/ Die demokratische Wahl: Sozialwahlen bestimmen die Kräfteverhältnisse
Mehr als eine halbe Million Menschen sind bei der wohl demokratischsten Wahl im Lande, weil unabhängig von Nationalität und Wohnortwahl, aufgerufen, über die Zusammensetzung der Arbeitnehmerkammer zu entscheiden.
Alle also, die für einen Lohn arbeiten (Grenzgänger inbegriffen), und die Rentner werden über die Zusammensetzung der Kammer entscheiden, die mittlerweile weit über reine Fragen der Arbeit hinaus aktiv ist: Sie liefert Gutachten zu Gesetzestexten, erarbeitet wissenschaftliche Studien und liefert so Hintergrundmaterial für relevante soziale Themen (u.a. den aussagekräftigen „Quality of work“-Index) und bietet zahlreiche Aus- und Weiterbildungsangebote an.
In zwei Monaten, am 12. März, beginnt die Auszählung der Stimmzettel, die in den kommenden Wochen allen in Luxemburg beschäftigten Arbeitnehmern postalisch zugestellt werden. Wahlpflicht besteht keine, allerdings macht es Sinn, sich zu beteiligen: Die Besetzung der Salariatskammer ist auch ausschlaggebend für die einer ganzen Reihe anderer Gremien, die wiederum die Funktion von u.a. Kranken-, Pflege-, Rentenkasse überwachen und mitdefinieren.
Die Machtverhältnisse in der Arbeitnehmerkammer haben daneben einen hohen symbolischen Charakter; wer hier die Mehrheit hat, wird ernst genommen, vom Patronat und von der Regierung. Immerhin repräsentiert die Kammer all jene, ohne die nichts, überhaupt nichts funktionieren würde.
Seit es die CSL („Chambre des salariés“) gibt, also seit der Einführung des Einheitstatuts 2009, hat der OGBL hier die absolute Mehrheit. Dass sich dies nach dem 12. März ändert, ist eher unwahrscheinlich; die größte Gewerkschaft des Privatsektors hat bei der letzten Wahl 38 von 60 Mandaten errungen, ein komfortabler Vorsprung. Für einen erneuten Erfolg der führenden Gewerkschaft spricht u.a. der erfolgreich durchgeführte Streik im Pflegesektor, zahlreiche positive kollektivvertragliche Abschlüsse – zuletzt jener im Bausektor –, aber auch ein breites Angebot an Dienstleistungen für die Mitglieder; all dies lässt keine Schwächung erwarten. Die zwei Sitze, die von dem befreundeten FNCTTFEL-Landesverband gehalten werden, dürfen als zusätzliches Polster für den OGBL gesehen werden; immerhin laufen intensive Gespräche in Richtung Fusion der beiden Interessenvertretungen des Salariats.
Eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die ausgebaut würde, wird zwar nicht zum Wunschziel des „Onofhängege Gewerkschaftsbond“, einer starken Einheitsgewerkschaft, führen, die den Arbeitgebern die ganze organisierte Macht der dann geeinigten Arbeitnehmer entgegenstellen könnte und so mehr erreichen könnte als eine zersplitterte Gegenkraft zur UEL, dafür zeigt der LCGB zurzeit kein Interesse (was übrigens nicht immer so war).
Ein starkes Signal wäre es aber und sicher nützlich für die weitere emanzipatorische Entwicklung im Land.
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