Kunstecke / Koreanisches rhythmisches Linienspiel
Für sein drittes Gastspiel in der Galerie Ceysson & Bénétière zieht Nam Tchun-Mo alle Register seines Könnens: Unter dem Titel „Lignes et Rythmes“ präsentiert der Südkoreaner sowohl Arbeiten auf Papier als auch Acryl-Bilder auf Leinen und Öl auf beschichtetem Stoff sowie Skulpturen im Raum und an der Wand. Er bleibt bei seiner Maxime, die Linie in allen Wendungen gezielt zu führen, treu und erzeugt durch seine minimalistischen und teils monochromen Werke ein meditatives Erlebnis beim Betrachter.
1961 in Yungyang in Südkorea geboren, studierte Nam Tchun-Mo an der Akademie und Universität in Daegu, wo er auch heute noch wohnt. Neben seiner Präsenz in Südkorea ist er seit 1991 künstlerisch auch mit Ausstellungen international vertreten, etwa in Belgien, China, Schweiz, Frankreich, Deutschland oder den USA. Nam unterhält zudem ein Atelier in Köln. Neben Berlin und Koblenz hat er in Deutschland auch in der Stadt am Rhein ausgestellt. Seine 2018 groß angelegte Schau im Ludwig-Museum in Koblenz wird mit dem reich bebilderten Buch „Beam, Lines, Spring, Stroke“ begleitet, einem Band, der auch in der Galerie erworben werden kann. Von den zahlreichen Expos in seiner Heimat sei hier nur die 2023 organisierte Ausstellung im Indeng-Museum in Daegu erwähnt. Nam Tchun-Mo war nach 2020 auch 2022 in der Ceysson-Galerie präsent. Er gehört zu den Stammkünstlern des Hauses, das bekanntlich mit mehreren Ablegern auf dem weltweiten Kunstmarkt aktiv ist. Interessant ist, dass die „französischste unter den Galerien des Platzes“ auch einen asiatischen Künstler im Portfolio hat.
Eigener Weg in die Abstraktion
Nam Tchun-Mo gehört zu der jüngeren Generation an Künstlern in Südkorea, einem Land, in dem gern traditionelle Techniken in der bildenden Kunst eingesetzt werden. Er wird der sogenannten Dansaekhwa-Bewegung zugerechnet, einer Art lose Gruppe an Künstlern, die eine „neue Ära der Abstraktion“ eingeleitet haben, wobei ihnen daran gelegen war und ist, ihre Kunst nicht allzu sehr westlichen Einflüssen auszusetzen. Angestrebt wurde ein „minimalistischer Gestus“, der bei Nam meist mit monochromem Farbeinsatz sowie eigener Mischtechnik gepaart ist. Er geht dabei eigene Wege und sieht in seinen Bildern eher farblich sparsame „reelle“ Landschaften, derweil viele seiner Kollegen dies philosophischer interpretieren, wie es in der Einleitung zur Expo heißt.
Waren in der Vergangenheit Ausstellungen mal mit „Gesture in Space“ oder „Line in Space“ überschrieben und Werke so thematisch gruppiert, so war und ist dem Künstler stets daran gelegen, seine Linienführung sowohl auf flachem Papier und auf der Leinwand zu meistern als auch diese gezielt in den Raum hineinwachsen zu lassen. Optisch gelingt ihm dies, weil er sich nicht allein auf Pinsel und Farbe beschränkt, vielmehr nutzt er andere Materie, die er an der Oberfläche mit verarbeitet, so kreiert er zum Beispiel mit Hilfe von Polyester Strukturen, die entweder aus dem Bild ragen und/oder zu eigenständigen Objekten an der Wand oder im freien Raum geformt werden. Weisen wir diesbezüglich auf die Arbeiten „spring“ als stehende Skulptur sowie „spring-beam“ als riesiges Wandobjekt hin.
Wenn der Künstler von Linien spricht, so stehen diese mal allein gesondert im Raum, mal wiederholt er diese eng nebeneinander, sodass diese scheinbar in Schwingung geraten, auch erzielt er durch serielle Reihung selbst mit gegenläufiger Linien-Führung spannende Bewegungen im Bild. Beispiele all dieser Vorgehensweisen finden sich in der Ausstellung, die über 50 Werke zählt und darum kaum im Einzeln zu besprechen sind.
Entlang der „richtigen Linie“
Mit dem zielführenden Titel „Linien und Rhythmen“ ist die aktuelle Schau gut umschrieben. Olivier Delavallade wird im Vorwort aus seinem Aufsatz „Expanses“ aus „Bearn, Lines, Spring, Stroke“ von 2019 mit einer Passage über die Definition der „ligne juste“ mit den Worten zitiert: „C’est une ligne bien nourrie, avant tout, une ligne chargée de mémoire, mais qui se garde de tout bavardage. C’est une ligne droite sans raideur, ou courbe sans excès de volutes, qui se méfie des effets trop faciles et plus que tout, de ceux qui résultent d’une trop grande virtuosité.“ Sie (die Linie) kann, so der Autor, einen Raum oder eine Fläche beflügeln und nähren. Nam Tchun-Mo verdeutlicht dies anhand einiger Werke, reduziert die „Linie“ manchmal fast auf einen Punkt, einen winzigen, vertikal gezeichneten Strich mit Schatten, die im Raum verteilt wiederum durch ihre besondere Farbgebung ein geschlossenes Bild abgeben. Die eigenartigen, mit körnigen Oberflächen farblich variierten „Landschaften“ kontrastieren mit anderen Bildern, in denen er sein Spiel mit den Linien in der Serie „stroke-lines“ treibt und 2024 gar zu neu gemischten „Ansichten“ führt und frei schwebenden Gebilden, in denen sich wiederum Linien in anderer Dichte ineinander verfangen. Da, wo die Linie an sich nicht ausreicht, flechtet er kleine weiße „Flächen“, um die visuelle Verwirrung zu optimieren, und zwar in unterschiedlichen Farben, wobei er im Endeffekt in den aktuellen „void“-Werken minimalistische lineare Kompositionen auf weißlichem Untergrund hervorbringt.
Galerist, Kurator und Künstler deklinieren den Expo-Titel „Traits et Rythmes“ in über 70 Werken, Arbeiten die das Schaffen des koreanischen Malers der letzten drei Jahre auf den Weg zu einer ganz persönlichen Abstraktion verdeutlichen.
Infos zur Ausstellung
Nam Tchun-Mo, „Traits et Rythmes“, noch bis zum 20. Juli in der Galerie Ceysson & Bénétière, 13-15, rue d’Arlon, Windhof. Mittwochs bis samstags geöffnet. Galerie@Ceysson.com.
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