Kopf des Tages / Der krächzende Kauz Tom Waits wird 70
Ein krächzender Kauz mit zartem Gemüt: Tom Waits hat es seinen Hörern selten leicht gemacht und doch viele berührt wie kaum ein anderer Songwriter. Nun wird der Amerikaner 70 – nach einer großen Karriere als Musiker, Schauspieler, Film- und Theaterkomponist.
Vermutlich hat niemand das Phänomen Tom Waits besser erfasst als US-Regisseur Robert Altman, in dessen Meisterwerk „Short Cuts“ der Musiker 1993 einen Säufer spielte. „Tom ist einmalig – eine ganz eigene Persönlichkeit. Er ist ein schräger Vogel, aber auf eine gute Art.“ Am 7. Dezember wird der kauzige Künstler nun 70 – und ist damit endlich so alt, wie er schon lange aussieht und klingt.
Kein Singer-Songwriter hat den Raum zwischen Folk, Rock, Blues und Jazz, zwischen zärtlichen Balladen und kunstvollem Krach so souverän durchmessen wie Waits. Als Sänger und Pianist, Hit-Schreiber für andere Musiker, Schauspieler, Film- und Theater-Komponist ist Waits eines der großen Multitalente der Popgeschichte.
Als Sohn einer Lehrerin und eines Trinkers, der die Familie bald verließ, wurde Tom Waits am 7. Dezember 1949 in der Nähe von Los Angeles geboren. Die Aufsteigergeschichte begann stilecht – ganz unten, als Geschirrspüler und Pizzabäcker.
In Kneipen schnappte Waits Dialogfetzen für Lieder auf, die musikalisch von Kurt Weill, Ray Charles oder Frank Sinatra geprägt waren, aber bald immer weiter in Richtung Folk-Blues-Avantgarde ausgriffen. Mit dem tollen Debüt „Closing Time“ (1973) legte der junge Beat-Poetry-Fan die Grundlage für eine Karriere als (damals noch weniger rabiater) Sänger und Pianist in verrauchten Clubs.
Die mit Lärm und Dissonanzen spielenden Alben der 80er Jahre wie „Swordfishtrombones“ oder „Rain Dogs“ waren entscheidend für Waits’ Aufstieg in die erste Liga der US-Rockmusik. Zugleich stilisierte er seine oft gruselig wirkende Bühnen-Performance, scheppernde Sounds und „kaputten“ Gesang zu einer Marke.
Immer wieder coverten feinere Stimmen die prächtigen Waits-Lieder – zuerst The Eagles („Ol‘ 55“), später beispielsweise Rod Stewart („Tom Traubert’s Blues“, „Downtown Train“) oder Springsteen („Jersey Girl“). Der Avantgardist wurde zum hochgeschätzten „Songwriter’s Songwriter“ – und startete eine zweite Laufbahn als Filmkomponist mit Arbeiten für Francis Ford Coppola und Jim Jarmusch. Ohnehin habe er schon früh „gedacht, dass ich Filme für die Ohren mache“, sagte Waits einmal dem britischen Magazin Mojo. Die Nähe zum Kino erleichterte ihm den Einstieg als Schauspieler.
Privat hat Waits in der Ehe mit seiner künstlerischen Partnerin Kathleen Brennan seit 1980 offenkundig das große Glück gefunden – auch wenn viele düstere Lieder es oft nicht vermuten lassen. „Sie hat mein Leben gerettet“, sagte der Künstler, der mit Alkohol, Nikotin und Streunerei einen selbstzerstörerischen Lebensstil gepflegt hatte, im Mojo-Interview. Man darf gespannt sein, ob ein hoffentlich gesunder, zufriedener Tom Waits sein Publikum nach längerer Kreativpause noch mit einem spannenden Spätwerk überrascht.
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