/ Zurück in die Zukunft: Mahlzeiten neu gedacht
Gesundes Fastfood in Luxemburg? Ja, und es schmeckt richtig lecker. Daisy Schengen probierte sich durch die Auslage und fand Gefallen nicht nur am Geschmack der Speisen. Weniger Müll durch plastikfreie, wiederverwendbare und kompostierbare Verpackungen überzeugte. Doch Nachhaltigkeit hat ihren Preis.
Die Geschichte der Restaurantkette „Victorine“ mit, nach eigener Aussage, gesunden Gerichten beginnt in Belgien. Eine Frau namens Victorine betrieb in den Ardennen einen kleinen Bauernhof. Sie versorgte sich mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten und bereitete schmackhafte Gerichte zu, die ihren Enkel, Paul Brasseur, nachhaltig prägten. So sehr, dass er ihre Maxime „gesund kochen mit frischen Zutaten aus dem Garten“ seit Jahren hauptberuflich verfolgt. Brasseur arbeitet als Gastronom und versucht, die Kochphilosophie seiner Großmutter ins schnelle, hastige Leben der Großstädter zu übersetzen. In diesem Sommer hat er die dritte Victorine-Filiale in Luxemburg-Stadt im Einkaufszentrum „Cloche d’Or“ eröffnet.
Victorine eröffnete diesen Sommer eine weitere Filiale im Einkaufszentrum „Cloche d’Or“
Gutes Essen beginnt mit guten Zutaten. Sie werden in Luxemburg, Belgien und Frankreich in nachhaltigem, hauptsächlich biologischem Anbau hergestellt. Einmal in den Restaurant-Küchen der drei Filialen in Luxemburg-Stadt angekommen, werden aus den Lebensmitteln Speisen für verschiedene Ernährungsweisen zubereitet: Rund 70 Prozent des Angebots sind vegetarisch, ein Drittel aller Gerichte sind vegan. Darüber hinaus wird in Sandwich, Suppe oder Salat auf Gluten, Laktose, Raffinade-Zucker und tierische Gelatine verzichtet.
Außerdem gibt es keine industriell hergestellten zuckerhaltigen Getränke. In Verzicht üben sich auch die Verpackungen. Sie sind wiederverwertbar und -verwendbar. Gerichte wie „Rote Garnelen mit Risotto“, die entweder warm zum Verzehr im Restaurant oder zum Mitnehmen angeboten werden, sind in Einmachgläsern „verpackt“.
Ein spezieller „Wasserhahn“ versorgt kostenlos die Gäste mit stillem oder gesprudeltem Wasser
Die hausgemachten Limonaden und das Mineralwasser werden in PLA-Flaschen eingefüllt. Der Kunststoff aus Biomilchsäure („Polylactid“) ist biologisch abbaubar. Im Restaurant versorgt ein spezieller „Wasserhahn“ kostenlos die Gäste mit stillem oder gesprudeltem Wasser. Und wer sein Heißgetränk im eigenen mitgebrachten Becher genießen möchte, wird belohnt und zahlt weniger.
Alle Speisen, von Sandwich über Frühlingsrolle bis hin zu Salat, sind in Papier, Karton, Behältern auf Kokosnussfaserbasis oder PLA verpackt.
Was nicht verkauft wird, wird ans Rote Kreuz, Abricoeur, Caritas und Inter-Action gespendet.
Pur auf die Hand
„Grab and go“, frei übersetzt „Schnapp es dir und geh“, meint hier nicht Burger und Bratwurst, sondern ein Baguette-Sandwich mit rotem Curry und Hühnchen oder Sandwich mit Entenbrust an Birnenchutney und Nüssen.
Das Wrapbrot wird von einem libanesischen Bäcker geliefert, die Suppen (Erbsen, Tomate nach Ottolenghi und Karottensuppe mit Kokosmilch und Zitronenmelisse) werden täglich frisch zubereitet.
Kosmopolitisch zeigen sich auch die Hauptgerichte. Ob indisches Dal aus roten Linsen und Kokosmilch mit Spinatsprossen und Romanesko-Blumenkohl, vietnamesisches karamellisiertes Iberico-Schweinefleisch mit Shitake-Pilzen und Kokosblütenzucker oder vegane Falafel mit indischem Curry – die Zutaten spielen pur die Hauptrolle, ihre raffinierte Komposition bringt die Geschmacksnerven auf Trab. Wer es lieber klassisch mag, wird beim „Bio-Kalbsfrikassee“ an Grenaille-Kartoffeln und grünen Bohnen fündig. Sehr empfehlenswert, auch für Menschen, die pikante Gerichte eher scheuen, sind die roten Wildgarnelen an rotem Curry, Kokosnuss und Basmati-Reis.
