Jüdische Küche / Willkommen in der Diaspora
„Und wurden zerstreut unter alle Völker”, hat Werner Keller 1966 sein Buch über die nachbiblische Geschichte der Juden genannt. Genau so ist auch die jüdische Küche. Sie besteht aus vielen Zubereitungsarten, je nach europäischer oder nordafrikanischer Herkunft. Gleich sind nur die strengen Regeln der Kaschrut. Claude Wolf hat sich schlaugemacht.
„Die älteste Fusion-Küche der Welt“ hat die Kochbuchautorin Claudia Roden geschrieben und daran erinnert, dass die Juden seit 597 vor Christus, nach der Zerstörung Jerusalems und des ersten jüdischen Tempels, auf Wanderschaft sind. Sie sind immer weitergezogen, ließen sich in fremden Ländern oder anderen Kontinenten nieder. Dabei nahmen sie ihr Essen als kulturelles Gepäck mit sich, fügten unterwegs neue Zutaten oder Rezepte hinzu. Dabei muss man zwischen zwei Kulturen unterscheiden. Einerseits gibt es die Aschkenasen, die nördlich von Kaukasus, Alpen und Pyrenäen lebten und deren Alltagssprache – Jiddisch – und Rezepte auf das mittelalterliche Deutschland zurückreichen.
Die Sepharden dagegen lebten südlich jener Gebirgszüge, ihre Küche ist von den meist muslimischen Heimatländern geprägt. Und doch, stellt Roden klar, blieben die jüdischen Speisen immer „ein wenig anders“ als die ihrer christlichen oder muslimischen Nachbarn: Anders, weil die Generationen zuvor Rezepte aus früheren Heimatländern mitgebracht hatten. Und da die Tora am Schabbat Haushaltsarbeit oder das Entzünden eines Feuers verbietet, wurden Eintöpfe oder kalte Gerichte oft Tage zuvor vorbereitet. Anders auch, weil die Speisegesetze, die Kaschrut, die Küchen dominierten: Zutaten, die nicht koscher sind, mussten ersetzt oder ganz gestrichen werden.
„Eine Zuflucht in unruhigen Zeiten“
„Ein unvergänglicher, identitätsstiftender Wert, eine Zuflucht in unruhigen Zeiten, die als geistiges Gepäck durch Kontinente, Kriegsgebiete und soziale Unruhen, durch gute und schlechte Zeiten, durch Emigration und Neuansiedlung, ins Exil und wieder zurückgeschleppt wurde“, schreibt die britische Autorin Clarissa Hyman.
Tatsächlich vermitteln in der weltumspannenden Diaspora die traditionellen Gerichte einen Geschmack von Zuhause, ganz gleich, ob dieses Zuhause in einem polnischen Stetl, in einer nordafrikanischen Stadt oder in Indien ist. Sie wurden aber auch den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Der „Gefilte Fisch“ ist ein typisches Beispiel, weil das Rezept – ursprünglich ein Karpfen – auch mit anderen, leicht verfügbaren Weißfischen zubereitet werden kann.
Die Kaschrut, die definieren, was ein Jude essen darf und was nicht, ziehen sich ebenfalls wie ein roter Faden durch die jüdische Küchenvielfalt. „Sie lehren uns, unsere Begierden zu beherrschen“, hat Maimonides bereits vor 800 Jahren gesagt. Der Akt des Essens soll nicht als etwas Selbstverständliches betrachtet werden, sondern mit Dankbarkeit und Achtung.
Wie in den meisten Religionen wird auch im Judentum am heiligen Tag der Woche, dem Sabbat, besonders gut gekocht. Das Abendessen beginnt mit einer Challa, einem Hefezopf, der an den Auszug aus Ägypten erinnern soll und von dem jeder ein Stück bekommt. Gehackte Leber, Hühnersuppe oder Backhähnchen kommen ebenfalls auf den Tisch. Sie werden häufig warm gehalten und am Samstag nochmals serviert, weil die Hausfrau ja an dem Ruhetag nicht kochen und kein Feuer anzünden kann. Ein beliebtes Sabbat-Mahl ist auch der Chalet, der ebenfalls warmgehalten werden kann.
Kaschrut
Die jüdischen Speisevorschriften sind sehr streng. Strikt getrennt werden Fleisch- und Milchspeisen. „Du sollst das Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen“, lautet das Speisegesetz. Eine Mahlzeit ist demnach entweder „milchig“ oder „flayschig”. Gemüse und Eier sind „parve“, neutral und dürfen deshalb zu jedem Essen gereicht werden. Auch das Essgeschirr wird strikt getrennt. In der Regel sind die „Fleischteller“ weiß und die „Milchteller“ blau.
Fleisch wird nur gegessen, wenn es von Wiederkäuern mit gespaltenen Hufen kommt, also von Rindern, Schafen, Ziegen oder Hirschen. Es muss dann noch nach den religiösen Vorschriften mit einem einzigen, schnellen Schnitt mit einem scharfen Messer getötet und dann komplett ausgeblutet werden. Danach wird das Fleisch in Wasser eingeweicht, gesalzen und gründlich abtropfen gelassen. Schweinefleisch ist tabu, das Schwein hat zwar die geforderten doppelten Zehen, ist aber kein Wiederkäuer. Geflügel ist erlaubt, bei den Wassertieren gibt es wiederum Einschränkungen. Sie müssen Flossen und Schuppen haben. Für Fisch gelten keine Vorschriften der Trennung, sie können auch zu Milchspeisen gegessen werden.
