Leserforum / Die kranke Demokratie
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Zu „Die Krise der europäischen Demokratie“ von Armand Clesse, Tageblatt, 14. Januar 2025.
Armand Clesse macht sich Sorgen um die europäische Demokratie. Mit Recht. Seine These ist, dass die europäische Demokratie, anstatt sich mit den Ursachen ihres schlechten Zustands auseinanderzusetzen, sich mit undemokratischen Mitteln retten will. Welche wären: „Wer vom richtigen Diskurs abweicht, wird ausgegrenzt oder gar angefeindet. Die Politik wird juridisiert. Gerichte entscheiden, ob Ergebnisse von Wahlen akzeptiert werden. In Frankreich soll die Justiz die Nichtwählbarkeit von Marine Le Pen beschließen. Alles Mögliche wird unternommen, um V. Orban und R. Fico zu diskreditieren. In der Türkei und in Georgien werden Wahlen massiv angefochten, weil die Falschen in den Augen der Wohldenkenden gewonnen haben. Diffamieren, statt diskutieren.“ Etc.
Gibt es nicht, fragt A. Clesse, andere „Gesellschaftsmodelle, die höheren Wohlstand, mehr soziale Gerechtigkeit und größere Sicherheit bescheren mögen, alles Güter, die die Demokratie verheißt?“ A. Clesse fragt sich weiter, was geschehen mag, wenn Bürger das Gefühl haben, dass Demokratie ihre Versprechen nicht mehr einlösen kann, wenn sich sogar ihr höchstes Gut, die Freiheit, malträtiert, wenn nicht aushebelt?
A. Clesse dreht ganz sachte die Welt auf den Kopf. Die demokratische Freiheit wird in der Tat heute von vielen Bürgern nicht mehr wahrgenommen. Anders gesagt, die Wahrnehmung wird von undemokratischen Gesellschaftsmodellen manipuliert. Von Russland und China an erster Stelle, aber, an sich unvorstellbar, jetzt auch von den USA. Demokratie ist keine Gefühlssache. Sie entstammt der Aufklärung. Demokratie ist eine rationelle Auseinandersetzung mit Gerechtigkeit. Diese wird heute ersetzt durch medial induzierten sentimentalen Moralismus, der zur politischen Hysterie führt. Welch andere Gesellschaftsmodelle gibt es heute mit mehr Wohlstand und sozialer Gerechtigkeit als die westliche Demokratie? Doch nicht etwa Russland mit Putin, oder China mit Xi Jinping. Nordkorea vielleicht, oder die immer größere Zahl afrikanischer Staaten unter islamischen Militär-Juntas?
Aufschlussreich in dieser Hinsicht sind die Beispiele, die A. Clesse aufzählt, um zu zeigen, wie undemokratisch die europäische Demokratie mit den in ihren Augen „Falschen“ umgeht. Alle haben einen auffälligen Hang zu Putin gemeinsam.
Das höchste Gut der Demokratie, die persönliche Freiheit, birgt auch ihre größte Schwäche. Die falsch verstandene Toleranz ihren Todfeinden gegenüber. Wenn Macron von antirepublikanischer Front hinsichtlich des RN und des LFI spricht, sagt er die faktische Wahrheit und zugleich eine Ungereimtheit, ganz einfach weil es zu spät ist, die beiden Extreme als antirepublikanisch zu bezeichnen, nachdem über zehn Millionen Franzosen sie republikanisch wählen durften.
Die Wahrheit und den Mut zur lebenswichtigen Intoleranz hätte es gebraucht, solche Parteien, deren offen ausgesprochenes Vorhaben es war, die Demokratie zu zerstören, zu verbieten. Putin kennt dieses Problem nicht. Xi Jinping auch nicht.
Die Krise der europäischen Demokratie ist nur ein Anzeichen für die Krise, die sich weltweit mit Hilfe von X, TikTok und Co., durch den Verlust aufklärerischen Denkens, in einem ausufernden Tsunami von Testosteron, Machtgeilheit, Arroganz und Borniertheit manifestiert.
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