interpretationsmöglichkeiten, wie z.B. als Tanz auf dem Vulkan oder Tanz am Abgrund, wobei mit Abgrund und Vulkan die unsichere Situation in den armen osteuropäischen Ländern gemeint ist.
Politischen Aktivismus, so lobenswert er auch ist, muss man nicht unbedingt als Kunst betrachten. Lediglich für den Zuschauer war es eine Kunst, seinen Sitzpuff (anstelle der Sitzbänke) so zu gestalten, dass er eine Stunde darin ohne Rückenschmerzen ausharren konnte.
„Europe – My heart will be broken und eaten“ hat bei vielen Zuschauern Kopfschütteln hervorrufen, vielleicht auch weil es sich um eine Art Aktivismus handelt, die in Luxemburg selten zu sehen ist. In einem Gespräch mit der französischen Theaterregisseurin Leyla Rabih am 30. Januar im TNL wird Armin Petras der Frage nachgehen, in welchem Maße Theater politisch sein muss.
In diesem Fall wäre die Frage, wie theatralisch politischer Aktivismus sein soll, angebrachter: Wir konnten keine Spannung, Theatralik, Emotionen oder Begeisterung entdecken, Elemente, die Zuschauer im Medium Theater suchen. Doch Kunst liegt ja glücklicherweise im Auge des Betrachters und Kritiker sind grundsätzlich blind gegenüber den wahren Absichten eines Regisseurs. Ob wir es hier mit künstlerisch inszeniertem politischem Aktivismus zu tun haben, soll jeder für sich selbst entscheiden. Wir meinen, eher nicht.
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