Gehackte Leber
Sie wird in der Regel mit Hühnerleber zubereitet, erlaubt ist aber auch Kalbsleber. Viel diskutiert wird über die Anzahl der hart gekochten Eier und darüber, ob die Zwiebeln gedünstet werden sollen oder nicht.
In der Regel wird die Spezialität mit 225 g Hühnerleber, 1 Zwiebel, 50 g Gänseschmalz, 3 hartgekochten Eiern, Salz und Pfeffer zubereitet.
Die Zwiebel kleinhacken und im Fett andünsten, die Leber dazugeben und weichkochen. Abkühlen lassen.
Die Leber, die Zwiebel und zwei der Eier durch den Fleischwolf drehen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das verbliebene Ei fein hacken und zum „Leberhäckele“ servieren.
Schalet
Er ist gewissermaßen eine Abwandlung unseres „Gromperekichelchen“. Für die Zubereitung benötigt man 1 Zwiebel, fein gehackt, 1 kg Kartoffeln, geschält und gerieben, 2 Eier, aufgeschlagen, 1/2 TL Backpulver, Salz, Pfeffer, Muskatnuss, 3-4 EL Mehl oder Kartoffelmehl.
Backofen auf 220 Grad vorheizen. Die Zwiebel in Öl andünsten, dann mit den geriebenen Kartoffeln, den Eiern und den Gewürzen vermischen. Mehl hinzugeben, bis alle Flüssigkeit aufgesaugt ist.
Einen Eisentopf mit Öl oder Gänseschmalz einreiben. Die Kartoffelmasse hineingeben und in den Ofen stellen. Die Temperatur nach zehn Minuten auf 180 Grad senken und 45 Minuten weiterbacken. Der Schalet muss außen eine goldene Kruste haben und innen noch weich sein. Dazu passt Apfelkompott.
Gefilte Fisch
In Osteuropa wurde dieses Gericht mit ausgelöstem, gedünstetem Fischfleisch von Karpfen oder Hecht zubereitet. Heute nimmt man dafür auch andere weiße Fische wie Seehecht, Schellfisch oder Kabeljau. Dazu kommen noch 1 Zwiebel, 1 EL gemahlene Mandeln, 2 verrührte Eier, Mehl, Salz und Pfeffer. Die polnische Tradition sieht noch Zucker vor, das muss aber nicht sein.
Fisch mit der Zwiebel grob hacken und mit Salz, Pfeffer, Mandeln und Eiern vermischen. Eventuell etwas Mehl oder Maizena zugeben, damit die Masse fest wird. Mit nassen Händen Kugeln formen.
Jetzt gibt es zwei Schulen. Man kann die Fischbällchen entweder im Öl goldbraun braten oder sie in einem Fischsud behutsam kochen. Serviert werden sie kalt, mit einer Meerrettichsoße.
In der holländischen Variante wird der Fisch mit zerstampften Kartoffeln vermischt und mit Milch zu einer festen Masse verarbeitet. Die Fischküchlein werden in Semmelbröseln gerollt und dann gebraten.
Die marokkanischen werden mit Safranfäden und Korianderblättern gewürzt und in einer würzigen Tomatensauce gekocht.
- Den Neuanfang wagen: „déi gréng Stad“ stellen ihr Programm vor - 19. Mai 2023.
- Chardonnay – der Weltstar unter den Weinen - 26. März 2023.
- Das Gold der Erde - 12. März 2023.
Nee Merci, ech hunn am léifste Fierkelskoteletten mat Scampi an enger Rahmzooss.
Leider sinn déi 3 Saache verbueden.
Danke für einen Einblick in Gepflogenheiten, die wohl auch auf luxemburgische bzw. gesameuropäische Traditionen abgefärbt haben: Schalet mit Apfelkompott…werd ich jedenfalls ausprobieren.
Um Ernie zu relativieren: ich kenne Muslime, die auch mal eine Salami naschen, weil es das eben bei ihnen nicht gibt. Derweil ich auch Christen kennen, die j e d e n Tag Fleisch essen, auch während der Fastenzeit..
Die einzige Sünde, die ich kenne ist Nahrungsmitteln keine angemessene Wertschätzung entgegen zu bringen, also Respektlosigkeit gegenüber Land, Wasser, Tier und Pflanze, und den Menschen, die es kultivieren…
Ich mag die Philosophie des achtsamen Essens.
Aber jeder verstopft sich die Arterien wie er will.
@Aender T.
Achtsames Essen, da sprechen sie mir aus dem Herzen. Viele Mitmenschen haben die Wertschätzung verloren, was die Wertigkeit und den Respekt gegenüber der Natur und unseren Bauern und Gärtnern verloren.
Schalet erinnert mich ein wenig an den Döppekooche aus der Eifel, ich werde das jüdische Gericht bald mal auf den Familientisch bringen.
@ Miette
Achtsames Essen
Da die meisten arbeitenden Menschen keine Zeit haben und auch nicht kochen können, gibt es außer Junkfood die beliebten Fertiggerichte die vor lauter Glutamat und Konservierungsstoffen kaum noch in die Verpackung passen.
Natürlich ist es immer interessant auch mal Fremdländische Küche zu genießen, wenn ich z.B. im Urlaub bin gehe ich dort Essen wo die Bewohner des Landes hingehen, Wiener Schnitzel bekomme ich auch hier dafür brauche ich keinen Urlaub.
Aber wie sagt man so schön “ Was der Bauer nicht kennt isst er nicht „.