Klangwelten / Zwei Seelenwanderungen: Das elfte Album von Mono
Zwei Seelen wohnen in der Brust der japanischen Postrocker von Mono: Die Fähigkeit, die verzerrten Gitarren so lange hochzutürmen, bis das Riffgewitter in seiner Intensität und Lautstärke fast an Metalbands erinnert, kontrastiert mit der Neigung, sich in Begleitung von Streichern elegischen (und manchmal leicht kitschigen) Ekstasen hinzugeben. Auf dem Vorgänger „Nowhere Now Here“ (2019) dominierten die härteren Songs, was der Band gut zu Gesicht stand, danach standen die (von der Pandemie gehemmten) Feierlichkeiten für das 20. Jubiläum an, die Band veröffentlichte Live-Platten und eine Zusammenarbeit mit A.A. Williams. Anstatt sich (wohlverdientermaßen) auf den sprichwörtlichen Lorbeeren auszuruhen, schrieb man mit „Pilgrimage of the Soul“ im Pandemiekontext das nunmehr elfte Album mit Neuzugang Dahm Majuri Cipolla (Schlagzeug).
Die beiden erstveröffentlichen Singles huldigen dabei den beiden oben beschriebenen stilistischen Tendenzen: Nach einer ruhigen Intro kommt „Riptide“ mit einem fulminanten Riff relativ schnell auf den Punkt, der Track ist mitreißend und melodiös, das Schlagzeug prescht nach vorne. „Innocence“ hingegen ist epochal, schwelgerisch und schön, hat man in der Form jedoch von Mono schon zigmal gehört, da, wo die vorige Platte durch den subtilen Gebrauch von Synthies und Elektro das Klangbild subtil ergänzte. „Heaven in a Wild Flower“ und das abschließende „And Eternity in an Hour“ treiben leider zu selbstgefällig vor sich hin und bleiben zum Teil im eigenen Schmalz kleben, „Heaven in a Wild Flower“ klingt stellenweise ein wenig wie ein unfertiger Sigur-Ros-Song ohne Gesang.
Die gute Nachricht? Die restlichen Tracks sind nicht nur ausnahmslos toll, sondern teilweise auch, nicht zuletzt dank des neuen Schlagzeugers, treibender, ja tanzbarer als je zuvor: „Imperfect Things“ groovt so sehr, dass es ein bisschen klingt, als wäre das schwedische Duo Aiming for Enrike altersweise geworden, „To See a World“ bringt in knappen vier Minuten Monos wundersame Postrock-Melancholie mit Geigen und Wall of Sound auf den Punkt, untersetzt dem Track aber zusätzlich eine überaus spannende Rhythmussektion, das schöne „The Auguries“ steigert langsam und mit schön groovendem, verzerrtem Bass auf sein kathartisches Finale zu und „Hold Infinity in the Palm of Your Hand“ verweist unmissverständlich auf die elegische Großtat „Hymn to the Immortal Wind“.
Mit „Pilgrimage of the Soul“ wollte Mono die letzten 20 Jahre Bandgeschichte resümieren – und dank der neuen Tanzbarkeit in die Zukunft weisen. Die kommende Platte darf gerne noch etwas mehr Zukunft vertragen.
Bewertung: 8/10
Anspieltipps: Imperfect Things, Riptide, To See a World
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