Kunstecke / Einladung zu spannenden Kunstreisen
Haben wir letzte Woche erste Vorboten zur Rentrée in den Luxemburger Galerien vorgestellt, so gilt es heuer einen Blick über unsere Grenzen zu werfen, denn für echte Kulturfans bieten sich mehrere Trips in Kunst-Metropolen an.
Die Franzosen haben in diesem Sommer den 150. Jahrestag des „Impressionismus“ mit zahlreichen Ausstellungen gefeiert, Berlin holt dies ab September mit zwei Ausstellungen (Monet und internationale Druckgrafik) nach, doch auch in Frankreich hält das Impressionismus-Fieber an, derweil in Paris jetzt eine Jubiläumsexpo für 100 Jahre „Surrealismus-Manifest“ von André Breton in Szene gesetzt wird. Die Fondation Beyeler in Riehen/Basel lädt ihrerseits zu einer spannenden Reise in die farbige und vielschichtige Matisse-Malerei ein.
Kunst genießen bedeutet immer auch, sich in fremde Welten einzufühlen, sich in die Geschichte der bildenden Kunst zu vertiefen, wohl wissend, dass es im Laufe der Jahre immer wieder Umwälzungen gegeben hat und recht unterschiedliche Strömungen auch parallel gediehen sind, so wie das in der aktuellen bildenden Kunst auch der Fall ist.
100 Jahre Breton-Manifest
Der deutsch-französische Kultursender ARTE widmet am kommenden Sonntag ab 16.30 Uhr dem Surrealismus eine zweiteilige Dokumentation (zweiter Teil im Oktober) anlässlich des 100. Jahrestages des „Surrealistischen Manifests“ von André Breton. Wird die mehrere Genres umfassende Kunstbewegung, in der die Grenzen zwischen „Traum und Wirklichkeit“ verwischt werden und so manche Norm infrage gestellt wird, hier in laufenden Bildern aufgearbeitet, so kann der Kunstfreund das Original des Breton-Manifestes ab September im Pariser Centre Pompidou 1) beäugen.
Die breit inszenierte Schau umfasst Dokumente in Bild und Wort aus dieser Zeit, die es zu entdecken gilt. Erinnern wir daran, dass Anfang dieses Jubiläumsjahres die Ursprünge des Surrealismus aus belgischer Sicht mit mehreren Expos in Brüssel gefeiert wurden, gilt es doch in diesem Zusammenhang einen wichtigen Pionier des Surrealismus, den belgischen Künstler Magritte, nicht zu vergessen.
Nach den olympischen Spielen widmet sich die Lichterstadt nun verstärkt wieder der Kunst. Neben der Surrealismus-Expo im Centre Pompidou kündigen sich weitere interessante Ausstellungen an, ob die ersten Jahre der künstlerischen Tätigkeit von Jackson Pollock im Musée Picasso, die „Arte povera“-Arbeiten aus der Pinault-Sammlung im gleichnamigen Kunsthaus „Bourse de Commerce“ oder „Pop Forever, Tom Wesselmann & …“ in der, baulich betrachtet, futuristischen Fondation Louis Vuitton.
Wesselmann ist vor 20 Jahren gestorben
US-amerikanische Pop-Art-Kunst auszustellen, ist, seit die Kunst aus Übersee nach dem Zweiten Weltkrieg den europäischen Kunstmarkt geflutet hat, nichts Außergewöhnliches mehr. Die privat ausgerichtete Vuitton-Stiftung hat ihre Tätigkeit bekanntlich mit einer russischen Sammlung eröffnet und zwischendurch immer wieder attraktive Schauen ins Haus geholt.
Mit einer Ausstellung der Pop-Art rund um den am 23. Februar 1931 geborenen und vor 20 Jahren am 17. Dezember 2004 verstorbenen Tom Wesselmann stellen die Kuratoren einen Künstler in den Fokus, der eigentlich kein Pop-Art-Künstler sein wollte. Er ist für seine extravaganten Collagen bekannt, Kunstwerke, in denen er „Reklameposter“ als Ausgangspunkt nutzte, um deren „Ausdruckskraft“ auf seine Weise auszuloten. Er paraphrasierte und kritisierte gleichzeitig die „amerikanische Lebensart“. Ob Zigarettenschachtel oder Hotdog-Abbildung, egal, diese realen Gegenstände erlangen unter seiner Fuchtel der „surrealen“ Gegenüberstellung einen neuen Reiz, erzielen eine spezielle Wirkung auf den auf banalen und unbedenklichen Konsum fixierten Zeitgenossen.
Künstlerisch entstehen so riesige „Stillleben“ der besonderen Art. Anhand von über 150 Werken in Kombination zu Arbeiten anderer Künstler, etwa Andy Warhol, ist so die unverwechselbare Schau „Pop Forever, Tom Wesselmann & …“ entstanden. 2)
Wenn einer eine Reise unternimmt
Die für ihre einladende Architektur und ihre reichhaltige Sammlung in einem schmucken Park in Riehen am Rande der Museumsstadt Basel gelegene Fondation Beyeler hat ab dem 22. September die Expo „Matisse – Einladung zur Reise“ zu Gast. Es ist dies eine mit Leihgaben aus bekannten Museen und gut dotierten Privatsammlungen kombinierte spektakuläre Schau einer der bekanntesten Vertreter der Moderne. Wer Henri Matisse kennt, weiß, er hat seine Kunst im Laufe der Zeit von einer stark farbigen und diversen Motiven gewidmeten Malerei bis hin zu den sozusagen als Markenzeichen stehenden „Scherenschnitten“ entwickelt.
Genau diese Reise ins Schaffen des Meisters wird anhand von über 70 Hauptwerken plastisch nachvollzogen.
Henri Matisse (1869-1954) gilt auch bis heute als Autor eines „bahnbrechenden“ Werkes, dessen Stärke, wie die Stiftung betont, „in der Befreiung der Farbe vom Motiv und in der Vereinfachung der Formen“ liegt. Matisse setzt auch Akzente in der Bildhauerei und kombinierte gerne „Malerei, Zeichnung und Skulptur“. Ihm ist in Nice ein eigenes Museum gewidmet. Die Expo in Riehen bietet eine gute Gelegenheit, sich mit seinem Werk auseinanderzusetzen. 3)
Berlin, Paris, Basel sind nur einige Etappen spannender Kunstreisen in diesem Herbst, man könnte diese nach London, Brüssel, Frankfurt, München oder Wien fortsetzen. Selbst wer noch nicht bei der Kunstbiennale in Venedig vorbeigeschaut hat, könnte dies noch tun, auch wenn die Lagunenstadt derzeit eher noch im Zeichen der Stars und Sternchen der Filmbranche steht.
Infos zu den Ausstellungen
1) „Surrealismus“, Centre Pompidou, Paris, 4.9. 2024 – 13.1.2025
2) „Pop Forever, Tom Wesselmann & …“, Fondation Louis Vuitton, Paris, 16.10.2024 – 24.2.2025
3) „Matisse – Eine Einladung zur Reise“, Fondation Beyeler, Basel-Riehen, 22.9.2024 – 26.1.2025
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