Für alle Dessertliebhaber gibt es hier eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute lautet: Mit einem Acai Bowl aus Bio-Acai-Beeren und -Bananen oder mit einem Dessert aus Chiasamen-Perlen an Matcha und Erdbeerpüree ist die Versorgung mit Superfoods garantiert. Reichlich Energie liefern jedoch die Energy Balls. Die Variante mit Ingwer macht müde Mittagsmenschen besonders munter.
Die Haken
So ausgewogen und nachhaltig das Konzept von „Victorine“ sich nach außen gibt, so sorgt manches darin für Stirnrunzeln. Allen voran der Preis. Hausgemachte Speisen, die täglich frisch zubereitet werden, kosten. Personal- und Mietkosten, die Lage in der Hauptstadt auch.
Weniger zahlt, wer sich für die sogenannten Minis für den kleinen Hunger entscheidet. Sie gibt es ab 3,60 Euro. Für eine Suppe (30 cl) sind 4,30 Euro fällig, das 50-cl-Glas kostet 5,50 Euro.
Ein Mittagessen mit einer warmen Hauptspeise wie Roten Wildgarnelen (11,80 Euro) und eine Portion „Energy Balls“ mit Ingwer zum Dessert (4 Stück für 4,80 Euro) lassen das schnelle Mittagessen rund 16 Euro kosten. Ein Sandwich gibt es ab 4,70 Euro, Wraps ab 5,70 Euro, koreanischer Bowl für 12,50 Euro.
Außerdem stellt sich die grundsätzliche Frage nach dem Einsatz von exotischen „Superfoods“ wie Chiasamen und Acai-Beeren sowie Importwaren wie Iberico-Schweinefleisch. Muss das sein? Zumal man in der Firmenphilosophie großen Wert auf kurze Transportwege und gesunde, vorwiegend regionale Produkte legt. Möglicherweise lassen sich die Gerichte auch mit einheimischen, ebenso gesunden Zutaten zubereiten.
Fazit: Victorine spricht Menschen an, die auf gesunde Ernährung achten und bereit sind, dafür zu zahlen. So oder so, der Geschmack hält, was er verspricht. Und auch wenn ein Frühstück oder Mittagessen dort für manch einen aus finanziellen Gründen nicht jeden Tag auf dem Speiseplan steht, so lohnt sich ein Besuch dort allemal. In Gasperich besticht die Victorine-Filiale mit reduzierter, moderner Einrichtung mit vielen Pflanzen und mit Panoramablick auf das neue Stadtviertel.
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Ech hätt léwier d’LIDA-Chaine aus Lettland géif heihinner kommen. Déi kachen och frësch, ouni Superfoods aus der ganzer Welt, grouss Auswiel an et geet ganz séier. Dat ganzt ouni e Verméigen ze kaschten an et gett ee sat dervun, net wéi bei deenen Hipster-Chainen.
„Außerdem gibt es keine industriell hergestellten zuckerhaltigen Getränke.“
Genau. Der Zucker wird manuell hinein gerührt.
Steuer auf Zucker
Alles schöne Konzepte…nur, solange in Luxemburg nur 0.4% des BIP aus Landwirtschft besteht, kann von kurzen Transportwegen nicht die Rede sein. Idem bei „Energie“ die man ja zum Kochen braucht.
Zum Glück haben wir eine Überproduktion von Fleisch und Milch…was die Tiere wohl fressen? Und wo der ganze metabolische Abfall wohl hingeht…?
Mehr Steuern auf diverse Importe wären schön, nur, Luxemburg ist ein „Steuroptimierungsland“, das wird dann auch wieder schwer… all diese Steueroptimierer essen so gerne Sushi, weil es „vegetarisch“ ist (Fisch ist immer noch kein Fleisch, amen)…aus unseren sauberen Flüssen.
Lustig finde ich auch das abbaubare „Bioplastik“ aus Milch…tjo, wenn man sonst nix mit primären Lebensmitteln anfangen kann, alles Käse den keiner will, dann betreiben wir halt Massentierhaltung um Kunststoffe herzustellen. Sehr ethisch…wir essen eh jede Woche ungefähr die Quantität Plastik einer Kreditkarte, mit allem was wir essen, ob konventionnel oder bio. . .genau so innovativ und revolutionnär wie Agrarflächen zu nutzen um Biotreibstoff herzustellen…
Hat mal jemend ein gutes Rezept für Reifenabrieb? Vielleicht ein Gratin mit Polylactid, dazu ein bisschen Dioxinsalat aus dem Minett?