/ Du pain sur la planche
Im Gegensatz zur geopolitischen Lage stehen die hiesigen Kulturprämissen fürs neue Jahr 2019 eigentlich gar nicht so schlecht. Nachdem sich die Kulturszene jahrelang über ein Tandem ärgerte, das seine Kulturlücken und sein Desinteresse so schlecht verbergen konnte, dass kurz vor der neuen Regierungsbildung etliche Kulturschaffende forderten, man möge doch die DP von der Kulturlast befreien, sitzt nun nicht nur eine Politikerin an der Spitze des Kulturministeriums, die die Kultur eine „Herzensangelegenheit“ nennt, sondern es gibt mit Jo Kox endlich wieder einen „Premier conseiller“ im Kulturministerium.
Dass Jo Kox „l’homme de la situation“ ist, wird wohl niemand abstreiten: Er hat den Kulturentwicklungsplan aufgestellt, verwaltet den Focuna („Fonds culturel national Luxembourg“), die meisten Kulturschaffenden redet er mit Vornamen an und seine Leidenschaft für Kultur lässt sich empirisch nachweisen.
Wie schnell aber die nötige Restrukturierung des Kulturministeriums – eine der Hauptvoraussetzungen für die Umsetzung des Entwicklungsplans – voranschreiten wird und inwiefern der doch sehr vage formulierte Koalitionspakt ein Hindernis sein kann, bleibt abzuwarten.
Denn das Wahlprogramm von „déi gréng“ war in Kultursachen deutlich klarer und bestimmter formuliert – und traf den Entwicklungsplan an Punkten wie beispielsweise dem im KEP entwickelten Szenario, das filmische Budget im Kulturbudget aufzunehmen – ein Wunsch, der allerdings wiederum nicht umgesetzt wird, obwohl es an sich kein handfestes Argument dafür gibt, wieso der Film nicht zur Kultur gehören sollte.
Auch in Sachen Esch scheint Ruhe ins Dossier zu kommen. Nancy Braun und Christian Mosar bilden das andere Duo, das an die Stelle eines auf unschöne Art verjagten Tandems tritt. Sie haben mittlerweile sogar ein Büro. Nur ist dieses zeitweilig nicht in Esch, sondern in Differdingen. Der 1535° Creative Hub bietet die notwendigen Räumlichkeiten und das Umfeld dort ist bereichernd, weswegen die Wahl durchaus sinnvoll scheint. Problematisch ist jedoch eventuell die Symbolik, die dieser Entscheidung anhaftet. Denn wirken tut es doch in etwa so, als wolle man sich von der rezenten Geschichtsschreibung dissoziieren, erst mal in einem neutraleren Umfeld planen, bevor man Esch ins Visier nimmt.
Aber wie es Kazuo Ishiguro in seinem Roman „The Buried Giant“ treffend beschrieb (und wie es auch jeder Hobby-Psychoanalytiker seit Freud weiß), kann man die vergangenen Traumata nicht einfach wegwischen. Esch 2022 riskiert immer noch, bei allen vergangenen Geschehnissen, wie vor kurzem ums Mudam, zur symbolischen Verdichtung politischer und sozialer Fehlentscheidungen zu werden.
Der Pavillon, der momentan auf der place de la Résistance wieder leer steht, nachdem er jeweils nur monatsweise von Baristas besetzt und anschließend mit dem Esch-2022-Logo versehen wurde, könnte zur bedeutungsschwangeren Metapher des Projektes werden.
Die Schriftzüge, die an das Kulturjahr referieren, wirken wie verwahrloste Schriftzeichen aus einer Geisterstadt, verlassene Requisiten nach der letzten Aufführung eines Theaterstückes. Ein postapokalyptisches Postskriptum einer Soap-Opera, bei der das intime Polit-Theater verheerende Auswirkungen auf die sozialwirtschaftliche Wirklichkeit hatte.
Es gilt, diese Eindrücke nun beiseite zu fegen, dem Projekt wieder Leben einzuhauchen, vom Bid Book zu retten, was noch in der kurzen verfügbaren Zeit umzusetzen ist, und mit dem kommenden Projektaufruf frischen Wind in der Kulturhauptstadt wehen zu lassen.
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